Kreisel machen viele Ampeln überflüssig


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«Plangleicher Knotenpunkt ohne Lichtzeichenanlage» sagen Verkehrsexperten. Der normale Autofahrer spricht einfach nur vom Kreisverkehr oder Kreisel. Wobei, «der Kreisverkehr» durchaus sehr verschieden sein kann. Quer durch die Republik haben sich seit Mitte der 1980er Jahre die unterschiedlichsten Spielarten entwickelt. Angefangen vom Minikreisel, der so klein ist, dass Lkw-Fahrer ihn geradeaus überfahren müssen, bis hin zu Riesenkreisel mit etlichen Spuren wie der um die Siegessäule in Berlin.

Bypass

Ein Kreisverkehr muss nicht einmal rund sein. In Greven im Münsterland zum Beispiel, gibt es in einer Bauernschaft einen riesigen Ovalverkehr. Erst aus luftiger Höhe erschließt sich, dass dieses Bauwerk die optimale Lösung für einen Kreuzungsbereich ist, an dem es früher nur so krachte. Sechs Straßen treffen hier aufeinander: Zwei Hauptachsen in einem Winkel von etwa 50 Grad, die eine mit starkem Pendlerverkehr von und nach Münster, die andere eine Umleitungsstrecke für die vielbefahrene Autobahn A1 – und dazu noch ein Wirtschaftsweg und eine Zufahrt zu einer kleinen Siedlung. Jetzt reihen sich alle Verkehrsteilnehmer artig in das Oval ein. Die Abstände zwischen den meisten Straßen sind zudem größer als bei «normalen» Kreisverkehren, sodass Rückstaus der Vergangenheit angehören.

Kreisverkehr mit Schienenkreuzung in Stuttgart-Neugereut

Stuttgart-Neugereut: Mitten durch den Kreisverkehr führt eine zweigleisige Bahnstrecke.

«Kreisverkehre sind ideal, wenn alle Äste ungefähr die gleiche Verkehrsbelastung haben», weiß Thomas Oehler, Leiter der Autobahnniederlassung Hamm von Straßen.NRW, und jahrelang in der Landesstraßenbauverwaltung auch für westfälische Landstraßen zuständig. «Wenn dagegen schwache Straßen reinkommen, sind sie lediglich eine Verkehrsberuhigung.» Ist ein früherer Rechtsabbieger sehr stark frequentiert, so gibt es die Möglichkeit einen sogenannten Bypass zu bauen. Dann wird dieser Verkehr nicht durch den Kreisel geschickt, sondern rechts daran vorbei. Das kann es auch an mehreren Zufahrten geben. «Aber irgendwann muss man sich die Frage stellen, ob ein Kreisverkehr überhaupt noch Sinn macht», schränkt Oehler ein. Der Umbau einer vorhandenen Kreuzung in einen Kreisel an einer Landesstraße ist nämlich mit 350.000 bis 400.000 Euro außerorts und sogar 500.000 bis 700.000 Euro innerorts deutlich teurer als die 100.000 bis 150.000 Euro, die für eine Ampelanlage überwiesen werden müssen. Bei der Unterhaltung «gewinnt» dagegen das Rondell. Hier fallen nur normale Unterhaltungskosten wie bei jedem anderen Meter Straße an. Eine alte Lichtsignalanlage mit 240 Volt-Technik belastet den Etat mit jährlich bis zu 10.000 Euro für Wartung und Strom. Moderne LED-Anlagen dagegen kommen mit einem jährlichen Aufwand von 2.000 bis 3.000 Euro aus. Angesichts klammer Kassen dürfte die dynamische Entwicklung von Kreisverkehren daher langsam abflachen, auch wenn Politiker sie immer und überall fordern.

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Besonders originell: Der Brummkreisel auf dem Kreisel in Ibbenbüren

Verglichen mit Deutschland gibt es im Ausland viel aufwändigere Kreiselkonstruktionen. Magic Roundabout, also magisches Karussell, nennen die Engländer einen Riesenkreisel, bei dem in jeder Zu- bzw. Abfahrt noch einmal ein Minikreisel ist. Keine Ahnung wie, aber die Briten kommen scheinbar damit klar. Sehr aufwändig sind Konstruktionen, bei denen Kreisverkehre über oder unter durchgehende Autobahnen gelegt sind. Hier braucht man jeweils zwei Brücken, damit die vier- oder sechsspurige Schnellstraße kreuzungsfrei bleibt. Wenn dann – wie zum Beispiel im niederländischen Eindhoven an der A67/A2 – Ampeln die Einfahrt ins gigantische Rund regeln und auch im Kreisel noch Lichtzeichenanlagen stehen, muss man sich die Frage stellen, warum nicht gleich eine «ordentliche» Ampelkreuzung gebaut wurde. Auch dieser Kreisel funktioniert unbestritten, aber der Aufwand ist enorm.

