Elsbett: Ein geniales Motoren-Prinzip


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Ludwig Elsbett (1913-2003) war ein Sohn der Rhön. Im Dorf Salz geboren, wuchs er im landwirtschaftlichen Umfeld auf. Als gelernter Landmaschinenschlosser studierte er anschließend Maschinen- und Flugzeugbau. Bereits mit 24 Jahren wurde er Abteilungsleiter bei den Junkers-Flugzeugwerken in Dessau. Da waren hohe technische Kenntnisse, Kreativität und Fleiß verlangt, als er den Auftrag erhielt, Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Der zweite Weltkrieg führte ihn nach Salzgitter, wo er sich mit einem Team mit der Produktion von Zweitakt-Dieselmotoren selbstständig machte. Sein umtriebiges Leben brachte ihn zu MAN nach Nürnberg, um dort Nutzfahrzeugmotoren zu entwickeln: Ein spürbarer Verkaufszuwachs folgte. Elsbett kreierte dann 1973 den weltweit ersten Pkw-Dieseltriebling mit Direkteinspritzung: Sein Name wird mit dem Kürzel "TDI" (Turbo Diesel Direct Injection) als Erfinder ewig verbunden bleiben.

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Sein Credo war, Dieselmotoren zu entwickeln und zu bauen, die weder einen Wassermantel noch Kühlrippen benötigten.

Motoreningenieure und Autoindustrie hielten diese Lösung bis dahin für technisch nicht machbar.

Ein 3-Zylinder mit der Leistung eines 6-Zylindermotors war geboren, mit Pflanzenöl betrieben (nahezu alle herstellbaren Pflanzenöle konnten genutzt werden). Nur 1,45 Liter Hubraum genügten, um drehmomentstarke 90 PS zu generieren mit nur knapp über 3 Litern Verbrauch. 1991 stand dann der Produktionsanlauf an, sodass sogar Ferdinand Piech von VW zu Elsbett reiste.
Die exorbitant hohen Kosten der Vorausentwicklungen waren entstanden, weil eine Serienproduktion anfangs nicht im Raume stand und die verkauften Fahrzeuge einzeln umgebaut werden mussten. Die folgende Insolvenz hatte den größten Teil seines Lebenswerks zunichte gemacht. Bereits davor aber arbeitete Elsbett an einem 1-Zylinder-Diesel bis hin zu einem 14-Zylinder-„Taumelscheibenmotor“ für ein Privatflugzeug des deutschen Computerpioniers Nixdorf, dessen vorzeitiger Tod (1986) dann das Projekt kurz vor dem Entwicklungsende stoppte. Der kleine 3-Zylinder mit seinen 90 PS wurde in einen Mercedes 190 eingebaut, wird noch heute gefahren und hat nie Schwächen gezeigt. Verbrauchswerte, die aktuell noch nicht für Serienfahrzeuge dieser Leistungsklasse erreicht werden, lassen aufhorchen. Das „Prinzip Elsbett“ war also weltweit bekannt geworden.

Als zudem ein Mercedes mit dem 1,45-Liter-Triebwerk eine unter anderem vom ADAC ins Leben gerufene Verbrauchs-Messfahrt (3,96 Liter/100 km) unter vielen namhaften Konkurrenten mit Abstand gewann, unterließ es der Autofahrerclub, das erstaunliche Ergebnis in seiner Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen … Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

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Was macht nun den großen Unterschied des Elsbett-Motors zu konventionellen Triebwerken aus?

Stichwort »Duothermische Verbrennung«. Die angesaugte Frischluft wird mit einem Drall mit hoher Geschwindigkeit kreisend in den Zylinder geleitet. Mit dem – für Diesel typischen – hohen Druck entzündet sich der Kraftstoff. Es entstehen große Mengen heißer Verbrennungsgase, während die unverbrannte, überschüssige Luft übrig bleibt. Heiße, aufsteigende Gase zum einen, kühle, somit sinkende Gase zum anderen im Brennraum. Letztere werden nun mit dem Drall und der Fliehkraft nach außen gepresst und isolieren damit Kolben und Zylinder von den heißen Verbrennungsgasen. Luft ist bekanntlich der beste Isolator. So wird der Motor nahezu ausschließlich nur durch Strahlungswärme und Reibung erhitzt.

