Unterwegs in Oxford


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Oxford – wie das schon klingt. Nach Wissen, Größe, Macht! Dabei fing alles so bescheiden an, blickt man auf den Ochsen vis-à-vis vom Bahnhof. Ja, ein Ochse, kein Bulle, der dem DAX gefährlich würde, er erinnert an die Ochsenfurt, um die sich schon zur Sachsenzeit eine Siedlung bildete.

Die Stadt ist schön. Wirklich, die Begeisterung des Dichters John Keats, der einst meinte, Oxford sei „die schönste Stadt der Welt“ offenbart sich schon beim ziellosen Bummeln.

Das Auge fällt auf neogotische Fenster, erhebt sich zu Kuppeln und Turmspitzen. Die Eingänge und Torbögen der altehrwürdigen Colleges locken einen in ein fantastisch-literarisches Reich, das von J.R.R. Tolkiens
und J.K. Rowlings Geschöpfen bevölkert wird. Zu bestimmten Zeiten und für ein entsprechendes Entgelt öffnen sie sich dem Reisenden. Während der Sommermonate kann man hier sogar Zimmer mieten.


In der Tourismusinfo verweist man mich auf zahllose Museen und Ausstellungen, den Botanischen Garten und all die architektonischen Kunstwerke, Oxford sei schließlich mehr als eine begehbare Universität. Eigentlich möchte ich mich treiben lassen, die Atmosphäre, das Englische dieser so englischen Stadt genießen. Mein Blick fällt auf eine Regalecke mit vertrauten Gesichtern: Detectiv Chief Inspector Barnaby und sein Assistent. Beide ermitteln in der beliebten englischen Krimiserie „Midsomer Murders“, die im deutschen TV als „Inspektor Barnaby“ bekannt ist. Die freundliche Dame im Tourismusbüro greift das Thema auf und erzählt, dass die Drehorte des fiktiven Midsomer Country bevorzugt in Buckinghamshire und Oxfordshire lägen. Es sei ein echter Reiseführer für Krimifans. Um auf den Spuren des in Oxford ermittelnden TV-Inspectors Lewis zu wandeln, empfehle sie die zugrundeliegenden Kriminalromane von Colin Dexter. Der habe lange an einem Oxforder College gearbeitet. Dexter habe ich noch nicht gelesen, Lewis kenne ich natürlich.

Jetzt schlendere ich die High Street entlang. Obwohl es Sonntag ist, öffnen die Geschäfte und Leute verlassen die Läden mit großen Tüten. Im Bücherladen drängeln sie sich regelrecht. Ob das am gelehrten Image der Stadt liegt? Die Cafés sind gut besucht und immer noch wird English Breakfast serviert. Es ist fast Mittag. Kurzerhand entscheide ich mich, diesem Beispiel zu folgen. Dazu Tee, genauer Earl Grey, wenn auch der Namensgeber an der Universität Cambridge, der großen Konkurrentin, studierte. Köstlich.
Das englische Lebensgefühl beginnt zu wirken

Gestärkt setze ich meinen Weg fort und stehe schließlich vor dem markanten, aus dem 18. Jahrhundert stammenden Rundbau der Radcliffe Camera, einem Lesesaal der Bodleian-Bibliothek. Beeindruckend. Vor dem Eingang wird eifrig fotografiert. Man beachte, es ist ein Büchertempel! Gleich gegenüber liegt die Universitätskirche oder St. Mary the Virgin. Auch hier sind die Tische und Bänke des Kirchencafés links vom Eingang fast voll besetzt. Ein Blick ins Innere des Cafés mit seinen grauen dicken Mauern und dem herrlichen Gewölbe erinnert an die Kulisse für einen Historienfilm.

Ich trete ehrfürchtig in die Kirche ein. Etliche Besucher kaufen Tickets für den Turm, an ihnen vorbei gehen Frauen und Männer mit Instrumenten. Im Langhaus summen Stimmen, werden Instrumente gestimmt, ein Chorleiter oder Dirigent begrüßt, berät, sortiert die Plätze. Ringsumher schleichen wir Beobachter, blicken uns konspirativ an. Niemand von den Künstlern beachtet uns, sie sind ganz in ihre Vorbereitungen versunken. Dann beginnen sie. Offensichtlich eine Konzertprobe. Dieses lebendige Kunstwerk der Musik steigert die Schönheit des Kirchenraumes ins Erhabene. Mancher Betrachter setzt sich in eine Kirchenbank, wartet, was geschieht. Ich geselle mich dazu, lausche und vergesse die Zeit. Draußen wartet Oxford, hier die Unendlichkeit.

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