Ostfriesland. kleine Dörfer, großer Klang


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Kostbares verbirgt sich in ostfriesischen Dorfkirchen: Mit über 300 historischen Orgeln gilt die Region als reichste Orgellandschaft der Welt.

WEENER.Aus d.Werkstatt v. ARP SCHNITGER stammt die Orgel (1709_1710) in der Georgskirche v.Weener.Foto.B.Meier.2.20154

„Am besten nehmen Sie auf einer Bank in der Kirchenmitte Platz. Dort ist das beste Hörerlebnis“, rät Organistin Jutta Thammeus den Besuchern der Rysumer Dorfkirche. Über knarrende, enge Stiegen steigt die Musikerin hinauf zur Orgel und bringt die mehr als 550 Jahre alte Königin der Musikinstrumente zum Erklingen.

NORDEN.Am südöstl. Vierungspfeiler ist d. Orgel d. Ludgerikirche.Foto.B.Meier.2.2015

Gerade mal etwa 750 Einwohner zählt das idyllische Warftendorf inmitten der sattgrünen Weiden der Krummhörn, wie der platte Landstrich hinter den haushohen Deichen heißt. „Mit unserer Orgel hüten wir einen Schatz“, erläutert die Musikerin. Die Rysumer Orgel ist die älteste unter den von mehr als 300 Orgeln in Ostfriesland und der benachbarten niederländischen Provinz Groningen. Um das Jahr 1442 herum wurde die Orgel in einer Groninger Werkstatt gebaut. Wenn auch das genaue Baujahr heute im Dunkeln liegt, belegt ist jedoch durch eine historische Chronik die Bezahlung des Instrumentes. „Mit vette Beeste, also wohlgenährten Rindern“, erzählt Organistin Thammeus den staunenden Besuchern. Die wohlhabenden Rysumer Bauern verschifften ihre Tiere zum Markt nach Groningen, verkauften sie dort und konnten sich so ihre Orgel leisten.

RYSUM.In einer Groninger Werkstatt gebaut, mit Rindern bezahlt-Orgel in Rysum von 1457.Foto.B.Meier.2.2015

Vom 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zeigten die Bewohner Ostfrieslands ihren Wohlstand in der prunkvollen Ausstattung ihrer Dorfkirchen an.

„Bei uns ist die historische Orgel in einer Kirche der Normalfall, die Orgel unserer Zeit die Ausnahme“, sagt Winfried Dahlke, Direktor der Orgelakademie Organeum in Weener. Das 1997 gegründete Orgelzentrum dokumentiert die historischen Orgeln zwischen Dollart und Jadebusen und in der Provinz Groningen.

Musiker aus aller Welt kommen zur Fortbildung ins Organeum. Orgelfreunde starten von hier aus zu musikalischen Exkursionen in die alten Dorfkirchen. „Zwischen Rhede und Jemgum sind wir auf der kleinen europäischen Orgelstraße unterwegs“, verblüfft Organist Ludolf Heikens die Besucher. Da steht in der Georgskirche von Weener die Orgel aus der Werkstatt des berühmten norddeutschen Orgelbauers Arp Schnitger von 1710. In der Kreuzkirche in Stapelmoor erklingt die französische Orgel, die nach dem Vorbild des Orgelbauers Louis-Alexandre Clicquot von 1734 in den 1990er-Jahren erbaut wurde. Im Dorf Jemgum ertönt eine englische Orgel von 1844. Und nur ein paar Autominuten südlich lauschen Orgelfans in der Alten Rheder Kirche einer italienischen Orgel aus dem 18. Jahrhundert. Sie stammt wahrscheinlich von dem sizilianischen Orgelbauer Fabricio Cimino.

WEENER. Im ORGANEUM steht d. Kabinett-Orgel aus Emden v.1790. Organist LUDOLF HEIKENS.Foto.B.Meier.2.2015

Zahlreiche Orgelkonzerte finden während der Sommermonate in den Dorfkirchen statt, das Organeum bietet Exkursionen und öffentliche Führungen an. Infos und Termine:

www.ostfriesischelandschaft.de

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