23. Juni 1990. Die Auto Vision öffnete ihre Tore für das Publikum. Eine Woche lang durften Privatleute die ausgestellten chromglitzernden Autos bestaunen und sogar anfassen. Eine völlig neue Erfahrung für die DDR-Bewohner, denn die Mauer war erst seit dem 9. November 1989 geöffnet. Natürlich gab es in den neuen Bundesländern jede Menge Auto-Enthusiasten, aber die durften von ihrer Leidenschaft zu Autos nur träumen. Und jetzt gab es sogar eine Messe für all ihre automobilen Träume, die Objekte ihrer Begierde. Nicht zu fassen.
Damals schon gab es am Vortag der Publikumseröffnung einen Pressetag. Nun stelle man sich das aber mal nicht so komfortabel vor wie es heute ist. Weit gefehlt.
Im Pressezentrum 1990 standen ganze fünf Schreibmaschinen. Okay, der Ansturm von Journalisten war noch nicht sooo groß, aber immerhin: Sie hatten einen eigenen Arbeitsraum. Dort standen die Schreibmaschinen, auf fünf Tischen. Links auf den Tischen jeweils ein Stapel weißer Blätter und rechts daneben ein Stapel Durchschlagpapier oder Pauspapier, wie immer man es nennen mochte. So konnte man also seinen Bericht tippen und hatte gleich fünf oder sechs Durchschläge. Wahnsinn!
Für ganz besonders wissbegierige oder fleißige Journalisten standen dort sogar auch zwei Telex-Geräte. Telex. Jawohl, das war der Vor-Vor-Gänger von Telefax. Man schrieb seinen Text auf Lochstreifen, und dieser Lochstreifen wurde dann unter unendlich lautem Gerappel rausgeschickt, an eine Telex-Nummer des Empfängers. Dieser Lochstreifen hatte natürlich auch etwas Positives: Wenn man sich vertippt hatte, drückte man einfach die Retourtaste – und schon war der Fehler durch Leerfelder ausgemerzt. Gottlob hatte ich damals schon Erfahrung gehabt mit diesen Teufelsgeräten.
Nix mit E-Mail, Smartphone, Notebook oder Tablet. Ja, so war es wirklich. Und das ist gerade mal 26 Jahre her…
Leipzigs Hotellerie war natürlich so kurz nach der Maueröffnung auch noch nicht das, was sie heute ist: Voll von Luxushotels und Dependancen von namhaften Hotelketten. Die Hotels hießen „Interhotel der DDR“ und durften nur von ausländischen Besuchern gebucht werden.
Ich wohnte damals im „Hotel Deutschland“ auf dem Augustinerplatz. Das Hotel hat eine wahrlich wechselhafte Geschichte hinter sich. Heute ist es das Radisson Blu Hotel.
Aber eins ist geblieben – damals wie heute: Das doppelte „M“ symbolisierte schon immer die Leipziger Messe. Genau gesagt seit 1917. Übrigens ist das Wahrzeichen seit 1956 international geschützt.
Dieses doppelte „M“ leuchtet einem schon von weitem entgegen, wenn man heute über die A 14 auf das Messegelände kommt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie es 1995 vom VDIK auf den Turm des damals noch im Bau befindlichen neuen Messegeländes gehievt wurde. Die Mitglieder des VDIK verfolgten andächtig diese Aktion auf dem matschigen Baugelände – in sicherer Entfernung und in Gummistiefeln.