Eitelkeit war schon mal nicht der Anstoß, daran was zu ändern, schreibt Monchi in seinem Debüt als Autor. Auch wenn er nach Selbstauskunft irgendwann „mehr wog als Mutter und Fatter zusammen“, hatte er es mit seiner Band auf Platz 3 der deutschen Albumcharts geschafft: »Sturm und Dreck« machten
»Feine Sahne Fischfilet«, bis dahin vor allem in Mecklenburg-Vorpommern populär, 2018 schlagartig bundesweit bekannt. Monchi, der bürgerlich Jan Gorkow heißt und seinen Spitznamen von den in den Achtzigern beliebten Monchichis hat, versteckte sich nie, scheute keinen Auftritt. Weder türmte er vor Fotografen noch wich er Interviewern aus.
Keine Eitelkeit – was dann? Eher ein diffuses Gefühl, so viel auf den Rippen sei langfristig gefährlich. So offen und deutlich, wie man ihn kennt, schreibt er auch darüber, wie das diffuse Gefühl recht schnell konkret wurde: Der Diabetes lauerte quasi schon hinter der nächsten Kurve, auch die Pumpe hätte ob der jahrzehntelangen Mehrarbeit vielleicht irgendwann gestreikt und medikamentöse Unterstützung verlangt.
Das Besondere an »Niemals satt« ist, dass es nichts Besonderes ist. Nein, da schreibt einer über ein Problem, das seit Jahrzehnten einen Spitzenplatz in der Hitliste der Volkskrankheiten einnimmt. Ein Problem, für dessen Lösung es kein wirkliches Patentrezept gibt. So viel Ehrlichkeit bei dem sensiblen Thema ist selten.
Mit Ernährungsumstellung und Bewegung hat Monchi natürlich auf die bewährtesten aller Abmagerungsklassiker gesetzt. Wie der vorpommersche Hoschi (Monchi über Monchi) das angestellt hat, wird alle begeistern, die seinen staubtrockenen Humor ohnehin mögen. Und was er allen voraus hat, die nach 65 Kilo weniger (so viel hat er geschafft) eine Abhandlung à la „vom Saulus zum Paulus“ verfassen: Er schreibt einfach, wie es ihm in der Zeit ergangen ist, mit Höhen, mit Tiefen, nicht zuletzt mit der Vereinbarkeit von Gewichtsreduktion und dem Leben aus dem Koffer. Ok, bei Letzterem hat ihm Corona einen Vorteil verschafft – weil die geplanten Auftritte pandemiebedingt nicht stattfanden.
Wie wenig allgemeingültiges Wissen zu Ernährungsfragen existiert und wie individuell das alles ist, wissen wir spätestens seit dem »Ernährungskompass« von Bas Kast. Monchi alias Jan Gorkow fügt dieser Erkenntnis eine ganz persönliche Facette an. Und scheint damit quasi in ein Wespennest gestoßen zu haben – jedenfalls waren die ersten Termine seiner Lesereise ruckzuck ausverkauft. Und sowohl das Buch zum Selberlesen als auch die vom Autor höchstselbst vorgelesene Version entwickelten sich ab dem ersten Tag zu Bestsellern. Direkt auf Platz 1 in den Sachbuch-Charts eingestiegen.
Und niemand scheint darüber mehr zu staunen als eben der Autor selbst. Ohne jede Koketterie.
Foto Kay Özdemir