Seltene Erden gegen Produkt- und Markenpiraterie


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Die Schäden sind gigantisch: 30 Milliarden Euro gehen allein der deutschen Volkswirtschaft nach Schätzungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) jährlich durch Marken- und Produktpiraterie verloren. Eine bereits mehrfach prämierte Erfindung aus Münster will dem jetzt einen Riegel vorschieben. Die Entdeckung von gefälschten Produkten wird ganz einfach möglich – mit Licht nämlich.

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Ist es bei einem Poloshirt mit dem Krokodil auf der Brust «nur» ein wirtschaftlicher Schaden, so kann es bei nachgemachten Bremsbelägen lebensgefährlich werden. Die Forscher der Tailorlux GmbH bedienen sich etwa 70 chemischer Elemente und «backen» daraus Pigmente, die in die zu schützenden Objekte eingearbeitet werden. Dies kann durch eine Lackierung geschehen oder auch direkt in den Kunstsoff der Bauteile zum Beispiel. Wenn sie nun mit einer Lichtquelle einer bestimmten Frequenz angestrahlt werden – etwa einer LED – beginnen sie zu leuchten. Leuchtet nichts, ist das Objekt ein Plagiat.

Kennzeichnung wird Teil des Produktes Seltene Erden – eigentlich Metalle der seltenen Erden – spielen wegen ihrer spektroskopischen Eigenschaften eine wichtige Rolle bei der Erstellung des Fälschungsschutzes – wenn auch nicht alleine. «Aus etwa 70 chemischen Elementen kann man 300 Milliarden Kombinationen erstellen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie jeweils ein individuelles Lichtspektrum liefern», erläutert Tailorlux-Geschäftsführer Alex Deitermann. Das Lichtspektrum ist so einzigartig, dass selbst Tailorlux eine Rezeptur nicht exakt reproduzieren kann. Geringe Unterschiede gibt es immer, egal, wie exakt die einzelnen Bestandteile abgewogen wurden. Auch wenn die einfache Lichtquelle die Unterscheidung nicht mehr schafft, spätestens bei einer Spektralanalyse im Labor werden die Abweichungen offensichtlich. Damit hält eine solche Analyse auch einer gerichtlichen Überprüfung statt.

Doch bis es so weit ist, muss ein großer Aufwand getrieben werden. Seltene Erden, das sagt schon der Name, sind sehr teuer. So kann ein Kilogramm Europiumoxid zum Beispiel einige Tausend Euro kosten, wird aber nur grammweise gebraucht. Aufgrund der extrem niedrigen Konzentrationen, die für die Kennzeichnung gegen Plagiate gebraucht werden, ist die Markierung mit Leuchtstoffen im Produkt deshalb in der Regel sehr preisgünstig. Bezeichnenderweise kommen die meisten seltenen Erden aus China – wie sehr viele Plagiate. In Kammeröfen reagieren die einzelnen Bestandteile durch eine Hochtemperatursynthese zum fertigen Leuchtstoff. «Das ist wie Kuchenbacken, nur heißer und nicht so lecker», scherzt Dr. Dominik Uhlich, Leiter der Produkt- und Anwendungsentwicklung. Seine Öfen haben einen jährlichen Stromverbrauch von 60.000 kWh – so viel wie 15 bis 20 Einfamilienhäuser.

Eingebauter Originalitätsnachweis für Fahrzeugteile Produktschutz ist die eine Anwendung, die wegen der lebensmittelrechtlichen Unbedenklichkeit sogar in Medikamente eingebaut werden kann. Eine zweite Säule ist das Abwehren von ungerechtfertigten Reklamationsansprüchen. Wenn zum Beispiel nach einem Flugzeugunglück oder einem tödlichen Autounfall ein Versagen der Bremsbeläge als Unfallursache ermittelt wurde, lässt sich mittels Tailor-Safe – so der Markenname – eindeutig feststellen, dass nicht vom Fahrzeug-Hersteller freigegebene Bremsbeläge eingebaut waren.

Selbst der Sport kann profitieren. Die Verantwortlichen der amerikanischen Baseball-Liga sind mit den Münsteranern derzeit im Gespräch. Ein aufgebohrter Baseball-Schläger entwickelt nämlich mehr Schlagkraft als einer mit komplettem Holzkern. Eine Verplombung des Schlägerendes mit einer nicht ohne Zerstörung demontierbaren Kunststoffkappe soll Manipulationen vorbeugen. Kommt Tailer-Safe bei den vom Baseball-Verband herausgegebenen Kunststoffkappen zum Zuge, kann künftig jeder Schiedsrichter mit einer recht einfachen LED-Lichtquelle unfaire Aktionen entlarven.

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