Dieses System führt außerdem zu einer starken Verringerung des NOx-Gases (Stickstoffverbindungen), das heute als gefährliches, Atem schädigendes Umweltgift eingestuft und verrufen ist.

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Als sich dann einer der »Autopäpste«, Gianni Agnelli von FIAT, bei ihm in Salz anmeldete, entzog sich Elsbett und ließ seine Mitarbeiter die Gespräche führen. Bilanz: Agnelli reiste verärgert ab. Es schlossen sich unerfreuliche Aktionen von außerhalb an: Mehrere Auto- und Teilehersteller (z. B. Kolben-Mahle) versuchten, die Patente des Elsbett-Motors für Millionenbeträge zu kaufen, um den Motor NICHT auf den Markt zu bringen, denn die Motorenhersteller arbeiteten im Bereich Block, Zylinder und Kolben mit Aluminium als Basis. Elsbett präferierte aber eindeutig Stahl, denn dieses Material ließ sich besser verarbeiten, war weniger spröde, thermisch kaum anfällig und dank geringerer Abmessungen auch nicht schwerer als Leichtmetall. Bosch hatte sich zudem geweigert, Einspritzdüsen und -Pumpen zu liefern, wohl um Großserienaufträge diverser Autohersteller nicht zu verlieren.

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Gegenkolben-Motor

Die Lobby der Autoindustrie – entweder war noch nicht reif für das Elsbett-Prinzip oder sie bangte um ihre hohen Gewinne. Andererseits hatte Ludwig Elsbett ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Geldmitteln: Sie interessierten ihn kaum und wurden so ebenfalls zu einem der Faktoren, die zum Ende der nahezu genialen Lösungen führten. Elsbett starb inmitten weiterer Ideen-Pflege, zu der auch die Weiterentwicklung des „Gegenkolben-Motors” gehörte, einem leistungsstarken und laufruhigen Einzylinder, der zwei Kolben in sich vereinte. Eine durchaus hochmoderne Technik-Philosophie. Das Schicksal eines Propheten zu Lebzeiten eben … In Salz steht das Geburtshaus und daneben eine kleine Halle, in der die verbliebenen Konstruktionen zu sehen sind. Kein Museum im landläufigen Sinne, eher an eine liebevoll eingerichtete Werkstatt erinnernd.

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1,45-Liter-Dreizylindermotor

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4 Kommentare

  1. Toll diese Erfindung und höchst bewundernswert die aufrichtige Haltung des Erfinders.
    Ihm erging es wie vielen genialen Erfindungen, schade. Leider regiert in unserem Land Geld und…..,
    ein klarer Verstand ist nicht gefragt, bzw. wird systematisch kaputt gemacht.

  2. Wie hab ich Mal übern Herrn Elsbett gelesen, genialer Techniker aber ein schlechter Kaufmann. Hier in Hilpoltstein wo Elsbett 30 Jahre seine Motoren Entwickelt hat wurden letztens alle Gebäude abgerissen. Ich habe vorher noch ein paar Aufnahmen gemacht, einfach auf YouTube nach dl1nfi und Elsbett suchen.

  3. Hallo,
    Ich fahre jetzt genau 30 Jahre mit meinen Elsbett Fahrzeugen. Sie haben insgesamt mehr als 1,5 Millionen km auf dem Buckel und fahren immer noch täglich. Das System funktioniert und ich möchte auch in Zukunft nichts anderes fahren. Schade, dass diese geniale Erfindung nicht von der Industrie genutzt wurde/wird.
    Fahre Passat und Vento von VW mit Elsbett.