Stahl statt Aluminium


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Lange Zeit hängte Aluminium den Stahl im Segment der Motorenteile ab. Der Trend dreht sich gerade. Der traditionsreiche Werkstoff bietet gegenüber dem Leichtmetall erhebliche Vorteile: ein sparsamer Spritverbrauch und somit weniger CO2-Emissionen. Bei aktuellen Dieselmotoren macht das rund drei Prozent aus.

Links Aluminiumkolben, rechts der neue Stahlkolben von Mercedes-

Die Diesel-Erfolgsstory von Mercedes-Benz geht weiter: der Aluminiumkolben (links) und der neue Stahlkolben (rechts).

„Der Trend geht eindeutig in Richtung Stahl“, sagt Horst Binnig. Der Vorstandsvorsitzende vom Automobilzulieferer KSPG aus Neckarsulm und sein Team erkannten ziemlich früh die Richtungsänderung und entwickelten Motorkolben mit einer enormen Typenvielfalt und Menge. Im süddeutschen KSPG-Werk werden Kolben für Lkw und Pkw produziert. Hohe Leistungsdichte, Zünddruckerhöhung, Emissionsreduzierung und Laufleistungsanforderungen an moderne Lkw-Motoren von bis zu zwei Millionen Kilometern weisen klar in Richtung Kolben aus Stahl. Da sich die Menge auch bei kleineren Dieselmotoren kontinuierlich vergrößert, kam eine Linie für Pkw-Stahlkolben hinzu.

Der Wandel vom Aluminium- zum Stahlkolben hat seinen Preis. Stahl stellt höchste Ansprüche an Maschinen und Werkzeuge. Das schlägt sich in den zu tätigenden Investitionen nieder. So seien bei Aluminium an bestimmten Stellen Standzeiten von 10.000 Einheiten möglich, im Stahlsegment nur 100.

Viele Zwischenmessungen gewährleisten, dass die Kolben exakt das Werk verlassen. Wenn alles stimmt, bewegen sich die Toleranzen in einem Sektor von wenigen tausendstel Millimetern.
Die Drücke, denen Nutzfahrzeugkolben standhalten müssen, sind enorm. In aktuellen Motoren mit Leistungen von mehr als 400 PS können sie weit über 200 bar erreichen. Das entspricht dem mehr als 20-fachen Druck, unter dem ein Lkw-Reifen steht. Gleichzeitig müssen die Teile extrem hohe Temperaturen wegstecken. So um den Muldenrand des Brennraums. Dort kann die Temperatur schnell auf bis zu knapp 500 Grad Celsius steigen. Deshalb setzt KSPG bei den Stahlkolben einen hochtemperaturfesten Vergütungsstahl ein.

Mercedes-Benz ersetzt die in Pkw-Dieselmotoren bislang üblichen Kolben aus Aluminium durch eine neuentwickelte Hightech-Kolben-generation aus Stahl. In Kombination mit der NANOSLIDE®-Zylinderlaufbahntechnologie lauten die Vorteile:

Noch weniger Verbrauch und noch weniger CO2-Emissionen.

Vor wenigen Monaten debütierten im V6-Dieselmotor des Mercedes E 350 BlueTEC neue Hightech-Kolben aus Stahl. Den Normverbrauch bei gleicher Leistung (190 kW/258 PS) gibt Daimler mit 5,0 Liter Diesel auf 100 Kilometer an – dabei liegt der durch den Stahlkolben bedingte Spareffekt bei rund drei Prozent.

Stahl und Aluminium unterscheiden sich in ihren Eigenschaften deutlich: Stahl dehnt sich bei Hitze weniger aus als Aluminium, leitet die Wärme schlechter und ist zunächst einmal schwerer. Dennoch entdeckten die Ingenieure von Mercedes-Benz darin Zukunftschancen, indem sie die Unterschiede in den Materialeigenschaften vorteilhaft einsetzten.

Die modernen Stahlkolben sind Hightech-Produkte, die aus hochwertigem, besonders festem Stahl geschmiedet sind. Kolbenproduzenten müssen Höchstleistungen abliefern, denn die neuen, extrem festen Stähle sind ebenso anspruchsvoll in der Fertigung. Da Stahlkolben fester sind als Alukolben, kann ein damit ausgerüsteter Dieselmotor mit höheren Temperaturen arbeiten und so ein höherer thermodynamischer Wirkungsgrad erzielt werden.

Stahl lässt nicht nur eine kleinere Dimensionierung des Kolbens zu, er bietet ebenfalls größere Reserven gegenüber mechanischen Belastungen – bedeutsam in Zeiten der zunehmenden Motoren-Downsizing-Konzepte.

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