Stress – Vom Modewort zur echten Volkskrankheit


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Wer hätte nicht einmal über eine Situation der Überlastung geseufzt und sie als «nervig» empfunden? Mit der Feststellung «Was für ein Stress!» wird in unserer Zeit nicht gerade sparsam verfahren. Tatsächlich jedoch kann sich dahinter eine echte Krankheit verbergen, die eine umfassende Therapie braucht. Über Ursachen, Behandlungen und auch mögliche Vorbeugung sprach KÜS Magazin mit dem Psychiater und Psychotherapeuten Prof. Dr. med. Wolfgang Weig.

Prof. Dr. Wolfgang Weig


Herr Prof. Weig, das Thema «Stress» ist vielfach in der Öffentlichkeit präsent. Bezeichnet es eine neue Volkskrankheit?

Das kann man so sagen. Menschen unterliegen heute vielfältigen Belastungen, sie haben zum Beispiel ständige Angst um den eigenen Arbeitsplatz, gleichzeitig werden private Beziehungen brüchiger. Mobilität und Straßenverkehr nehmen zu – es gibt an allen Ecken und Enden Faktoren, die den Stress erhöhen, während gleichzeitig die Stressbewältigung immer schwieriger wird.


Kann man dennoch die Gefahr eines gesundheitsschädigenden Stresses erkennen?

Einerseits ist Stress als Thema auch eine Modeerscheinung. Aber gerade das verschafft dem echten, gesundheitsschädigenden Belastungsstress auch viel positive Aufmerksamkeit. Wenn also Beschwerden auftreten wie Unruhe und Nervosität, wenn das Essverhalten sich extrem ändert, dass man zu viel oder fast gar nichts mehr isst, wenn Schlafstörungen auftreten, kann dies auf Stress hindeuten, ebenso wie fehlende Leistungsfähigkeit oder permanente Unleidlichkeit. Da kann es auch sinnvoll sein, auf Rückmeldungen aus der Umgebung zu achten. Wenn die Wahrnehmung der Unleidlichkeit ein bisher bekanntes und akzeptiertes Maß deutlich übersteigt.


Was kann man in Eigentätigkeit unternehmen, um der Gefahr zu entkommen?

Zum einen kann man nach Möglichkeiten suchen, den Stress zu reduzieren, so wie das heute unter dem Stichwort «Entschleunigung» thematisiert wird. Hilfreich ist es, nach Möglichkeiten einer Auszeit für sich zu suchen. Bewährt hat sich die Regel «eine Stunde am Tag, ein Tag in der Woche, eine Woche im Jahr», also der Versuch, diese eine Stunde am Tag für sich selbst einzurichten, in der man wirklich nur für sich selbst da ist. Wenn das aber nicht gelingt, sollte fachliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Das ist absolut keine Schande.


Wer leistet diese fachliche Hilfe?

Gute Anlaufstellen sind Praxen und Beratungsstellen, in denen psychotherapeutische Hilfe angeboten wird. Es kann sicher auch, je nach Situation, sinnvoll sein, einen stationären Aufenthalt in Anspruch zu nehmen.


Eine Vielzahl von Medikamenten und Zubereitungen (z. B. Entspannungs- und Beruhigungstees) wird frei verkäuflichangeboten. Wie weit ist, wenn überhaupt, eine Selbstmedikation mit solchen Mitteln sinnvoll und erfolgversprechend?

Von frei verkäuflichen Präparaten ist in der Regel keine große Hilfe zu erwarten, zudem sind manche dieser Präparate keineswegs ohne Gefahren. Daher empfehle ich, vor einer Einnahme unbedingt ärztlichen Rat einzuholen.


Herr Prof. Weig, vielen Dank für das Gespräch.

Mit Prof. Weig sprach Roland Bernd.

CD-Tipp

MusiCure: Heilen mit Musik. (Sony Music)

entstanden im internationalen Forschungsprojekt «Musica Humana» – einer Forschungsorganisation, die eine neue, lebensstimulierende Klangumgebung in Krankenhäusern erforscht und dokumentiert. MusiCure wurde über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren an über 4.000 stationären Patienten wissenschaftlich dokumentiert und speziell für diesen Zweck von dem in Dänemark lebenden Oboisten Niels Eje komponiert und produziert.

CD MusiCure

Buchtipp

Doris Kirch, Handbuch Stressbewältigung

Aus der Fülle von Literatur zum Thema
«Stress» sei exemplarisch genannt:
Doris Kirch, Handbuch Stressbewältigung.
Mankau Verlag; 19,95 Euro
(praxisnah angelegt mit zahlreichen Tipps zum Alltag)

Buchtipp Doris Kirch

 

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