Stille im Land der Gletscher


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Einsame Strände und majestätische Gletscher, Eisbären und Wale – bei einer Expeditionskreuzfahrt vor Spitzbergen stehen Naturerlebnisse im Mittelpunkt.

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Drei Tage ist die „MS Fram“ bereits vor Spitzbergen gekreuzt, als am steinigen Strand von Bamsebu die Geschichte der Erde deutlich wird. „Hier am Bellsund erleben wir eine Zeitreise von 650 Millionen Jahren“, erläutert Geologe Steffen Biersack den staunenden Reisenden. „Spitzbergen lag damals dort, wo heute Tasmanien vor Australien liegt. Im Laufe der Zeit haben sich die Kontinente verschoben, an den Auffaltungen der Fjordberge lässt sich das erkennen.“

Jüngere Geschichte liegt zu Füßen der Reisegruppe – die Knochen von mehr als 500 Beluga-Walen, die in den 1930er-Jahren von Fischern im Bellsund gefangen wurden. „Die Haut der Wale war begehrt für Schlittenkufen, aber auch für die Handtaschen feiner Damen“, so Steffen Biersack. Beim Rundgang sind weitere Spuren der Walfänger zu entdecken. So steht am Strand ein verwittertes Holzgerüst, mit dem einst die Netze eingeholt wurden. „Nicht berühren!“ mahnt der Guide. Alles aus der Zeit vor 1945 steht in Spitzbergen unter Denkmalschutz.

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BAMSEBU. Knochen von Walen, die in den 1930er-Jahren geschlachtet wurden.

Der Ausflug in Bamsebu ist eine der Anlandungen, die den Passagieren jeweils morgens und nachmittags angeboten werden. Mit kleinen Zodiacs werden die Reisenden an Land gebracht, erleben dort Fauna und Flora und bekommen Einblicke in die Geschichte der Inselgruppe. Vor jeder Anlandung sichern die bewaffneten Guides das Gelände. Ist der Strand frei von Eisbären? Eine Begegnung mit einem der 3.000   Exemplare könnte für die Menschen tödlich enden.

„Am meisten sind unsere Passagiere an Gletschern, Walen und Eisbären interessiert“, verrät Anja Erdmann, die als Expeditionsleiterin mit ihrem Team von zehn Männern und Frauen – darunter Geologen und Ornithologen – die Landausflüge begleitet. Viele Reisende erfüllten sich mit der Tour nach Spitzbergen einen Kindheitstraum. Das Erlebnis der Landschaft, der Tier- und der Pflanzenwelt stehe im Vordergrund für die Reisenden, oft im Alter ab 60 Jahren. Wer an Bord Remmidemmi sucht, der sei hier im wahrsten Sinne des Wortes auf dem falschen Dampfer.

Mit 13 Knoten Geschwindigkeit (etwa 24 Stundenkilometer) kreuzt die „MS Fram“ an Dutzenden imposanten Gletschern vorüber. Das Schiff wurde benannt nach dem legendären Polarforschungsschiff des norwegischen Friedensnobelpreisträgers Fridtjof Nansen (1861-1930), der 1895 vergeblich versucht hatte von seiner Fram aus zu Fuß über das Eis den Nordpol zu erreichen. Das sollte erst 31 Jahre später einem anderen Norweger gelingen: Roald Amundsen startete mit seinem lenkbaren Luftschiff „Norge“ von Ny-Ålesund aus und überflog am 12. Mai 1926 zusammen mit den Entdeckern Lincoln Ellsworth und Umberto Nobile als Erster den Nordpol.

In Ny-Ålesund legt das Expeditionsschiff direkt am Kai an. Der 1917 gegründete Ort war lange Zentrum des Kohlebergbaus, der im November 1962 durch ein tragisches Unglück mit dem Tod von 21 Bergleuten endete. Heutzutage gilt Ny-Ålesund als wichtiger Standort für die Klima- und Polarforschung. Etwa 30 Bewohner leben ständig dort, in den Sommermonaten kommen bis zu 120 Wissenschaftler hinzu. Neun Länder, darunter auch Deutschland, unterhalten eigene Forschungsstationen. Auf 78 Grad 55’ nördlicher Breite gelegen ist Ny-Ålesund eine der nördlichsten Siedlungen der Welt. Nur für die Forscher gibt es ein paar Mal in der Woche Flugverbindungen von der Schotterpiste des winzigen Flughafens aus.

