Ems: Ein Schiff der Extraklasse


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Seit Tagen herrscht auf einem Parkplatz bei Papenburg Belagerungszustand. Hunderte Wohnmobile, dazwischen noch viele Pkw. Ein Bild, das sich entlang der Ems auf den rund 40 Kilometern bis Emden in vielen Orten wiederholt. Alle wollen nur das eine: Die »Ovation of the Seas« sehen und ihre Überführung auf der Ems in Richtung Nordsee.

Foto: Gregor Mausolf

Eigentlich ist das jüngste Kreuzfahrtschiff der Meyerwerft viel zu groß für den kleinen Fluss, der vor gerade einmal 310 Kilometern am Teutoburger Wald seinen Anfang nahm. Doch irgendwie geht’s mit allerlei Tricks, und genau deshalb wollen so viele das Spektakel sehen, das ihnen die Meyerwerft zweimal im Jahr kostenlos bieten kann. Denn das 1795 gegründete Traditionsunternehmen hält am Standort Papenburg fest, obwohl es aus heutiger Sicht viel sinnvoller wäre, die Riesen-Pötte direkt am Meer zu bauen. Ein Segen für die strukturschwache Region.

Ganze 32,2 Kilometer liegen zwischen der Dockschleuse in Papenburg und dem Emssperrwerk Gandersum, wobei die Dockschleuse gleich das erste Nadelöhr darstellt. Zwölfeinhalb Stunden hat die Meyerwerft für die Fahrt veranschlagt – ein Schnitt von 2,6 km/h, da ist jeder Fußgänger schneller. Entsprechend dauert es ewig, bis die »Ovation of the Seas« majestätisch an einem vorbeizieht.

Kann das wirklich klappen, so ein Riese auf so einem schmalen Wasserband? Von der Wasseroberfläche darf man sich nicht täuschen lassen. Die Ems ist durch das Sperrwerk von der See abgeriegelt, das Wasser wird aufgestaut. Im Prinzip wie Hochwasser mit überfluteten Auen. Daher ist der Staufall nur in der Zeit vom 16. September bis 14. März erlaubt, damit brütenden Vögel nicht das Gelege geflutet wird. Die Fahrrinne ist also viel schmaler. Sie wird regelmäßig ausgebaggert, denn 8,50 Meter Tiefgang sind schon eine Hausnummer.

Foto: Gregor Mausolf

Damit immer mehr als eine Handbreit Wasser unter dem Kiel ist, legen alle Meyer-Kreuzfahrtschiffe den Weg zur Nordsee im Rückwärtsgang zurück. Dadurch soll der Gigant zum einen leichter zu manövrieren sein, zum anderen drücken die zwei Azipod-Propeller so zusätzliches Wasser unter den Rumpf. Auch seitlich wird’s an vier Stellen eng. Neben der Dockschleuse und dem Emssperrwerk blicken die Schaulustigen am Deich fasziniert auf die Durchfahrt durch die Friesenbrücke in Weener und die Jann-Berghaus-Brücke in Leer. Weniger als einen Meter Platz gibt es hier zu den Pfeiler. Das Überführungsteam trainierte dieses „rückwärts einparken“ eigens am Simulator, zudem helfen zwei kraftvolle Schleppkähne.

Bei aller Begeisterung für die Technik packt einen das Fernweh. Die »Ovation of the Seas« lässt keine Wünsche offen, auch die nicht, die man eigentlich auf einem Schiff gar nicht hat. So gibt es zum Beispiel einen Autoscooter an Bord und einen Fallschirmsimulator. Mit der Gondel „Polarstern“ können sich die Gäste aus bis zu 90 Metern Höhe ihr Schiff von oben ansehen.

Ob man in diesem Moment auf dem weiten Meer wohl daran denkt, dass sich der Riese einst in zwölfeinhalb Stunden durch die eigentlich viel zu kleine Ems gequält hat?

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