Istanbul – Pulsierende Metropole am Goldenen Horn


1

Als einzige Millionenstadt der Welt verbindet Istanbul zwei Kontinente miteinander und gilt somit als Schnittstelle zwischen Europa und Asien. In dem Schmelztiegel westlicher und orientalischer Kultur liegt Tradition und Moderne dicht beieinander.

Erste Abendlichter in der Dämmerung

Rötlich-golden schimmert das «Goldene Horn» in der Abendsonne. Knapp acht Kilometer schiebt sich der Wasserarm entlang der endlos erscheinenden Stadt. Dann gehen die Lichter an in der 13 bis 15 Millionen Metropole. «So genau weiß das keiner», sagt Stadtführerin Zümrüt in perfektem Deutsch. Wie so viele ist die selbstbewusste Türkin in Deutschland aufgewachsen und als junge Frau in ihre Heimatstadt am Bosporus zurückgekehrt. Der Fluss, der sich zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil der Stadt hindurch schlängelt, verbindet das Marmara- mit dem Schwarzen Meer. Wer wie Zümrüt in Asien wohnt und in Europa arbeitet, braucht viel Geduld und Zeit. Auf den beiden Brücken, die über den Bosporus führen, herrscht ständig Stau. Ein Europa-Asien-Tunnel für Schnellbahnen soll Abhilfe schaffen. Doch der befindet sich noch im Bau.

Der Hochbau hatte in der Vorbereitungsphase zum Europäischen Kulturhauptstadt- Jahr erst einmal Vorrang. Monatelang beherrschten fast mehr Kräne als Minarette die Silhouette der Stadt. Traditionelle Bauwerke wie die Hagia Sophia wurden herausgeputzt. Bei den Restaurierungsarbeiten in der einstigen Hauptkirche des Byzantinischen Reiches hatten Arbeiter hinter dickem Putz das gut erhaltene Mosaik eines Engels entdeckt. Nach biblischer Überlieferung solltedie himmlische Monumentalgestalt aus der byzantinischen Epoche (9. bis 14. Jahrhundert) die Tore zum Paradies bewachen.

Die wechselvolle Geschichte der Kirche veranschaulicht ein neues, interaktives System.Da erfährt man, dass Sultan Mehmet II. nach der Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 die Hagia Sophia in eine Moschee verwandelte.

Picknick am Bosporus

Längst war dem Herrscher die Stadt am «Goldenen Horn», die sich wie eine Insel der Christen mitten in seinem osmanischen Reich behauptete, ein Dorn im Auge.

Auf einem der sieben Hügel der Stadt wachte die Kathedrale der Heiligen Weisheit Gottes wie eine Glucke über das christliche Konstantinopel. Als Kemal Atatürk knapp 500 Jahre später die moderne Ära der Türkei und damit die Trennung von Kirche und Staat einläutete, wandelte er die Moschee kurzerhand in ein Museumum. Seit 1934 stört kein Glaubensritual mehr die Andacht des Besuchers, wenn er ehrfürchtig die christlichen Goldmosaiken und die riesigen Holzscheiben mit den Kalligraphien der heiligsten Namen des Islam unter der gewaltig hohen Kuppel bestaunt (Eintritt: 5 Euro).

Ohnehin hatte Sultan Ahmet I. eine neue Hauptmoschee bauen lassen. Mit sechs Minaretten hebt sich das sakrale Gemäuer, bekannter als «Blaue Moschee», von den anderen gut 2.000 Moscheen Istanbuls ab und ist wie der Sultanspalast Topkapi als Wahrzeichen der Stadt schon von Weitem sichtbar. Nur der Hügel am Hippodrom kam dafür in Frage, wo einst im Schatten der Hagia Sophia gefährliche Wagenrennen das Volk unterhielten.

Mehr Touristen als Gläubige versammeln sich heute in dem lichtdurchfluteten Gebetsraum der «Blauen Moschee». Durch 270 Fenster dringen Sonnenstrahlen auf die blauen Kacheln. Hatte man sich beim Anblick der grauen Sandsteinmauern noch gefragt, was an dem Gebetshaus blau sein soll, so tut sich die Antwort im mächtigen Betsaal mit seinen 21.000 blauen Fliesen gleichsam vor Augen auf.

«Fünfmal am Tag soll jeder Moslem beten», erklärt Zümrüt. Nicht zwingend in der Moschee. Nur freitags müssen alle dem Ruf des Muezzin in die Betsäle folgen. Eine gute Gelegenheit für einen Bummel durch den Ägyptischen Basar, in dem es sonst kaum ein Durchkommen gibt. Düfte von Gewürzen, Rosenwasser und Gebratenem liegen in der Luft. Ohne Gedränge kann man frische Datteln, Trockenfrüchte und die verführerischen Leckereien probieren, Lederwaren, Schmuck und Souvenirs betrachten und Preise vergleichen, ohne wie sonst üblich von den Händlern gnadenlos liebenswürdig zum Kauf animiert zu werden. Nach der Gebetsstunde laufen die Händler wieder zur Hochform auf. Cai, Cai rufen die Teeverkäufer vor der Moschee, Hefeteigkringel-Verkäufer preisen ihr Gebäck an, dazwischen quietscht die Straßenbahn, hupen die Autos. Zuflucht vor dem Lärm bietet die Yerabatan-Zisterne. Mystische Klänge zwischen den Säulen untermalen die geheimnisvolle Atmosphäre des unterirdischen Ziegelgewölbes. Angeblich hat schon mancher beim Anblick des in Stein gemeißelten Angesichts der Medusa den Verstand verloren.

