Rallyeboliden lassen die Vulkaneifel beben


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Das Dröhnen klingt infernalisch. Ein kraftvolles, irgendwie gequältes Bellen aus gleich mehreren Auspuffrohren. Schalldämpfer wohl Fehlanzeige. Der Zuschauer wird nachhaltig an alte Zeiten erinnert. 30, ja 40 Jahre rückwärts, wie damals in den Ardennen und den Seealpen bei der Rallye Monte-Carlo.

Eifel Klassik 2013 © Daniel Roeseler

Doch wir schreiben das Jahr 2013, genauer den 25. Juli. Die Vulkaneifel bebt und schwelgt zugleich in Erinnerungen. Eifel-Rallye-Festival heißt das weltweit einmalige Spektakel, und der größte Krachmacher ist wohl der Lancia Stratos, jener eigenartige Keil aus den 1970er-Jahren, der die Konkurrenz das Fürchten lernte.

Der Sound ist Musik in den Ohren der mehr als 40.000 Zuschauer, die in die sonst einsamen Dörfer rund um Daun gepilgert sind, um die Boliden längst vergangener Tage mal wieder live und in Action zu sehen. Na, ja, pilgern ist etwas übertrieben. Mit Pkw und Wohnmobilen zieht die Karawane von Sonderprüfung zu Sonderprüfung – und die Parkplätze sind nur wenige hundert Meter von den abgesperrten Strecken entfernt. Alles ist perfekt vom Motorsportclub Daun e. V.im ADAC vorbereitet. Die Kennzeichen verraten es: Die Fans kommen aus der ganzen Republik, aber auch aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Frankreich und selbst aus der Schweiz.

Eifel Klassik 2013 © Daniel Roeseler

Aus Bayern kommt der, auf den sie alle warten. Walter Röhrl, der bislang einzige deutsche Rallyeweltmeister, der sich zudem gleich zweimal (1980 und 1982) den Titel des Champions sicherte. Natürlich hat „der Lange“ die Startnummer 1 und die gleich an zwei Fahrzeugen: einem Porsche 911 SC und einem Ascona 400. In genau diesem Ascona 400 mit der Fahrgestellnummer RA 39 hatte Röhrl 1982 zum zweiten Mal die Rallye Monte-Carlo gewonnen. Mit dem Porsche 911 SC war Dieter Röscheisen 1980 in der Deutschen Rallyemeisterschaft unterwegs. Röhrl langt trotz seiner inzwischen 66 Jahre noch richtig zu, bietet den Fans eine gute Show und leistet sich in der Prüfung Nr. 5 mit seinem 911er in einer hängenden Rechts-links-Kombination einen Dreher. Was soll’s! Ersten Gang rein und sofort mit Vollgas weiter. Das Publikum dankt’s mit Applaus.

Röhrl ist nicht der einzige prominente Rallyefahrer, der den Weg in die Eifel gefunden hat. Mit Björn Waldegård (1979) und Stig Blomqvist (1984) lassen’s zwei weitere Ex-Rallyeweltmeister rund um Daun krachen. Der Schwede Waldegård pilotiert einen Mercedes 500 SL von 1980 – ein Prototyp, mit dem Röhrl seinerzeit den Einstieg von Mercedes in die Rallye-WM vorbereitete, bevor die Stuttgarter sich bereits vor ihrem ersten Einsatz wieder aus der Königsklasse des Motorsports verabschiedeten. Waldegårds Landsmann Blomqvist ist mit einem Madza 323 von 1991 unterwegs. Mit exakt diesem Auto hatte 1991 ein finnischer Jungspund namens Tommi Mäkinen völlig überraschend Rang 5 bei der 1.000-Seen-Rallye in seinem Heimatland belegt. Später wurde dieser Herr Mäkinen von 1996 bis 1999 viermal in Folge auf Mitsubishi Rallyeweltmeister.

Eifel Klassik 2013 © Daniel Roeseler

Noch ein paar bekannte Namen gefällig? Wie wär’s mit Harald Demuth, zweifacher Deutscher Meister (1982 und 1984), unterwegs mit einem Audi Sport Quattro, oder Yves Loubet, der 1989 auf Lancia Delta Integrale Europameister wurde und 2013 mit einem Lancia 037 durch die Eifel hämmert. Matthias Kahle – siebenfacher Deutscher Meister – bewegt einen Skoda 130 RS zur Freude der Zuschauer ständig quer. Die Finnen Harri Toivonen im Opel Manta 400 Gr. B von 1983 und Simo Lampinen im Lancia Beta Coupé von 1974 stehen ihm in Sachen Driften nicht viel nach. Susanne Kottulinsky? Nie gehört! Na klar, das schwedische Mädel mit österreichisch-deutschen Wurzeln hieß in der Rallyeszene nur Susi Quattro, weil sie – genau wie jetzt in der Eifel – überwiegend Audis Allradler vehement um die Ecken wuchtete.


Eigentlich besteht das Eifel-Rallye-Festival nur aus Demonstrationsfahrten.

Also ganz ohne Geschwindigkeitsmessung. Doch die Strecken sind wie bei aktuellen Bestzeitrallyes abgesperrt und mit Sportwarten gesichert. Also wer’s kann, lässt’s fliegen. Das Ganze ist eine tolle Show, die allen einen irren Spaß macht, sowohl den Fahrern als auch den Zuschauern. Damit die Action nicht zu kurz kommt, hat der Veranstalter wunderbare Eifelsträßchen ausgesucht. Den Einstieg bietet an jenem Donnerstagabend der Shakedown – im aktuellen Rallyesport Einstellfahrten und Qualifying für die Festlegung der Startreihenfolge. „Mantaloch“ steht unübersehbar auf gleich zwei Schildern an einem Holzmasten. Den Namen hat sich dieses T-Stück 1984 bei der national renommierten Rallye Oberehe verdient, als gleich mehr als 20 Fahrer ihre Boliden in einem tiefen Graben versenkten – die meisten davon sollen Opel Manta gewesen sein.

Eifel Klassik 2013 © Daniel Roeseler

Soweit kommt es 2013 zum Glück bei keinem der alten Schätzchen. Dafür können die Rallyewagen am nächsten Mittag auf der Sonderprüfung 1 gleich mehrfach duschen. Denn der MSC Daun hat auch für eine Wasserdurchfahrt gesorgt. Manch einer trägt seinen Oldtimer förmlich durch das Nass, die meisten lassen es richtig fliegen – ein Fest für alle Fotografen, wenn’s so richtig spritzt. Damit die große Pfütze nicht nach kurzer Zeit leer ist, gibt’s aus einem Feuerwehrschlauch ständig Nachschub.

Da sechs der neun Strecken Rundkurse sind, bekommt die Motorsportgemeinde ihre Idole bis zu dreimal zu sehen. Besonders spektakulär ist die Wertungsprüfung zwei, die mitten im Dörfchen Sarmersbach eindrucksvolle Verfolgungsjagden bei einbrechender Dunkelheit bietet. Jawohl, so war der Rallyesport früher. Rund 170 Rallyeautos lassen die Eifel beben. Der Lancia Stratos, wie sein Nachfolger Lancia 037 sind dabei. Opel, meist Manta und Ascona, aber auch ein Commodore. Jede Menge Audi Quattro. Dazu Saab, Ford, Porsche, Renault, Triumph, Ferrari, Mercedes, Mitsubishi Fiat, ja selbst Moskwitsch. Insgesamt 33 Marken und 75 Typen. Einfach herrlich.

Eifel Klassik 2013 © Daniel Roeseler

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