Projekt CO2-100minus: Fahren ohne Benzin


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In Autogas steckt noch mehr CO2-Einsparpotenzial als bislang angenommen. Das belegen die ersten Ergebnisse des Projektes CO2 -100minus an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW), an dem die KÜS als Projektpartner beteiligt ist.

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Bislang musste stets für ein zuverlässiges Anspringen und einen ruckelfreien Warmlauf mit Benzin gestartet werden.

Die meisten Autogas-Anlagen verwenden zudem einen Verdampfer, mit dem das Flüssiggas in den gasförmigen Zustand gebracht wird. Dieser wird über das Kühlwasser des Motors beheizt und braucht eine Betriebstemperatur von mindestens 30 bis 40 Grad.

Mit Unterstützung des niederländischen Projektpartners Vialle setzen die Maschinenbau- und Elektrotechnik-Studenten an der HTW unter Leitung der Professoren Dr. Thomas Heinze und Dr. Harald Altjohann auf eine flüssige Einspritzung des LPG (Liquified Petroleum Gas) direkt in das Ansaugrohr des Motors. Dies geschieht mit einem erhöhten Druck von bis zu 15 bar. Durch die Entspannung kommt es zu einem Wechsel in den gasförmigen Aggregatzustand. Das dann entstehende Gas-Luft-Gemisch ist sofort zündfähig.

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Da Autogas etwas schneller verbrennt als Benzin kann auf eine Kaltstartanfettung verzichtet werden, die einen Motor im kalten Zustand überproportional viel Kraftstoff verbrauchen lässt. Durch die Gemischanfettung erhöht sich nicht nur der CO2-Ausstoß erheblich, auch die Emissionen an Schadstoffen wie zum Beispiel Stickoxide steigen entsprechend. Zweiter entscheidender Vorteil der Monovalenz ist die Optimierung des Motors und der Motorsteuerung auf den alleinigen Gas-Betrieb. Somit braucht man keine unterschiedlichen Kennfelder für zwei Kraftstoffarten zu programmieren oder muss gar Kompromisse eingehen, bei denen immer Abstriche vom Optimum gemacht werden müssen.

So kann zum Beispiel durch die deutlich höhere Klopffestigkeit von Autogas (107 Oktan gegenüber 95 bei Benzin) der Zündzeitpunkt nach vorne verschoben werden. Und nur im monovalenten Betrieb ist eine Erhöhung der Verdichtung in den Zylindern in den Bereich von etwa 1:11,5 realisierbar. Dadurch lässt sich der Wirkungsgrad des Motors erhöhen, und es ergibt sich sogar ein Leistungszuwachs statt eines geringen Leistungsverlustes mit der Verdampfertechnik.

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An drei Fahrzeugen forschen Heinze und Altjohann mit ihren 17 Studenten – mit unterschiedlichen Schwerpunkten: einem Fiat 500, einem Hyundai i10 und einem Peugeot 107. Die beiden ersten sind von den Herstellern mit einem CO2-Ausstoß von 119 Gramm CO2 pro Kilometer angegeben, der Peugeot mit 109. Am «weitesten» in der Entwicklung ist der Hyundai i10. Ihn haben die Studenten auf monovalenten Betrieb umgerüstet und als sichtbaren Beweis auch gleich den Benzintank unter dem Fahrzeugboden ausgebaut. In ihm findet sich auch schon ein an der HTW entwickeltes Steuergerät.

«Wir greifen nicht in die Motorsteuerung des Herstellers ein»,

führt Heinze einen wichtigen Punkt an. Vielmehr werden die Werte der Original-Steuerung ausgelesen und optimierte Werte zum Beispiel für den Zündzeitpunkt für Autogas an den Motor weitergegeben.

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Im Labor für Verbrennungskraftmaschinen an der HTW führen die Studenten stets relative Messungen durch. Die CO2-Emissionen im Benzinbetrieb werden auf 100 Prozent gesetzt, beim anschließenden Autogasbetrieb kann man dann sehr schön sehen, wie viel Prozent Kohlendioxid eingespart werden. Vorab hatte Prof. Dr. Heinze schon das mittlere Einsparpotenzial errechnet. Je nachdem, ob man den spezifischen Ansatz (reine Fahremissionen) oder den globalen Ansatz (von der Energiequelle bis zum Antriebsrad) zugrunde legt, ergeben sich

mittlere Werte von 20,9 oder sogar 22,1 Prozent weniger CO2 im LPG-Betrieb.

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Denen kommt der Hyundai zur Projektmitte schon recht nahe, obwohl erst ein Teil der CO2-Einsparmöglichkeiten ausgereizt ist. Global betrachtet sind es 18,9 Prozent, im spezifischen Ansatz 16,0 Prozent. Als nächste Maßnahmen stehen hier die Optimierung der motorischen Verdichtung sowie die Verwendung von Leichtlaufreifen und Leichtlaufölen auf der Agenda. Beim Peugeot 107 wurde bislang ausschließlich die Umrüstung auf Autogas vorgenommen. Schon dadurch verlassen 11,0 Prozent weniger Kohlendioxid den Auspuff als mit Benzin. Rechnet man das CO2-Treibhausgasäquivalent für die Bereitstellung bis in den Fahrzeugtank dazu, ergibt sich ein Wert von 14,6 Prozent weniger Kohlendioxid. So kann Prof. Heinze schon jetzt eines sicher versprechen: «Wir werden sicher unter 100 Gramm CO2 kommen.»

Was mit Kleinwagen funktioniert, lässt sich natürlich auch mit größeren Motoren realisieren. Die relative Einsparung an CO2-Emissionen sei ähnlich, erläutert Prof. Altjohann, in Gramm ausgedrückt seien sie erheblich höher. Warum man dann keinen Porsche Cayenne genommen habe, wird er gefragt. «Unser Projekt heißt Projekt CO2-100minus, und die Grenzen der Physik sprengen können wir auch nicht», kontert der Wissenschaftler. Den Saarbrücker Professoren geht es um das Aufzeigen von
Lösungswegen. Die Umsetzung sei dann Sache der Industrie. Wie’s gehen kann, haben sie schon jetzt eindrucksvoll gezeigt.

Und so gibt es auch Lob von politischer Seite:

«Das sind die Projekte, die wir in der aktuellen Zeit brauchen»,

betonte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Astrid Klug, bei der ersten Ergebnispräsentation in Saar-brücken. Dr. Christian Ege, Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft, bescheinigte den Professoren und ihren Studenten: «Sie verstehen sich darauf, nicht nur klug zu denken, sondern auch Innovationen in die Tat umzusetzen.»

Ziel des Projektes ist es, Benziner mithilfe von Autogas auf einen CO2-Ausstoß von unter 100 Gramm pro Kilometer zu drücken – daher auch der Name CO2-100minus. Einen entscheidenden Baustein stellt dabei die so- genannte Monovalenz dar, also der alleinige Betrieb des Fahrzeuges mit Autogas.

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