_Bausteine_ für die Berliner Mauer#BAE7

Die Christen setzten dem Spuk ein Ende und stellten das Götzenbild aus der griechischen Mythologie einfach auf den Kopf.

Kontrastprogramm im Geschäftsviertel Beyoglu. In den Hochglanzfassaden spiegelt sich der zähfließende Verkehr. «Yavas, yavas», beschwichtigt der Fahrer, «immer mit der Ruhe». Er kennt den Stress der Städtetrip-Touristen, die in kurzer Zeit zu viele Sehenswürdigkeiten ins Programm packen. Für Istanbul, dem Schmelztiegel der Kulturen, seien selbst zwei Wochen zu wenig, lächelt er wissend.

Glücklicherweise beginnt am belebten Taksim-Platz die Haupteinkaufsstraße Istiklâl Caddesi. Nur die nostalgische Straßenbahn hat zwischen den mondänen Prachtbauten aus der Gründerzeit freie Fahrt. Entsprechend edel sind die Läden in deren Schaufenstern internationale Labels zu gewohnt hohen Preisen dominieren. In den Jugendstil- und Art-Deco-Cafés dazwischen treffen sich die Modebewussten. Wie fast überall in Istanbul ist auch hier keine Frau mit Kopftuch zu entdecken.

Unter einem eindrucksvollen Jugendstil-Glasdach stellt die Blumenpassage eine andere Besonderheit der Flanierstraße dar. Ganz leicht ist der unscheinbare Eingang zu übersehen. Umso erstaunlicher, wie belebt die Lokale auf beiden Seiten der Gasse sind. Kellner balancieren große Tabletts mit bunten Vorspeisen, während Musiker zur lebendigen Atmosphäre beitragen.

Wenige Schritte von der quirligen Fußgängerzone entfernt treffen wir auf das berühmte Pera Palas Hotel. Vor knapp 120 Jahren wurde die Luxusherberge für Reisende des Orient-Express gebaut. Illustre Gäste wie Greta Garbo, Mata Hari, Jacky Kennedy, Agatha Christie, Hochadelige und Staatsmänner machten hier Station. Die Suite Atatürks blieb unverändert. Spätestens im antiken Fahrstuhl mit seinem silbernen Rankengitter beginnt die Zeitreise.

Szenenwechsel in eine andere Welt der pulsierenden Metropole. Zümrüt hat das kleine Schwarze und ziemlich hohe Schuhe angezogen. Es geht in den angesagten «Reina»-Club. Die Schönen und Reichen fahren vor dem Restaurant vor, das sich samt Bar und Nachtclub terrassenartig bis hinunter zum Ufer des Bosporus ausbreitet. NohutIu Iskembe (Kichererbsen mit Kutteln) oder Tursu (eingelegtes Gemüse) gibt es als Vorspeise. Neben türkischen werden auch mediterrane und fernöstliche Spezialitäten angeboten. Aus den Lautsprecherboxen klingt derweil Lounge-Musik. Später füllt sich die Open-Air-Tanzfläche.

Am Nebentisch hat der Berliner Bürgermeister Platz genommen. Doch nicht als Partylöwe ist Wowereit in die Partnerstadt Berlins gekommen. Gemeinsam mit seinem Istanbuler Kollegen hat das rührige Hauptstadt-Oberhaupt die nunmehr 20-jährige Partnerschaft mit einem eigenen Projekt hervorgehoben, das gleichzeitig an 20 Jahre Mauerfall in Berlin erinnert: Im Museum für Moderne Kunst, in einem ehemaligen Industriegebäude am Hafen 2004 eröffnet, ist die von jungen Künstlern aus Steropor nachgebildete Berliner Mauer während des Kulturhauptstadt-Jahres zu sehen – als Mahnmal gegen die Trennung der Völker gewissermaßen.

Bosporus

Informationen

Generalkonsulat der Republik Türkei

60329 Frankfurt/Main
Tel.: 069-233081-82
www.reiseland-tuerkei-info.de

Anreise

Türkisch Airlines und Lufthansa fliegen täglich von allen größeren Flughäfen Deutschlands nach Istanbul. Istanbul-Städtetrips auch buchbar über Dertour www.dertour.de oder Öger Tours www.oeger.de

Istanbul liegt eine Stunde vor der MEZ.

Währung

Türkische Lira; ein Geldwechsel vor Ort ist günstiger, allerdings nicht immer in den Hotels.

Übernachtung

In zentraler Lage am Taksim Platz mit schönem Blick über den Bosporus verkörpert das Marmara Istanbul das Zusammenspiel von Tradition und Moderne, Taksim Meydan, 34437 Istanbul,
Tel.: 0090-212-251 4696. Preise: ab 100 € pro Doppelzimmer und Nacht. www.themarmarahotels.com

Weitersagen

Klicken Sie auf den unteren Button, um die Grafiken von Add To Any zu laden.

Inhalt laden

Share

Ein Kommentar

  1. In der Türkei war ich letztes Jahr, das hat mir super gefallen. Für kommendes Jahr möchte ich gerne Tiere in der freien Wildbahn sehen, geplant ist eine Kenia Safari. Hoffentlich lässt Corona es zu!