Herrn Schneiders einsamer Kampf gegen Frau Holle


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Eigentlich fallen sie uns erst dann auf, wenn wir sie nicht bemerken. Und dann auch nur negativ. Obwohl sie nun wirklich nichts dafür können, denn wenn die „rettenden Engel“ am Schneepflug ihren Dienst verrichten, dann ist nichts mehr normal auf unseren Straßen. Für KÜSmagazin nahmen wir in der Nähe der höchsten Erhebung des Landes Rheinland-Pfalz, des Erbeskopfes (818 Meter), Platz auf dem „heißen Sitz“ eines Räumfahrzeuges. Ein repräsentativer Wert also aus einem Mittelgebirgszug für die gesamte Republik.

34_X_Winter-Reportage 2012 08

Lange vor den ersten heftigen Schneefällen wappnen sich die Straßenmeistereien. Die Lager sind voll mit Salz, ohne das bei Minusgraden und plötzlichem Schneefall nichts mehr geht auf unseren Straßen. Eines darf diese Jahreszeit mit allen ihren unliebsamen Auswirkungen auch für die Männer auf den schweren Räumfahrzeugen nicht sein: ein Schrecken, dem sie letztendlich das Feld – in diesem Falle die Straße – überlassen dürfen.

Timo Schneider, der Mann auf dem schweren Räumfahrzeug, hat es gleich mit zwei weiblichen Gegenspielerinnen aufzunehmen an diesem frühen Morgen. Tief „Iris“ und „Frau Holle“ bestimmen das Geschehen an diesem Tag auf dem Hochwald. Als wir auf dem Bauhof der Straßenmeisterei zu Timo „auf den Bock“ steigen, hat gerade wieder starker Schneefall eingesetzt. Etwa 5–6 Tonnen reines Salz, dazu noch einmal geschätzte 2.200 Liter Feuchtsalz hat Timo geladen. Einmal unterwegs, sehen wir das Display eines Monitors im Führerhaus, der uns einen Blick auf den rotierenden Teller am Heck des Fahrzeugs erlaubt.

Timos 314 PS starker MAN ist zwar noch nicht – wie mittlerweile einige Fahrzeuge im Bundesgebiet – mit GPS ausgerüstet, ein halbes High-Tech-Gerät ist der „Straßendampfer“ mit dem mächtig mahlenden Diesel-Triebwerk unter der Haube indes schon. Drei bis fünf Stunden, je nach Witterung und Straßenbeschaffenheit, kann der 37-Jährige mit dieser Ladung dem Winter auf den Pelz rücken. Kann die Streumenge, das Streubild, beeinflussen. Erfahrung, Fingerspitzengefühl, vor allem aber „Routine, Ruhe und Gelassenheit“, wie er selbst sagt, braucht man für die Arbeit am Lenkrad eines Räumfahrzeugs. Vor uns poltert monoton der Schneepflug. Timos Augen sind überall. Vor dem Auto, in den beiden mächtigen Seitenspiegeln und auf dem Display der Rückfahrkamera: „Da kann ich mit den Seitenspiegeln nicht hinsehen, die Kamera ist wichtig für mich und meine Kollegen.“

Direkt hinter ihm tauchen mitunter ein paar Unverbesserliche auf, für die der Schneepflug mehr Hindernis als Helfer ist. „Es gibt schon waghalsige Überholmanöver. Manchmal versuchen sogar einige, rechts vorbei zu fahren, wenn ich auf einer doppelspurigen Straße räume. Man muss mit Allem rechnen.“

Als Timo heute Morgen anfing, war es noch dunkel. Heute Abend, wenn er wieder nach Hause kommt, wird es wieder dunkel sein. Neben ihm in einer schweren, schwarzen Tasche die Tagesration: Eine Thermoskanne Kaffee, Brot, Obst. Was man halt so braucht an einem langen Tag unterwegs. Timo ist Einzelkämpfer am Pflug. Dennoch: Monoton ist es nicht. An einer glatten Steigung ist ein Aufleger ins Schlingern und Rutschen gekommen. Von oben kriecht uns bei starkem Schneefall eine lange Kolonne von Fahrzeugen entgegen. Vorneweg ein Linienbus. Langsam schieben wir uns polternd nach oben, an dem schlingernden Aufleger vorbei. Der Bus wartet, bis wir vorbei sind. Die beiden Fahrer, jeder für sich ein „Kapitän der Landstraße“, grüßen sich. Verständnis untereinander.

Nein, eintönig, sei das wirklich nicht. Manchmal habe er kleine Erfolgserlebnisse, wenn er auf dem Rückweg zum Depot sehe, dass er mit seinem Schneepflug für die „große Freiheit“ auf der Straße gesorgt habe. Andere Tage, an denen es unaufhörlich schneit, enden dagegen mit einem klaren Punktsieg für Frau Holle. „Da fährt man zwei Stunden später wieder auf dem gleichen Weg zurück und sieht gar nicht, dass man kurz zuvor geräumt hat.“

Info Winterdienst

Winterdienst ist unerlässlich zur Aufrechterhaltung des öffentlichen und privaten Verkehrs. Winterdienst geht mit umfangreichem Know-how und modernster Technik einher. Dazu gehören elektronisch geregelte Dosiereinrichtungen und Feuchtsalztechnologie. Der Güterverkehr auf deutschen Straßen wird bis zum Jahr 2015 um mindestens 50 Prozent und der Personenverkehr um 25 Prozent zunehmen, sagen Verkehrsexperten. Wichtige Informationsquelle und Hilfe für den gezielten Einsatz des Winterdienstes sind Glättemeldeanlagen. Taumittel-Sprühanlagen sind geeignet, Problemstrecken zu entschärfen.

Ohne Salz geht nichts: Versuche, Schnee und Eisglätte mit alternativen, umweltverträglichen und dazu bezahlbaren Wirkstoffen beizukommen, haben sich bisher als wirkungslos erwiesen. Unter ökologischen Gesichtspunkten betrachtet, führt der Einsatz von abstumpfenden Stoffen, (etwa Splitt) zu einer deutlich schlechteren Umweltbilanz als bisher angenommen wurde.

Quelle: Verband der Kali- und Salz-industrie, www.vks-kalisalz.de

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