Klein-Kanada im Karwendel


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Die Maut auf deutschen Straßen bleibt ein Aufreger. Bayern hat sie längst. Im Tölzer Land führt die Mautstrecke von Vorderriß ins obere Isartal, eines der letzten wilden Flusstäler Deutschlands.


Frühmorgens, wenn Thomas Michl aus Krün zur Arbeit fährt, hängen noch Nebelfetzen über dem Isartal. Hin und wieder springen Rehe über die Fahrbahn. Michl ist Mautner an der Forststraße zwischen Vorderriß und Wallgau. Am Mautposten Vorderriß kassiert der Beschäftigte der Bayerischen Staatsforsten von Auto- und Motorradfahrern Gebühren für die Durchfahrt. Manch einer sei verwundert über die Straßenbenutzungsgebühr. Michl: „Die Einnahmen werden in den Unterhalt der Straße gesteckt.“

Über zwölf Kilometer windet sich die Forststraße am Berghang entlang, an manchen Stellen nur als einspurige Fahrbahn. Erst seit den 1960er-Jahren ist die Strecke ausgebaut und wird seitdem als gebührenpflichtige Forststraße geführt. 

Die Route entlang der Isar ist eine von etwa einem halben Dutzend Mautstraßen in Südbayern. In der Nachbarschaft führt eine weitere gebührenpflichtige Strecke vom Walchensee nach Jachenau. Wie viele Mautstraßen in Bayern insgesamt existieren, weiß weder das Bayerische Staatsministerium für Verkehr noch der ADAC. Einige gehören zu den Bayerischen Staatsforsten. Andere, wie etwa die Zufahrt zum Luxushotel Schloss Elmau, werden von Staatsforst, der Gemeinde Krün und Hotels betrieben. 


Das Tal gilt als eine
der letzten wilden Flusslandschaften
in Deutschland.

Natur pur entdecken die Reisenden bei ihrer Fahrt zwischen den beiden Mauthäuschen im Karwendelgebirge, das zu den am dünnsten besiedelten Gebieten in Mitteleuropa gerechnet wird. Mautner Michl: „Wir sind hier in Klein-Kanada.“ Die Isar hat den gesamten Talgrund zwischen Karwendelgebirge und den Kocheler Bergen für sich. 

An der Mautstraße mal Pause machen und hinunter zum Fluss gehen, dazu rät Forstmann Plochmann. Von zehn Parkplätzen entlang der Route ist der Zugang für Besucher zum Wildfluss möglich. Weitere Trampelpfade durch den Auenbereich wurden mit Findlingen abgesperrt. So soll das empfindliche Öko-
system im Naturschutzgebiet Oberes Isartal bewahrt werden, das als alpine Wildflusslandschaft von Fachleuten auch europaweit als einzigartig bezeichnet wird.

Natur pur im Oberen Isartal – so ganz stimmt das nicht. Ein Teil des Isarwassers wird in den Walchensee abgezweigt. Nur ein Fünftel der Isar gelangt in den meisten Monaten bis in das wilde Flusstal. Der große Rest sorgt für den ausreichenden Pegelstand des Walchensees, dessen Wasser die Turbinen des Walchensee-Wasserkraftwerkes antreibt. Die 1924 errichtete Stromzentrale ist bis heute mit ihrer Leistung von 124 MW eines der größten Hochdruck-Speicherkraftwerke in Deutschland. Von einer Galerie aus blicken Besucher in die imposante Turbinenhalle, die auch Kathedrale der Technik genannt wird.

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