Während sich unsere Autos und ihre «Antriebs-Aggregate» in den letzten 20 Jahren deutlich sichtbar verändert haben, ist das Öl, zumindest rein äußerlich, gleich geblieben. In der Regel goldgelb kommt es aus bunten Dosen mit vielen technischen Angaben. Dabei geben sie «mehr als einen Hinweis», dass sich gerade bei den inneren Werten des Öls viel getan hat und sie oft der Motorentwicklung weit voraus sind. Diese weisen gegenüber herkömmlichen Raffinaten folgende Vorteile auf:
- sehr hoher Viskositätsindex
- geringerer Verdampfungsverlust
- sehr gutes Tieftemperatur-Verhalten
Das Motorenöl, so wie man es heute kennt, beruht auf der Vakuum-Destillation.In der Raffination werden den Vakuum-Destillaten unerwünschte Bestandteile entzogen oder umgeformt. Hochkomplexe Verfahrensschritte folgen, in denen genau definierte Molekülstrukturen zusammengesetzt werden, Fachleute nennen das «synthetisiert».
Außerdem werden Additive (Wirkstoffe) zugefügt. Damit werden zum einen Eigenschaften erreicht, die schmierungstechnisch erforderlich, aber im Grundöl nicht vorhanden sind. Zum anderen werden positive Merkmale verstärkt bzw. unerwünschte unterdrückt. Ganz besonders wichtig sind die Alterungsschutz-Additive. Auch das beste und hochwertigste Schmieröl neigt durch Wärme und Sauerstoff zur Oxidation (Alterung). Anfangs geht dieser Prozess sehr langsam vonstatten. Sind die im Öl enthaltenen Schutzstoffe aber erstmal aufgebrochen, erhöht sich die Oxidationsgeschwindigkeit wie bei einer Kettenreaktion. Begünstigt wird dieser Prozess durch Spuren von Metall, beispielsweise durch Oberflächenabrieb von Zylinderlaufbahn und Kolben. Deshalb sind diese Additive – vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren auf bis zu 30.000 Kilometer verlängerten Ölwechsel-Intervalle – ganz besonders wichtig und entsprechend hochwertig.
Weniger bekannt sind dagegen die Zusätze, die beim Verbrennungsprozess entstehenden Nebenprodukte, wie unverbrannte Kraftstoffreste, Ruß, Stickoxide und Wasser in den Griff bekommen. Fachlich nennt man sie Detergent-/Dispergent-Additive. Sieumhüllen nicht nur diese Partikel, sondern halten sie auch in der Schwebe, damit sie sich nicht als Schlamm, beispielsweise in der Ölwanne, ablagern.
Weiterhin enthalten moderne Spitzenöle:
- Korrosions- und Rostschutzadditive, wichtig im Alltagsverkehr
- Extreme Pressure-/Antiwear-(EP/AW)-Additive, die auf Gleitflächen besonders dünne Schichten aufbauen
- Reibwertveränderer (Leichtlauf-Effekt)
- VI-(Viskositäts)Verbesserer; sie wirken im kalten Zustand wenig, im heißen Zustand stark viskositätshemmend.
- Pourpoint-Erniedriger; senkt die Temperatur, bei der Öl gerade noch fließt
- Antischaum-Wirkstoffe, denn das Öl wird durch Kurbelwelle, Pleuel, Zahnräder usw. mit Luft durchmischt. Von der Ölpumpe angesaugter Schaum könnte aber zum Versagen des Schmiersystems führen.
High-Tech-Öl bietet die Gewähr, dass die Leistung der modernen Benzin- oder Diesel-Motoren, mit oder ohne Turbolader, möglichst reibungsfrei via Getriebe auf die Straße kommen kann.
Kühlen der höchstbelasteten Lager in den Aggregaten ist eine vielfach unterbewertete «Aufgabe» des Öls.
Aus besonderen Düsen wird deshalb von unten, an den beispielsweise thermisch hoch belasteten Kolbenboden, zusätzlich Motoröl gespritzt. Damit wird eine enorme Kühlwirkung erreicht. Außerdem wird Wärme vom Kolben über die Kolbenringe und den dazwischen abdichtenden Schmierfilm sowie durch das im Kurbelgehäuse umherspritzende Motoröl, via Ölkühler wieder auf ein normales Temperatur-Niveau gebracht.
Öl hat also mehr als nur eine «Bestimmung» im Motor, bloß sind diese allgemein wenig bekannt. Wären sie es, würden viel mehr Autofahrer/innen diesem High-Tech-Stoff mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen, der außerordentlich zum problemlosen Alltagsbetrieb unserer Autos nicht nur beiträgt, sondern inzwischen auch allgemein erwartet wird.
Damit dies auch künftig so bleibt, stecken die großen Hersteller viel Geld in Forschung, Entwicklung und Test ihrer Produkte. Vielfach engagieren sie sich im Motorsport. Hier ist es, grundsätzlich betrachtet, möglich, innerhalb von Monatsfrist zwei Entwicklungsstufen zu erproben, womit der Einsatz neuer Technologien, der in Großserien nur mit sehr großem Aufwand möglich ist, ungemein beschleunigt wird. Die im Motorsport benötigten geringen Mengen können quasi unter Laborbedingungen hergestellt werden. Eventuelle Schritte in die falsche Richtung werden sofort erkannt, sodass in Raffinerien teuer kommmende Fehlentwicklungen vermieden werden können. Hintergrund für diesen Weg sind die ausgesprochen hohen wie harten Anforderungen an das Motorenöl durch die Hochleistungsmotoren im Motorsport.
Selbstverständlich hat nicht jeder Autofahrer die Ansprüche, die im Motorsport an das Produkt gestellt werden. Aber der entscheidende Vorteil für den Autofahrer besteht in der größtmöglichen Sicherheit, dass sein Motor selbst unter härtesten Bedingungen – sei es extreme Kälte oder Hitze, Fahren mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn oder beim zunehmenden Stop-and-go-Verkehr – über den bestmöglichen Schutz verfügt.