10 Jahre Initiative „Staufreies Hessen“


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Seit zehn Jahren gibt es die Initiative „Staufreies Hessen“. Ihre Erfolge können sich sehen lassen und werden auch anderswo mit Interesse beobachtet.

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„Wir danken für Ihr Verständnis“ – diesen Spruch auf Autobahn-Baustellenschildern findet Gerd Riegelhuth ziemlich daneben. Da quälen sich Tausende von Autofahrern durch eine enge Baustelle, um am Ende genervt eine solche Phrase zu lesen. Ich habe überhaupt kein Verständnis, möchte man darauf antworten. „Wir stellen das Schild nicht auf“, sagt der Projektleiter von „Staufreies Hessen“ denn auch mit Nachdruck. Die Projektgruppe beschäftigt sich lieber damit, das Problem (Stau) zu lösen, als das Symptom (Frust) zu dämpfen.

Seit gut zehn Jahren gibt es die Initiative „Staufreies Hessen“, und ihre Arbeit zeigt großen Erfolg. Als die Verkehrsexperten die Arbeit im Jahr 2003 aufnahmen, gab es 88.000 Staustunden pro Jahr. Heute ist trotz gestiegenen Verkehrsaufkommens die Zahl auf 16.000 Stunden im Jahr gesunken. „Wir sind weit über Soll“, sagt Riegelhuth. Die Initiative „Staufreies Hessen“ hat einige wenige, aber radikale Veränderungen auf Autobahnen eingeführt.

Am meisten bewirkte die temporäre Seitenstreifenfreigabe: Einige Autobahnabschnitte wurden so präpariert, dass der Seitenstreifen bei Bedarf mitbenutzt werden kann. Bei einer zweispurigen Autobahn steigt dann die Kapazität um 30 Prozent. Auf den Verkehrsbrücken sind Kameras montiert, die auch den Seitenstreifen beobachten. Steht dort kein defektes Fahrzeug, wird über die Verkehrsbeeinflussungsanlage der Standstreifen freigegeben. 80 von 2.000 Richtungskilometern in Hessen sind bisher nutzbar, geplant sind insgesamt 300 Kilometer. Die Steuerung geschieht von Menschenhand: Das System erkennt einen Stau, die Freischaltung übernimmt einer der 50 Mitarbeiter der Verkehrsleitzentrale. „Wir haben eine eigene Philosophie bei der Steuerung“, sagt der Projektleiter. Die Freigabe erfolgt erst kurz vor völligem Stillstand, umgekehrt wird die zusätzliche Spur auch relativ schnell wieder dicht gemacht, bevor das Tempo auf der Autobahn wieder steigt. So vermeiden die Regulatoren Unfälle, die durch Einfädeln bei hohen Temposchwankungen fast zwangsläufig entstehen würden.

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Eine weitere Maßnahme gegen Staus ist die Baustellenplanung. In Hessen erhalten Baustellen „Slots“, ähnlich wie Startgenehmigungen für Flugzeuge auf einem Flughafen. Die Grundregel: Eine Baustelle darf nur dann eingerichtet werden, wenn die prognostizierte Verkehrslage keine Stausituation erkennen lässt. Der Auf- und Abbau von Baustellen erfolgt stets außerhalb von Verkehrsspitzen, mitunter sogar nachts. Auch die Tagesbaustellen, für viele Pendler ein Ärgernis, weil dabei oft ganze Fahrstreifen entfallen, werden über das Slot-Management geplant. Damit wird nur in den Zeitfenstern gearbeitet, in denen kein Stau prognostiziert wird. Reparaturarbeiten auf hoch belasteten Autobahnen verlagern sich dadurch auch in die Abend- und Nachtstunden.

Ein weiterer Schritt in Richtung intelligente Verkehrsplanung sind Kooperative Systeme, also die elektronische Vernetzung. Beispielhaft war das Projekt DIANA: Dahinter verbirgt sich die Abkürzung für „Dynamic Information and Navigation Assistance“. In diesem Pilotprojekt wurde erprobt, wie Verkehrsteilnehmer vor Tagesbaustellen gewarnt werden können. Dazu wurden die per GPS georteten Positionen von hessischen Tagesbaustellen in Fahrzeuge übertragen, um sie in die vorhandenen Navigationssysteme zu integrieren. 280 Fahrzeuge wurden mit Sende- bzw. Empfangstechnik ausgerüstet, darunter die Blitzanhänger der Autobahnmeistereien. Waren sie an Tagesbaustellen eingesetzt, erhielt die Verkehrsleitzentrale Informationen per Funk, außerdem über WLAN – falls technisch möglich – auch die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer. In naher Zukunft kann ein Auto die nachfolgenden vor brenzligen Situationen warnen; Car2car- communication wird das genannt.

Doch auch für das Zeitmanagement der Autofahrer wurde etwas getan: Auf den Warnungstafeln der Leitzentrale entlang der hessischen Autobahnen stehen seit einiger Zeit Reisezeitangaben. „Man kann mehr mit der Information anfangen, wie viele Minuten es noch bis zur nächsten Stadt sind, als mit der Staulänge in Kilometern“, sagt Gerd Riegelhuth. Die Informationen sind auch im Internet als Reisezeitservice abrufbar.

Das Projekt ist nicht abgeschlossen, wird es wohl auch niemals sein. „80 Prozent der Möglichkeiten zur Stauvermeidung sind ausgeschöpft, die letzten 20 Prozent werden natürlich aufwendiger“, sagt Riegelhuth. „Staufrei ist natürlich nur ein Schlagwort, aber es kann ja nicht schaden, sich hohe Maßstäbe zu setzen.“

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