„Elektrosport ist die Zukunft“


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1967 versetzte Friedel Münch mit seiner Mammut die motorisierte Zweiradwelt in Aufruhr: Ausgestattet mit einem NSU-Motor leistete die aus Hessen stammende Innovation gut 100 PS. Nach etlichen Jahren Ruhe kehrte das Mammut zurück und weitere Jahre später startet die Münch Racing GmbH in der Liga der Elektro-Motorräder.

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So geht Münch heute: Rein elektrische Rennmotorräder setzt das Team in der eigens dafür geschaffenen Welt- und Europameisterschaft ein. Zahlreiche Titel konnte das Team aus Würzburg unter der Leitung von Thomas Petsch gewinnen. Katja Poensgen, ehemalige Teilnehmerin der Motorradweltmeisterschaft ist wohl der berühmteste Bestandteil des innovativen Rennteams.

Mit leuchtenden Augen erzählt Thomas Petsch (53), Unternehmer aus Würzburg, seine Mammut-Geschichte: die Erfüllung eines lang gehegten Traumes vom stärksten, schnellsten und teuersten Serienmotorrad der Welt. Davon, wie er 1997 die Namensrechte vom hessischen Motorradkonstrukteur Friedel Münch erwarb, ein Motorrad um einen vorhandenen Cosworth-Zylinderkopf baute – die Mammut 2000. In reiner Handarbeit gefertigt, beherbergte sie über 1.000 selbst gefertigte Teile. Am Ende stand ein Motorrad, dessen Fertigung drei Jahre in Anspruch nahm, mit 2-Litern Hubraum und 260 aufgeladenen Pferdestärken glänzte. Trotz des Serienpreises von knapp unter 90.000 Euro fanden sich schlagartig 70 potentielle Kunden aus aller Welt. Gerhard Berger, Gunter Sachs, Juan-Pablo Montoya gehörten zum Interessentenkreis, erhielten jedoch nie eine Mammut 2000. Nur eine Handvoll Maschinen gelangte am Ende in Käufershand. Das Projekt wurde eingestellt, der Kindheitstraum war gelebt – aber nicht gestorben. Auch wenn es aus wirtschaftlicher Sicht eine Niederlage war – der Rückblick erfolgt stets mit Stolz in den Augen.

Leise Rennen

Thomas Petsch, Vater von drei Kindern, ist ein umweltbewusster Technik-Freak der weiß, dass fossile Brennstoffe endlich sind und schon bald andere Energiequellen zur Fortbewegung benötigt werden. 2010 gründete er die Münch Racing GmbH, ein Rennteam, das auf rein elektrisch angetriebene Motorräder setzt und in eigenen Rennserien an den Start geht. „Elektrosport ist die Zukunft. Nur in Deutschland wird er müde belächelt. Ein Rennfahrzeug muss nicht laut sein, scheppern und qualmen.“ Den Beweis liefert das Team eindrucksvoll: Vor drei Jahren spulten die lautlosen Renner die Le Mans-Runde in 2:20 Minuten ab. 2012 fiel die Rundenzeit auf 1:46 Minuten – damit lagen die E-Flitzer nur knapp hinter den 4-Taktern der Moto GP, die mit 1.000 cm³ und vielen Pferden starten. Gleichzeitig schrumpfte das E-Fahrerfeld dramatisch. „Von mehr als 30 Startern der ersten Saison blieben 2012 nur 15 Teams über. Ich denke, dass es ausschließlich an den gestiegenen Ansprüchen lag.“ Die schnelle, technische Entwicklung und die rapide fallenden Rundenzeiten ließen Amateur- oder Hobbyfahrer nicht mehr zu. Auf den Rennmotorrädern saßen immer häufiger Profis. Auch bei Münch: Matthias Himmelmann (43) fährt seit frühester Jugend Motorrad, hat sich in zahlreichen Serien seine Sporen verdient und drehte auch in der IDM seine Runden. Das zweite Rennmotorrad ist mit Katja Poensgen (40) besetzt. Der Blondschopf glänzt mit internationaler Erfahrung und fuhr zwei Jahre in der Motorrad-WM. „Beide“, so Teamchef Petsch, „sind Profis und haben an der Entwicklung unserer Maschinen maßgeblich mitgewirkt. Wir brauchen keine jugendlichen 45-Kilo-Jockeys, sondern erfahrene Piloten, die verwertbare Aussagen zu Fahrdynamik und Technik liefern.“ Der Erfolg gibt ihm Recht: Fahrer-, Team- und Konstrukteursweltmeister (2010/2011) und Europameister (2011) gingen an das Münch-Team. Dass Katja Poensgen 2012 Vize-Weltmeisterin wurde, rundet das Erfolgsbild von Münch ab.

Null-Emission findet kaum Beachtung

Große Hersteller finden sich nicht in der Rennserie. Münch-Chef Petsch: „Honda ist mit seiner Entwicklung am weitesten. Allerdings vermute ich, dass Werke erst dann einsteigen, wenn sie sicher sein können, nicht von einem kleinen Team aus Würzburg ‚gebügelt‘ zu werden.“ Erstaunlicher ist für den Teamchef die ablehnende Haltung von Industrie und Politik gegenüber dem ökologisch sinnvollen Sport. „Leider haben wir unseren langjährigen Partner verloren. Unternehmen, die sich grün nennen, mit Ökologie werben, stellen sich bei der Förderung des sauberen Rennsports stur. Selbst grüne Politiker, die sich gerne mit unseren Motorrädern fotografieren lassen, sind beim Thema Sponsoring taub. Alle getroffenen Zusagen waren wertlose Lippenbekenntnisse.“

Petschs saubere Idee reicht über die Curbs der Rennstrecke. Er hat dem ersten grünen Landesvater der Republik vorgeschlagen, elektrische Polizeimotorräder für Innenstädte in den Dienst zu stellen. Der Vorschlag hatte die Schreibtische verschiedener Entscheider zu passieren und wurde abgelehnt. Ohne triftigen Grund. Dabei sind die Motorräder alltagstauglich und schaffen spielerisch, 200 Kilometer am Stück zu fahren. Seinen nächsten Traum hat Petsch noch nicht aus den Augen verloren: Der Bau elektrischer Serienmotorräder, die dem Alltag gewappnet sind. Allein will er diesen Schritt aber nicht mehr wagen.

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