„Form ist Funktion“
Den Beginn seiner beruflichen Vita bildete eine Ausbildung zum Werkzeugmacher, anschließend zum Grafik- und Industrie-Designer. Seit 1958 arbeitet er nun innerhalb dieses kreativen Kaleidoskops, das unendlich viele Facetten aufweist. Bis 1965 war er als „Freelancer“, als Freiberufler also, schon für renommierte Unternehmen überwiegend aus der Automobilbranche tätig: Mercedes-Benz, NSU, Opel, Porsche und VW AG, zudem für die Motorpresse in Stuttgart. Hauptinhalte seiner Arbeit: Text-Illustrationen, Bildbände zu klassischen Fahrzeugen und Design-Entwürfe. Muths Ruf übersprang schnell die deutschen Grenzen, 5 Jahre Entwicklungsarbeit bei Ford in England folgten, die Modelle Escort (die deutsche Variante), Consul und Granada als Flaggschiffe des Konzerns schlossen sich an. Muths Quintessenz nach dieser Zeit: „Die Amerikaner bestimmen, die Engländer politisieren, die Deutschen arbeiten.“ Acht Jahre Festanstellung bei BMW in München prägten weltweite Folgen und Erfolge. Muth wurde Chef-Designer der Motorradsparte. Modelle wie die R 90 S, die R 100 RS als erstes voll verkleidetes Serienmotorrad der Welt, bis hin zum Enduro-Verkaufshit GS 80 läuteten bei den Münchenern auch eine neue Linie der Gegenwart und Zukunft ein. Dazu kreierte der stets hellwache und umtriebige Designer entsprechende schicke und sicherheitsorientierte Motorradbekleidung.
Als Chef der Abteilung „Interieur“ im Pkw-Bereich zeichnete und entwickelte Muth dann die Fahrer-affinen Cockpits der 3er- bis zur 7er-Serie. Inzwischen war Hans A. Muth bereits zur Design-Lichtfigur weltweit geworden: Nicht nur hohe Kreativität, profunde Materialkenntnis, sondern auch das Wissen um die tieferen Zusammenhänge beider Faktoren zeichneten ihn aus. Die nachfolgenden Jahre ließen weltweit agierende Firmen, heute „Global Player“ genannt, bei Muth anklopfen, um attraktive Lösungen auch weit über automobile Themen hinaus zu gestalten. Und so wurde er für seine Tätigkeit als „Design Consultant“ (D.C.) weltweit geschätzt und engagiert. Firmen wie Airbus, Swissair, Mitsubishi, Minolta-Kameras, MBB für den ICE 1, dazu Gestaltung vieler Autohäuser, Entwicklung von Hardcore-Mountain- und City-Bikes und Traktoren-Outfits … „Form IST Funktion“: Muths Credo hatte sich durchgesetzt.
Das Gros der heutigen Pkw-Modelle findet er langweilig, sie stellen nach seinem Anspruch lediglich „den Zweck ihres Daseins dar, unfähig, als modernes Auto für die Zukunft entwickelt zu werden“. Klare Kante also. Sein „Lieblingsauto“? Eines, bei dem ALLES stimmig ist? „Ja, der ‚Ferrari Tipo 166/24 Hora Le Mans Berlinetta’ des italienischen Karosserie-Künstlers ‚Touring’. Ich hatte ihn schon gekauft, meine künftige Frau stellte mich aber vor die Alternative: Ferrari oder sie. Der Ferrari verlor. Die gelungenste Synthese aus Form und Funktion ist für mich heute der Porsche 911. Da finden sich Kraft, Eleganz, Funktion und Linie symbiotisch vereint.“ Zum Ende unseres Gesprächs bitte ich den Designer um eine spontane Vision eines Automobils, das alle Voraussetzungen in den Bereichen Form, Funktion und Schönheit (die bekanntlich relativ ist) erfüllt. Mit markanten Linien und Schatten entsteht das Bild eines sportlich definierten Coupés, das nach den Worten des Designers „auch für alle Antriebsformen der Zukunft geeignet wäre“. Ein Buch schreibt er derzeit, das mehr als ein halbes Jahrhundert seiner Arbeit widerspiegelt: „Design macht Muth“. Im Frühjahr 2018 kommt es auf den Markt.