Der IFA P70


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Vor mehr als 60 Jahren erblickte mit dem Modell P70 die erste Nachkriegsneukonstruktion aus Sachsen das Licht der Welt. Seine Kunststoffkarosserie aus Duroplastmaterial sorgte in Zeiten des Kalten Krieges für internationales Aufsehen.

 

ifa-p70Insider von damals berichteten, dass das Modell als sogenannte Schwarzkonstruktion im Geheimen entstehen musste. Vorgesehen als Zwischenlösung bis zur Serienreife des P50, waren die Erkenntnisse lebensnotwendig für die spätere Trabant-Karosseriefertigung. Die Bänder zur Serienproduktion des IFA P70 liefen von 1955 bis 1959. Um die 30.000 Limousinen, knapp 7.000 Kombis und Coupés wurden an Kunden ausgeliefert; zahlreiche Fahrzeuge davon waren für den Export bestimmt.

Die Entwicklung und vor allem die Produktion von Kunststoffkarosserien in der Ex-DDR war aus volkswirtschaftlichen Gründen zwingend notwendig.

Karosserieblech stand fast immer auf der „Roten Liste“.

Es war immer schwer zu bekommen und musste für kaum zur Verfügung stehende Devisen importiert werden. Der Kunststoff Duroplast hatte mit 50 Prozent Abfallfasern aus Baumwolle einen hohen Recyclinganteil. Vorteilhaft waren seine niedrigen Materialkosten. Dagegen stand das wesentlich höhere Arbeitszeitaufkommen für die Herstellung und Montage im Vergleich zur fast vollautomatischen Fertigung von Karosserien aus Stahlblech.

Der IFA P70 avancierte als Zwischenlösung. Die Zwickauer Techniker setzten auf den DKW F8 auf und versahen ihn mit Kunststoff, mit Duroplast, also Kunststoffe, die nach ihrer Aushärtung nicht mehr verformt werden können. Der IFA P70 leistete 22 PS. Der Tacho des Fahrzeugs zeigte zwar bis 120 km/h an: Wer mit ihm auf 95 km/h kam, war schon gut. Durstig war er auch: 7 bis 9 Liter pro 100 km waren keine Seltenheit.

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Die P70-Modelle mit den Duroplast-Karosserien wurden als Limousine, Coupé und Kombis gebaut. Heute sind sie auf den Straßen nur noch selten zu sehen. Auch auf Oldtimer-Events müssen Fans lange nach diesen Fahrzeugen suchen.

Das Plastverfahren war auch in den Anfangsjahren der später folgenden Trabantproduktion sehr gut. In den 1970er und 1980er Jahren kamen neue Werkstoffe mit kurzen Zykluszeiten und hoher Wärmeformbeständigkeit dazu. Damit war es für Karosserieaußenbauteile überholt. Für den Nachfolger des Trabant war nach 1968 eine Stahlblechkarosserie vorgesehen. Auch deshalb wurde die Fertigungskapazität für die Duroplastteile nicht erweitert. Wegen der geplanten Stückzahlerhöhung beim Trabant 1.1 wurde die Motorhaube und die Attrappe nicht mehr aus Kunststoff gefertigt. Nach Ansicht der Autoren der Publikation „Entwicklung und Herstellung der Kunststoffkarosserie“, Werner Reichelt und Heino Neuber, sei der Trabant mit seiner Kunststoffkarosserie zur richtigen Zeit das richtige Auto gewesen.

Insgesamt wurden knapp 3,1 Millionen Automobile mit Kunststoffkarosserie von 1955 bis 1991 im VEB Automobilwerk Audi, später VEB Automobilwerk AWZ Zwickau und ab 1958 nach der Zusammenlegung mit dem früheren VEB Kraftfahrzeugwerk Horch im VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau hergestellt. Die Karosserien des P70 lieferte das VEB Karosseriewerk Dresden mit Betriebsteil Radeberg und die des Trabant Kombi und Kübel/Tramp das VEB Karosseriewerk Meerane. Am 30. April 1991 lief der letzte Trabant vom Band, ein pinkfarbener
Trabant 1.1 Universal.

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