Ihre jüngste CD heißt schlicht »Yol«, zu deutsch: der Weg. Und der Weg von Altın Gün führte die in Amsterdam gegründete Band mit türkischen Wurzeln bereits zu einer Grammy-Nominierung. Die gab es für die zweite CD »Gece«, nachdem das Debüt »On« immerhin ein Achtungserfolg war. Nun ist der »Gece«-Nachfolger erschienen, produziert unter den Bedingungen, die – wieder einmal – die Pandemie diktierte. Heißt: Nur ein Teil der Songs konnte klassisch im Studio eingespielt werden, ansonsten hieß es, Demoversionen übers Internet hin und her zu schicken. Sängerin Merve Dasdemir schreibt aber genau dieser Entstehung eine besondere Wirkung des Albums auf die Hörer*innen zu.
Folklore für den Dancefloor – der Eindruck entsteht beim spontanen Hören und setzt sich später auf Dauer fest. Tatsächlich klingen die 80er mit ihren Top-Bands wie Erasure und den Communards bei Titeln wie »Arda Boylari«, »Kara Toprak« und »Sevda Olmasaydi« unverkennbar durch. Dazu passt der Einsatz des Omnichords, das, von Suzukis Musiksparte produziert, überhaupt erst 1981 auf den Markt kam. Elektronische Instrumente so einsetzen, dass sie überhaupt nicht synthetisch-unterkühlt klingen – dafür ist die Orientierung an türkischer, insbesondere an anatolischer Folklore, als Basis ideal. Wie demokratisch die Band strukturiert ist, zeigt sich an »Esmerim Güzelim«, dem abschließenden Song. Der erinnert den Band-Bassisten und -Mitgründer Jasper Verhulst an einen Musiklehrer, der in einem türkischen Kindergarten Musik unterrichtet. Das ist so gar nicht band-typisch, sagt Verhulst selbst. Und »Esmerim Güzelim« kam genau deshalb mit auf die Tracklist. Ein bestimmter Sound darf ein Album dominieren, aber nicht zur Masche werden. Etwas Abwechslung ist willkommen.
Außer Jasper Verhulst und Merve Dasdemir gehören noch Denzel Sprenkeling, Daniel Smienk, Erdinç Ecevit Yıldız und Gino Groeneveld zu Altın Gün. Verhulst sagt über sich, dass er sich für türkischen Folk einfach schon früh beim bloßen Hören begeisterte, ohne die Sprache auch nur rudimentär zu beherrschen. Beim Hören blieb es nicht. Als Musiker kombiniert Verhulst das, was ihn selbst begeistert, mit ganz konträren Elementen. Heraus kommt Musik, die gute Laune macht. Und die passt bestens zum Bandnamen, der übersetzt ganz einfach heißt: Goldener Tag.
Fotos Rona Lane, Sanja Marusic
Discographie
On (2018; Bongo Joe)
Gece (2019; Glitterbeat Records)
Yol (2021; Glitterbeat Records)