Oehler

Thomas Oehler, Leiter der Autobahnniederlassung Hamm, hat in seinem Büro eine Karte, auf der schon 1928/29 die Verkehrsbelastungen in der Provinz Westfalen festgehalten wurden.

Doch auch hierzulande gibt es gewöhnungsbedürftige Kreisverkehre: In Stuttgart-Neugereut führt die Bahntrasse mitten durch das Rondell. Kommt ein Zug, müssen die Autofahrer natürlich warten – geregelt durch eine Ampel. In den Ludgerikreisel in Münster münden sechs Straßen. Zudem haben hier zahlreiche Buslinien eine Haltestelle an einer der Tangenten. Zwar ist er zweispurig, um die Leistung zu erhöhen, doch das reicht bei der enormen Verkehrsbelastung in der Innenstadt eigentlich nicht. An allen Zu- und Abfahrten gibt es Zebrastreifen. Sie sind für das Funktionieren des Karussells Fluch und Segen zugleich. Fußgänger sorgen dafür, dass einzelne Spuren zum Stillstand kommen, wodurch Fahrer aus anderen Richtungen erst wieder die Chance erhalten, in den Kreis einzufahren. Das klappt ganz gut, außer wenn der Fußgängerverkehr zu viel wird. «Wenn es zu einem Rückstau im Kreisverkehr kommt, dann steht alles», weiß auch Verkehrsexperte Oehler. In Münster hat sich daraus noch eine Besonderheit entwickelt. Demonstrationen mit einigen hundert Teilnehmern ziehen – angemeldet oder «spontan» – von Zebrastreifen zu Zebrastreifen und legen so mit vergleichsweise geringem Aufwand Teile der Domstadt lahm, einschließlich Busverkehr.

stadtverkehr aus der vogelperspektive

Kaum noch als solcher zu erkennen ist dieser „Kreisverkehr“ in Rotterdam mit zahlreichen Ampeln.

Im Allgemeinen werden aber mit Kreisverkehren die fünf Ziele erreicht, die sich die Verkehrsplaner erhoffen: Weniger Wartezeiten, mehr Sicherheit, geringere Geschwindigkeiten, weniger Unterhaltungskosten und mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Gerade der letzte Punkt macht viele Kreisel zu einem städtebaulichen Gewinn gegenüber tristen Ampelkreuzungen. Immerhin 500 bis 800 Quadratmeter groß ist die verbleibende Innenfläche, das bietet viel Raum für eine attraktive Gestaltung. In etwa 30 bis 40 Prozent aller Kreisverkehre – das hat Straßen.NRW bei einer Untersuchung seiner rund 150 Kreisel im Münsterland herausgefunden – finden sich Kommunen, Betriebe oder Bürgerinitiativen, die eine gärtnerische oder künstlerische Gestaltung vornehmen und auch die Fläche dauerhaft pflegen.

Eine besonders originelle Gestaltung gibt es in Ibbenbüren am Teutoburger Wald. Hier thront ein Brummkreisel im Zentrum des Kreisels, so wie man ihn aus Kindertagen kennt, aber natürlich viel, viel größer.

Vosskotten hoch

Greven: Wenn sechs Straßen in spitzem Winkel aufeinandertreffen, bietet sich ein Ovalverkehr statt eines Kreisels an.

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Ein Kommentar

  1. wolfgang häusler am

    fast alle mir bekannten Verkehrsteilnehmer finden Kreisel angenehmer als Ampeln – wie sie sagen -sicherer, umweltfreundlicher, menschlicher und preiswerter. Kein Strom, keine Wartung, nur verkehrsbedingte Wartezeiten. Warum ist der Umbau einer Ampelkreuzung so teuer – unverständllch. In jede Kreuzungsfläche mit Abbiegespuren passt der Kreisel rein . und selbst wenn er etwas kleiner gestaltet wird können fast 99 % aller Fahrzeuge wenden – das ist das Argument für die Kreiselgröße – bei der Ampel darf keiner wenden- Bei vernünftiger Planung dürft der Nutzen fast immer beim Kreisel liegen (außer Grüne Welle)