35 Jahre später wissen wir: Das, was ich unbedingt hören musste, war nur der Auftakt einer fulminanten Solo-Karriere. (Seine Rolle als Genesis-Frontmann nahm er, zumindest zeitweise, parallel wahr). An den Tipp unseres Klassen-Genies in Mathe dachte ich in den Jahren immer wieder (der Mann ist heute Mathematiklehrer).
Eben „In The Air Tonight“, das erst richtig laut seine volle Kraft entfaltet, ohne damit zum akustischen Waterboarding zu werden. Aber auch seine sanften Songs haben ihren Charme. „All Of My Life“ etwa, darüber, dass man manchmal weniger grübeln sollte, aber öfter sagen, was man denkt. (Und vorher was gedacht haben, um den Autor und Übersetzer Harry Rowohlt zu zitieren). Auch brisante politische Inhalte hat er nicht gescheut, wenn es ihm wichtig war, etwa in „We Wait And We Wonder“.
Und während singende Schauspieler oft genauso krachend scheitern wie schauspielende Sänger, gelang Phil Collins ganz einfach beides. Unvergessen, wie er in „Buster“ 1988 den Posträuber Buster Edwards verkörperte.
2016 ist nicht nur der 35. Geburtstag des Debütalbums „Face Value“. Am 30. Januar ist er 65 Jahre geworden.
Den Rückzug aus dem Geschäft hat Phil Collins immer mal angekündigt. Und doch nie durchgehalten.
2016 will er seine Studioalben nach und nach neu herausbringen, in verbesserter Klangqualität und mit bisher unveröffentlichtem Material. Er wünscht sich, dass die Entstehung seiner Songs dadurch gut nachvollziehbar wird.
Damit tritt er einem vermutlich nicht totzukriegenden Mythos entgegen, dass die Kreativen ihre Zeit mit Faulenzen verbringen, und wenn die Inspiration sie dann überkommt, fangen sie sie ein und können gut davon leben.
Übrigens: Phil Collins wirkt immer noch wie der nette Typ von nebenan, dem man problemlos den Wohnungsschlüssel gibt. Auf dass er die Blumen gießt, während man selbst anderswo urlaubt. Und zum Dank geht man anschließend zusammen einen trinken. Auch diese sympathische Ausstrahlung mag ein Teil seines Erfolges sein.
Happy Birthday, Mr. Collins! Und das zweifach.