Allrad-Impressionen aus Andalusien


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Was erwartete uns wohl nach knapp dreitausend Kilometern Anreise auf Beton und Asphalt? Wein, Tapas, Sand ohne Ende und steile Geröllpassagen? In etwa, ja. Nur die Reihenfolge ergab sich vor Ort ganz anders.

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Andalusien: Der südlichste Landesteil Spaniens, auf Sichtweite zu den Moscheen von Tanger in Marokko. Die Landesgeschichte ist farben- und facettenreich. Sprache, Architektur und Lebensstil wurden von vielen Völkern mit bestimmt, die im Laufe der Jahrtausende hier einen mehr oder minder langen Zwischenstopp einlegten. Die Mauren aus Nordafrika verewigten sich hier vor allem im Baustil.

Endlich runter vom Asphalt! Kurz hinter Medina Sidonia, der weißen Stadt, setzten wir den Blinker links und querten in einen Versorgungspfad zwischen Olivenbäumen und Korkeichen, der uns bis nahe ans Atlantik-Gestade bringen sollte. Kapitale Verwerfungen und Gräben in Lehm und Sand erforderten zentimetergenaues Zielen, sogar mit Sekundanten zum zielgenauen Einweisen.
Wir schreiben den Monat April, das Quecksilber hat sich bei etwa 30 Grad Celsius eingenistet. Vier satte Stunden sind wir unterwegs, müssten längst am Gestade sein – und finden uns genau beim Einstieg wieder, den wir vor vier Stunden verlassen hatten. Wir kurvten vier Stunden im Kreis, ohne es bemerkt zu haben. Ausschließlich Heavy-Metal-Allradler waren dabei, Geräte also, die über ordentlich Bodenfreiheit, griffige Gummis und Geländereduktion verfügten. Und das war auch gut so, denn alles Sonstige – die sogenannten SUVs – kann man hier völlig vergessen. Wir fuhren ein in die gewaltigen Ländereien der Adelsfamilie Domecq-Domecq, die nicht nur ob ihres feinen Sherrys weltberühmt ist, sondern der ganz offensichtlich halb Andalusien gehört: Weinberge, Felder, Stier- und Pferdezuchtanlagen, gigantische Steinbrüche und große Industrieunternehmen. Bei Los Alborejos bogen wir ab in die Torrestrella-Savanne, die von einem 250 Meter hohen Hügel gekrönt wird. Hüfthoch Gras, Krüppelkiefern und dorniges Gesträuch. Wie es am Boden aussah, konnten wir nicht erkennen. «Fahrt ganz langsam» gab uns der Verwalter mit auf dem Weg. Nur unser Wrangler-TJ-Treiber wollte als Erster oben sein. Genau 400 Meter lang ging das gut, bis er eine Art geschraubten Kopfstand vollführte, wieder zurückkippte – und alles schlagartig. Ein unsichtbarer Wackermann von Schreibtischgröße hatte den Allradler vorne ausgehebelt, den Stabi verbogen und aus seiner Verankerung gerissen. Das Teil musste ausgebaut werden, war unreparierbar und der TJ musste fortan und bis nach Hause ohne vorderen Querstabi auskommen, was den Fahrstil doch entscheidend mitprägte.

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Oben auf dem Peak: ein traumhafter Blick bis zum Meer, das uns in etwa 30 Kilometern Distanz begrüßte.

Kurs West fädelten wir uns dann in einen der Domecq’schen Steinbrüche ein, der uns mit einigen fahrerischen Sonderaufgaben erst erfreute, dann quälte. Langsam näherten wir uns der Küste östlich von Cadiz. Auf dem Weg nach Vejer de la Frontera versuchten breite und tiefe Erdspalten, uns aufzuhalten. Immerhin gab es zwei Möglichkeiten: entweder die Erdöffnungen in Millimeterarbeit diagonal überqueren – oder kilometerlange Umwege nehmen. Wer hier sein Fahrgerät heil durchbrachte, durfte als Meister der Disziplin gelten.

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Aber wir wollten weiter, den Leuchtturm von Trafalgar besuchen, wo ehedem Admiral Nelson aus England die spanisch-französische Armada aufgerieben hatte. Abgrundtiefer Sand empfing uns noch oben am Küstensaum, oberhalb des Wassers. So pflügten wir mehr oder weniger erfolgreich durch die Brandschutzschneisen bergauf und bergab. Schon beim zweiten leichten Anstieg warf unser stärkster Allradler meterhohe Sandfontänen gen Himmel und steckte bis aufs Bodenblech fest, alle Viere in der Luft drehend: Sandbergung weist tückische Anforderungen auf, da eine Bergung mittels Stahlseil unweigerlich zum alsbaldigen Reißen der Metallstrippe führt. Da helfen nur das japanische «Hashiken»-Wunderseil sowie optimale Fahr- und Bergetechnik. So geschehen, alsdann!

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Wir sind am Ziel: Trafalgar, der Leuchtturm, historische Gedenkstätte; mit Respekt und Andacht versuchten wir, uns eine der fürchterlichsten Seeschlachten vorzustellen. Es überrascht nicht, dass wir an diesem Abend die eingangs erwähnten Tapas genossen – und dazu Rioja, den wundervollen, schweren Rotwein. Ziel erreicht, nach knapp zwei Wochen! Die Rückfahrt – knapp dreitausend zu bewältigende Kilometer – lag noch in weiter Ferne.

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