Jede der drei Sattelzugmaschinen wird unter die Lupe genommen. Plomben und Siegel stellen sicher, dass «eine externe Zuführung von Kraftstoff» nicht unentdeckt bleiben könnte. Auch eine Fahrt mit reduziertem Ballast würde auffliegen: Die Heckportale der Kofferauflieger werden ebenso verplombt wie die Sattelkupplungen und natürlich alle Tanks.
Die Jungs am Steuer sind Berufskraftfahrer, keine Mercedes-Testpiloten. Sie fahren unter Alltagsbedingungen und zumindest phasenweise unter widrigen Wetterbedingungen. Sie sind gehalten, ausschließlich ihre Fahrzeuge den harten Job des sparsamen Fahrens machen zu lassen. Heißt: Tricks von Eco-Trainern sind tabu. Alle drei Sattelzugmaschinen werden generell mit dem Vortriebs- und Bremstempomat dirigiert. Den passenden Übersetzungswechsel in den durchweg serienmäßigen Power‑shift-Getrieben überlassen sie dem Automatik-Schaltprogramm. Vergleichsfahrzeug des Trios ist das Vorgängermodell des aktuellen Actros, ein 1844 LS Euro V im Nardo-Trimm, jedoch mit Standard-Auflieger. Er hat 2008 im italienischen Nardo einen Guinness-World-Records-Eintrag als verbrauchsgünstigster Serien-Lkw der Welt errungen. Er verbraucht auf der Polen-Tour im Schnitt 27,13 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Doch seine modernen Brüder können es besser. Der neue Actros 1845 Euro V mit einer Reduktion um 7,6 Prozent, der Actros 1845 Euro VI um 4,5 Prozent.
Dieser Fahrversuch ist nicht der Einzige in der Lkw-Branche. Auch MAN startete 2011 eine sogenannte Consistently-Efficient-Tour mit zwei TGX EfficientLine Sattelzugmaschinen samt Auflieger. Nach 11.500 Kilometern quer durch Spanien stand der Durchschnittsverbrauch mit 29,6 und 29,9 Liter Diesel je 100 Kilometer fest.
Wer ist umweltfreundlicher, Bahn oder Lkw? Die Gewichtung scheint sich aufgrund der aktuellen Daten zu verschieben. So hat der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) Ende letzten Jahres die Ökobilanzen von Lkw versus Bahn gegenüber gestellt.
Mit der Studie beauftragt war PE International. Die Beratungsfirma aus Echterdingen bei Stuttgart untersuchte dazu die Verbrauchsdaten der Bahn und verglich diese mit denen der Lkw von VDA-Mitgliedern. Betrachtet wurde die komplette Ökobilanz konkreter Transportaufgaben wie Schüttgut, Stückgut oder Containertransport. Einbezogen wurde dabei der Fahrbetrieb inklusive Bereitstellung der eingesetzten Energie, also vom Bohrloch bis zum Auspuff und von der Mine bis zum Stromabnehmer.
Beispiel Containertransport: Betrachtet man lange Züge (mehr als 20 beladene Wagen), zeigt die Bahn gegenüber dem Lkw die niedrigeren Treibhausgas-Emissionen (THG). Wohingegen im Vergleich mit kurzen Zügen (weniger als zehn beladene Wagen), die etwa aus Produktionsgründen erforderlich sind, der Lkw besser abschneidet und der Bahn vorzuziehen ist. Berücksichtigt man zusätzlich einen Anteil an Leerwagen und Vor- und Nachlaufstrecken des Zuges, verschiebt sich das Ergebnis weiter zugunsten des Lkw. «Mit der Studie zeigen wir auf, dass im Güterverkehr kein Verkehrsträger per se ökologisch besser ist. Es kommt auf den Einzelfall an», so Dr. Michael Faltenbacher und Dr. Michael Spielmann, Projektmanager bei PE International und Autoren der Studie.
Die Gründe, weshalb die Bahn in früheren Untersuchungen im Vergleich zum Lkw immer so uneinholbar gut abschnitt, sind inzwischen offensichtlich. Es wurde der Durchschnittsverbrauch der Lkw mit 40 und später mit 37 Liter auf 100 Kilometer angesetzt. PE International legte indes 30 Liter zugrunde – durchaus realistisch, wie die aktuellen Verbrauchsfahrten zeigen.
Es könnte sogar sein, dass der Lkw noch weiter aufholt, denn bisher dürfen Lkw in Deutschland maximal 18,75 Meter lang und 40 Tonnen schwer sein. Die sogenannten Gigaliner sollen dagegen bis zu 25,25 Meter messen und 44 Tonnen wiegen dürfen. Ihr Einsatz ist in Deutschland umstritten, in Finnland und Schweden fahren sie schon lange. In den Niederlanden sind sie nach einem erfolgreich verlaufenen Großversuch inzwischen zugelassen. Auch Tests der deutschen Bundesländer belegen, dass Gigaliner nicht an Kreisverkehren hängen bleiben, sie erhöhen nicht die Unfallzahlen und sie sparen Kraftstoff, da sie bei rund 25 Prozent höherem Verbrauch 50 Prozent mehr Ladung transportieren.
Ob Bahn oder Lkw, sicher ist, dass der Güterverkehr in Deutschland weiter ansteigt. Und auf die Frage, wie dieser Zuwachs zu verkraften sei, antwortet Michael Faltenbacher: «Das geht nur mit Effizienzsteigerung aller Verkehrsträger. Dazu gehört auch ein gezielter Ausbau der Verkehrswege. Das gibt es nicht ohne Auswirkungen auf die Umwelt, die von der Gesellschaft zu tragen sind. Als Stellgröße bleibt jedem Einzelnen das eigene Konsumverhalten, dessen Einfluss nicht zu unterschätzen ist.»