Oft geht es glimpflich aus, kommen die Vollgas-Idioten in der Innenstadt mit zerdeppertem Blech davon, bis sie ihren Adrenalinpegel wieder auf ein Normalmaß zurückgefahren haben. Leider aber sind in immer mehr Fällen verletzte Personen, ja sogar Todesopfer zu beklagen. Und das nur, weil ein paar völlig fehlgeleitete Automobilisten ihre vor Leistung strotzenden Fahrzeuge als Waffe benutzen. Eine Anklage wegen Mordes in einem solchen Fall hatte zu Beginn des Jahres für Aufsehen gesorgt. Wie aber kommt man auf die hirnrissige Idee, mitten in Häuserschluchten mit aberwitzigem Autobahn-Tempo ohne jede Rücksicht über den Asphalt zu preschen? Wird man als Raser geboren oder wächst man als Produkt seiner Umwelt in eine solche Gedankenwelt hinein, die sich letzten Endes als reine Zerstörungswut offenbart?
„Raser schon mit 14“ lautete deshalb vor diesem Hintergrund das Referat von Heinz-Albert Stumpen von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster auf dem Presseseminar des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. Es ging um die Ergebnisse eine Langzeitstudie mit dem sperrigen Namen „Längsschnittliche Analyse der Wege in die Automobilität“, kurz LAWIDA genannt. Was sich beim ersten hinhören als „furztrockener“ Stoff offenbart, ist ein aus der Sicht des Verkehrspsychologen ungemein interessanter Hintergrund. Er bietet eine Reihe von Ansatzmöglichkeiten in der Prävention, um solche sinnlosen Rennen in unseren Innenstädten künftig zu reduzieren. Die Untersuchung mit dem Titel „Raser schon mit 14“ hatte sich das Ziel gesetzt, anhand einer ausgewählten Stichprobe von 14- bis 16-jährigen den Zeitpunkt herauszufinden, ab dem sich bei Heranwachsenden die ersten Verhaltensmuster für ihr späteres Verhalten im Individualverkehr heranbilden.
Als Ergebnis, so der Referent, habe sich gezeigt, dass sich Verkehrs- und Fahrzeugbezogene Einstellungen bereits lange vor dem sogenannten „Eintritt in die Mobilität“, also vor dem ersten Fahrrad, dem ersten Moped oder gar dem ersten Auto herausbilden. Dabei sei das chronologische Alter kaum geeignet, unterschiedliche Ausprägungen des Risikos zum späteren Verhalten zu erklären. So gäbe es etwa eine Gruppe von Jugendlichen, die in besagtem Alter „stabil“ seien und über alle Zeiträume hinweg das gleiche Risikopotenzial aufwiesen, um später zu einem rücksichtslosen „Urban racing“-Fanatiker zu werden. Außerdem gäbe es noch eine Gruppe, die sich mit ihren Einstellungen und Werten noch in der Entwicklung befände. Um das Verhalten von potenziellen Verkehrsrowdies maßgeblich zu beeinflussen, reiche es nicht, auf die Jugendlichen erst dann einzuwirken, wenn sie sich mit dem Erwerb des eigenen Führerscheins beschäftigen.
Wer schon als Kind im Verkehrs-Kindergarten die übrigen „Dreikäse-Hochs“ mit dem Tretroller oder dem Dreirad umgefahren habe, der sei auch ein „Kandidat“, um diese in ihm schlummernden Neigungen später so auszuleben, dass er ein potenzieller Mörder auf vier Rädern wird.