Steve Kenesei, 33 Jahre alt, gelernter Elektrotechniker und begeisterter «RC-Driver» lagert in seinem Keller statt Kartoffeln, Zwiebeln und Einweckgläser ferngesteuerte Buggys, jede Menge Ersatz- und Neuteile, Werkbank, Schraubstock, Kaffeemaschine, Kompressor, Akkuschrauber und Unmengen an Werkzeug. Öl- und Kraftstoffgeruch komplettieren das Miniatur-Werkstattflair. Steve Kenesei checkt seinen Renner letztmalig bevor er mich auf «seine Rennstrecke», eine Crossbahn in Güntersleben (Kreis Würzburg), mitnimmt. Begeistert beschreibt er seinen Einstieg in die Welt der 1:5-Racer: «Vor fast zwei Jahren habe ich mich für das Hobby RC-Car entschieden. Was ich damals nicht wusste: Es ist ein intensives Hobby, denn pro Stunde Fahrspaß stehen wenigstens drei Stunden Reparatur, Pflege und Wartung des Autos auf dem Programm.»
Auch finanziell sei das Hobby ein recht aufwändiges erklärt er mir: Den Grundstein legte er mit einem Basismodell für rund 300 Euro, das er seither ständig überarbeitet und verbessert. Den Wert schätzt er zwischenzeitlich auf rund 1.000 Euro. Es seien vor allem Spezialanfertigungen von Einzelteilen, die den Kostenfaktor bestimmen, das Fahrzeug dafür aber deutlich stabiler und haltbarer für seinen harten Einsatz auf der Crossstrecke machten. «Auch gewöhnliche Verschleißteile wie Reifen haben ihren Preis: Für ein paar Reifen, die nur auf Felgen vormontiert verkauft werden, sind schnell 90 Euro fällig. Die Haltbarkeit hängt von Gummimischung und Einsatzgebiet ab»,berichtet er. Rund 100 Euro müsse er pro Monat und Auto investieren, um Spaß und Beweglichkeit zu garantieren.
«Der Wunsch der Industrie»
Auf dem Weg zur Crossstrecke will ich wissen, was zum Einstieg den RC-Sport nötig ist. «Insbesondere Begeisterung, etwas handwerkliches Geschick und normales Werkzeug wie Schraubendreher verschiedener Größen, Ring- und Gabelschlüssel, Zangen und Imbusschlüssel reichen als erste Ausstattung. Wichtigste Werkzeuge für unterwegs sind Sekundenkleber und Improvisationstalent.» Wer denkt, sich ein ferngesteuertes Modell zu kaufen, auszupacken, zu betanken und loszustürmen, sollte sich die Erfahrung von Steve Kenesei zu Nutzen machen: «Ich bin mit meinem Auto direkt nach dem Kauf auf die Piste, da haben sich nach und nach die Teile verabschiedet. Grund: Viele Schrauben waren nicht festgezogen oder gesichert, manche Lager nicht gefettet, falsch eingebaut oder einfach nicht vorhanden. Ich rate jedem, vorm ersten Einsatz alle Verschraubungen und Teile penibel genau zu kontrollieren. Auspacken und losfahren ist der Wunsch der Industrie.»
An der Rennstrecke lade ich mit Kenesei zwei je zehn Kilo schwere Fahrzeuge aus, die durch Steine, Sand und Geröll deutlich gezeichnet sind. Kenesei schaltet die Fernbedienung ein und startet den Motor. Der Startmechanismuserinnert stark an den einer Kettensäge: «Stim-mt, der Motor funktioniert auch nach gleichem Prinzip und geht, ähnlich wie bei einer Kettensäge nicht aus – auch nicht, wenn er auf dem Kopf steht.» Geschickt lenkt er den kleinen Boliden mit unglaublicher Drehzahl und noch unglaublicherer Geschwindigkeit über die Motocrossstrecke. In einer Staubwolke gehüllt, verschwindet der Buggy aus unserem Sichtfeld, taucht kurz danach wieder auf, fliegt über die Buckelpiste und setzt zum Sprung an. Sechs, sieben Meter weit fliegt das Geschoss durch die Luft, ehe es hart auf dem Boden aufsetzt und Kenesei es mit einem gekonnten Lenkmanöver wendet. Das Fahren sei nicht schwer zu lernen – solange es geradeaus und in Blickrichtung gehe. «Nach der Wende, wenn man praktisch auf sich zufährt drehen sich alle Befehle um und es fängt für Ungeübte an haarig zu werden.»
Leichter als es aussieht
Mit Drehzahlen knapp unter 20.000 fliegt der RC-Buggy über Stock und Stein, klettert steilste Abhänge hinauf und wird nur durch die Schwerkraft gestoppt. Nach einigen Rollen bleibt er auf dem Dach liegen und, kaum steht das Rennauto auf den Rädern, gibt Steve Kenesei Vollgas. Mit höchster Präzision lenkt er den Wagen von einer extremen Fahrsituation zur nächsten, schon das Zuschauen macht mir ungeheure Freude. Jetzt gibt er mir die Fernbedienung und langsam taste ich mich an das Fahrverhalten des 2 PS starken Buggy ran. Ehe ich mich versehe, landet der Wagen auf dem Dach. Es ist deutlich leichter ein echtes Auto zu fahren als mit der kleinen Rakete. Mit viel Mühe und Halbgas entwickle ich allmählich Gefühl für Lenkung und Bremse. Ein erster, kleiner Sprung endet kläglich in einer Hecke. Hochkonzentriert lenke ich den Wagen durch tiefe Schlaglöcher, versuche schneller zu fahren, spektakulärer zu werden und bin froh, als der Sprit zur Neige geht – mit dicker Staubschicht auf Kopf und Kragen ging meine Konzentration zur Neige. Steve Kenesei bewertet meine Fahrkünste: «Für den Anfang nicht schlecht, aber es bedarf noch jeder Menge Übung bis zum ersten guten Sprung. Fahren, fahren, fahren heißt die Devise.» Ich denke, das werde ich tun – schon bei der nächstbesten Gelegenheit.