Warum Fahrradverbände für alkoholisierte Radfahrer gleiche Promillewerte wie für Autofahrer fordern
Aber: Keine Bange, ist ja nicht so schlimm! Ein paar Bierchen oder das eine oder andere Viertele machen doch einem geübten Pedaleur nichts aus! Oder vielleicht doch? – Ganz gewaltig sogar. Denn Radfahren im angetrunkenen Zustand ist weit mehr als nur ein Kavaliersdelikt und kann weitreichende Konsequenzen haben. Wie bei einem Presseseminar des Deutschen Verkehrssicherheitsrates wieder einmal deutlich wurde.
Autofahrer wissen genau, wann für sie Schluss ist. Ab 0,5 Promille Blutalkoholgehalt darf man sich nicht mehr ans Steuer setzen, kann es zu einem Bußgeld bis zu 500 Euro kommen. Und auf zwei Rädern, wie sieht es da aus? Komischerweise dürfen Radfahrer von Gesetzes wegen viel mehr trinken als Autofahrer. Während man hinter dem Steuer ab einem Wert von 1,1 Promille als absolut fahruntüchtig gilt, dürfen Radfahrer noch das eine oder andere Glas konsumieren. Sie gelten nämlich erst ab einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille als „absolut fahruntüchtig. Ist das gerechtfertigt?
Nein, sagt Roland Huhn, Referent für Rechtsfragen beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) auf der betreffenden DVR-Veranstaltung. Nicht nur der ADFC fordert mit Vehemenz, dass sich da etwas ändern muss; dass Autofahrer und Radfahrer rechtlich gleichgestellt werden sollen. Auch für sie müsse es einen zusätzlichen Gefahrengrenzwert von 1,1 Promille als Referenzwert für ein Bußgeld geben, der Eingang in das Straßenverkehrsgesetz findet. Auch Radler könnten sich schon ab 0,3 Promille wegen relativer Fahrunsicherheit strafbar machen, falls ein Fahrfehler ermittelt wird, der auf den übermäßigen Genuss von Hochprozentigem zurückgeht. Allerdings: Dieser Nachweis ist nur sehr schwer zu führen.
Zudem wird der sogenannte Höchstwert oft falsch interpretiert. Man macht sich im Sattel auch schon ab 1,6 Promille strafbar, ohne dass dabei eine sogenannte „alkoholbedingte Fahrunsicherheit“ mit im Spiel ist. Selbst geübte Trinker oder Radler, beides zusammen übrigens eine sehr seltene Konstellation, könnten dann das Velo nicht mehr kontrolliert steuern, sagt Huhn.
Radfahren im angetrunkenen Zustand ist weit mehr als nur ein Kavaliersdelikt
Radfahren werde bereits ab 1,0 Promille unberechenbarer und damit gefährlicher für die Person am Lenker, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer. Von den alkoholisierten Radfahrern verunglückten etwa 85 Prozent mit 1,1 Promille und mehr. In der Regel ist es der Betroffene selbst, der unter der Alkoholfahrt zu leiden hat. Weil der Radfahrer sozusagen seine „eigene Knautschzone“ sei, und er bei Stürzen demzufolge oft auf das Gesicht falle, entstünden vor allem in diesen Körperregionen immer wieder schwerwiegende Verletzungen.
Die geforderte niedrigere Promille-Grenze für Radfahrer soll dem jetzt einen Riegel vorschieben. Damit es auch nach ein paar Gläsern Apfelschorle genau so unbeschwert und fröhlich wie nach einigen Weizenbier heißen kann: „Ja mir san mit ‘m Radl da.“