Stars und ihre Klassiker


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Die Tour fühlt sich an wie eine Zeitreise durch die Automobilgeschichte, die beinahe lückenlos vor Augen tritt. Klassiker aus der Frühphase der Volksmotorisierung des vorvergangenen Jahrhunderts, frühe Dampf- und Elektrovehikel aus einer Zeit, da Benzinfahrzeuge noch als lärmende Stinker galten. Höchst seltene Ikonen aus der Blütezeit des europäischen und amerikanischen Karosseriedesigns, die Liste kennt kein Ende. Alles was hier steht, ist praktisch im Neuzustand und selbstverständlich fahrbereit, wird uns versichert. Und vor allem hat man es mit viel Sachverstand sortiert und besonders stilsicher arrangiert. Die gigantischen Prospektblätter, Illustrationen und Autoreklamen, die die Hallenwände schmücken, hätten Bühnenbauer aus Hollywood mit großem Aufwand originalgetreu nachgemalt.

 

Ein Hallentor öffnet sich und ein Tesla fährt ein. „Sorry Leute, aber wenn ich einen Job auslasse, habe ich das Gefühl, sofort pleite zu gehen“, sagt der Mann, um den es hier geht, mit breitem Grinsen. Und der hat angeblich 350 Millionen Dollar auf dem Konto: Jay Leno, wohl Hollywoods erfolgreichster Late Night Talker. Ob wir denn den Teuersten hier sehen wollen? Wollen wir. Auf dem Fußmarsch  dorthin bittet uns Jay, ihn bloß nicht als Sammler zu bezeichnen. Gesammelt habe er nie, sondern allenfalls angeschafft, was ihm gefiel, technische Bedeutung hat und eine besondere Geschichte, das sei ein Unterschied. Wir stoppen an einem Owen Magnetic von 1916. Den habe er einem Olympiasieger aus Norwegen abgekauft, erzählt Jay. Das Auto wurde dort einst vor den Nazis versteckt, blieb fünf Jahrzehnte unentdeckt. Jay sagt, der Owen sei technisch ein besonderes Highlight, ein Hybridauto mit elektromagnetischer Kraftübertragung. Leno erklärt uns die Technik so spielerisch, als habe er sie persönlich erfunden. Keine Frage, der Mann hat nicht nur viele Autos, der hat auch viel Ahnung. 

Mit dem hier fahre er besonders gerne, sagt Jay, als wir an einem Fiat Millecento vorbeikommen. Der Erstbesitzer aus Pennsylvania hatte das Auto im Erscheinungsjahr 1959 nach Amerika gebracht und dann ohne einen Kilometer damit zu fahren, im Wohnzimmer abgestellt. Dort stand der Italiener 48 Jahre lang, bis der Besitzer starb. Hier müssten wir mal reingucken. Jay meint den 65er Shelby GT 350, das Wettbewerbsfahrzeug. Kenner wissen: Das ist „die blaue Mauritius in der Mustang-Welt.“ Nur 36 Exemplare hatte der legendäre Rennfahrer und Sportwagenkonstrukteur Carol Shelby davon gebaut und bei einem Besuch in Jays Garage auf dem Handschuhfach unterschrieben. „Das bedeutet mir viel, glaubt mir das“, sagt Jay Leno ernsthaft gerührt.

Ob wir schon mal ein Auto mit Plattenspieler gesehen hätten? Mit was? Den Chrysler 300 C gab es, so lernen wir, zwischen 1956 bis 1959 mit einem Highway-Hifi, ein proprietärer Player für 7-Zoll-Schallplatten und Standard LPs mit Mittelloch. Man durfte während der Fahrt natürlich nicht bremsen, flunkert Jay. Nur deshalb habe er den Chrysler angeschafft.

In der Halle nebenan entdecken wir zwei Lamborghini Miura in schrillen Bonbonfarben. Der gelbe sei von 1967, erzählt Jay, den habe er schon seit 30 Jahren. 

Erstbesitzer war Hollywoodstar Dean Martin. Bei einem Tempoduell hatte Martins Sohn Dino das Getriebe geschrottet und das Auto als nicht fahrbereit verscherbelt. So kam Jay günstig dran. Kein Auto hier fahre er öfter, auch wenn der Miura die meisten Probleme mache. Wenns ums bloße Fahrvergnügen gehe, sei der Lambo grottenschlecht. 

Wir machen noch einen Abstecher in einen benachbarten Hangar. Hier werden Fahrzeuge von zehn Mitarbeitern technisch gewartet und Neuankömmlinge aufwändigst restauriert. Gegenwärtig ist ein Jaguar E-Type aus der Serie 1 in Arbeit. Das Auto stand 60 Jahre lang in einer Scheune quasi um die Ecke.

Wer denn hier jetzt der Teuerste sei, wollen wir noch wissen, als Jay gerade auf ein Y2K Jet Bike steigt, ein Motorrad mit Helikopter- Antrieb, und die Turbinen startet. Es ist so laut, dass uns fast die Ohren wegfliegen. Das hier sei das Schnellste der Sammlung, der Teuerste stehe da drüben. Ein pechschwarzer McLaren F1, nur 64 Stück dieses Supersportlers wurden gebaut. 627 PS, Topspeed 386 km/h. Jay erzählt, er habe das Auto 1999 für 800.000 Dollar angeschafft, zuletzt wurden ihm 17,5 Millionen Dollar dafür geboten. Aber verkauft werde hier nichts. Na, das wissen wir schon.

Jay steigt in einen Chrysler Imperial von 1957 und macht sich auf die Rückfahrt in seine Villa in Beverly Hills. „Macht’s gut Leute und kommt gerne mal wieder“, ruft er. Machen wir, ganz bestimmt.

Fotos Thorsten Link

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