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BELLSUND. Walfängerboot-Guide Steffen, Geologe, erläutert die Geschichte.

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LONGYEARBYEN. Die FRAM kreuzt im Sommer mit 250 Passagieren vor Spitzbergen.

Zahlreiche Kreuzfahrtschiffe machen im Sommer hier für ein paar Stunden fest. Die Passagiere machen einen Rundgang vorbei am Denkmal der Lorenbahn aus der Zeit des Bergbaus bis hin zum turmhohen Eisenmast – Startplatz des Luftschiffes „Norge“ von Amundsen. Und sie verschicken Postkarten vom nördlichsten Postamt der Welt. Bis zu 4.000 Ansichtskarten sollen es an manchen Sommertagen sein.

Dumpfes Krachen wie ein Donnerhall, Wasserfontänen spritzen auf, als der riesige Eisblock vom Monacogletscher abbricht und in die Meerestiefe gleitet, Sekunden später tauchen die Eismassen wieder auf. Die sechs Passagiere im winzigen Polarcircleboot haben soeben das Kalben an der 50 Meter hohen Gletscherwand aus nächster Nähe gesehen – ein beeindruckendes Erlebnis. Das krachende Eis – eine Ausnahme. Ansonsten ist es still im Land der majestätischen Gletscher, kein Motorengeräusch unterbricht die Stille der weitgehend noch unberührten arktischen Natur. Wale waren bereits in großer Zahl zu sehen, doch wo bleiben die Eisbären? Kurz vor Mitternacht ertönt plötzlich von der Brücke die Durchsage: „Eisbären 11 Uhr voraus!“ Kameras klicken, Ferngläser suchen den kargen Strand der Reinsdyrflya ab – gleich vier Eisbären werden entdeckt. Dann ruft einer: „Weiter links, ein ganz Großer“. Gemächlich zieht der riesige Polarbär am Ufer entlang, selbst mit bloßem Auge ist der weiße Fleck noch zu erkennen.

Weiter geht die Reise nordwärts, bis im fahlen Licht der polaren Sommernacht der 80. Breitengrad überquert wird und die steinige Insel Moffen am Horizont auftaucht: Dicke Walrösser liegen dicht an dicht dösend auf steinigem Grund.

Moffen ist der nördliche Wendepunkt für die „MS Fram“, nur etwa 1.000 Kilometer vom Nordpol entfernt, bevor die Reise südwärts führt, zurück nach Longyearbyen.

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MS FRAM und Spitzbergen

An-/Abreise: Charter-Direktflüge ab Düsseldorf, knapp fünf Stunden bis Longyearbyen. SAS-Linienflüge über Oslo und Tromsö.

Schiff: Die MS FRAM gehört zur Hurtigruten-Reederei der norwegischen Postschiffe. Sie kann maximal 318 Passagiere und Besatzung aufnehmen. Das Schiff ist im Juli und August in Spitzbergen unterwegs und im September zwischen der Küste Norwegens und Spitzbergen. Bei den Fahrten gibt es tägliche Anlandungen mit Polarcirclebooten.

Saison: Juli bis September, wenn die Fjorde fast eisfrei sind. Temperatur: 4 bis 10 Grad Celsius, häufig Nebel und kompakte Wolken.

Ziel: Spitzbergen (Svalbard = kalte Küste) ist eineinhalb Mal so groß wie Dänemark und liegt auf halbem Weg zwischen Norwegen und dem Nordpol. Über 60 Prozent sind von Gletschern bedeckt. Als Entdecker der Inselgruppe im Jahr 1596 gilt der Niederländer Willem Barentz. Seit 1925 steht Svaldbard unter norwegischer Verwaltung, das Gebiet ist entmilitarisiert, zoll- und steuerfreie Zone. Spitzbergen hat 2.400 Einwohner, Hauptort ist Longyearbyen, 1.300 km vom Nordpol entfernt. Im Sommer kommen rund 40.000 Tagestouristen mit Kreuzfahrtschiffen in den Ort. Das Straßennetz umfasst 41 Kilometer. Auf Spitzbergen leben über 3.000 Eisbären, seit 1973 sind sie streng geschützt.

Im Internet:
www.hurtigruten.de
www.visitsvalbard.com
www.svalbardmuseum.no

Hurtigruten
Postfach 11 08 33
20408 Hamburg
Tel. 0 40 – 87 40 83 58
E-Mail: ce.info@hurtigruten.com

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