Es war ein beklagenswertes Bild auf dem Dachbodens des alten Schuppens: Hier hing an Ketten an der Decke seit rund 30 Jahren ein Triumph-Motorrad und war langsam aber sicher vor sich hingerostet. Andreas Nickolaus aus Baden-Baden hat den Haufen Metall entdeckt und sich seiner angenommen. „Der Besitzer wollte sie eigentlich verschrotten“, erzählt der gelernte Zimmermann und Treppenbauer. Der 50-Jährige wusste nicht wirklich, auf was er sich da eingelassen hatte. Doch mit Hilfe eines Freundes, ungezählter Arbeitsstunden und viel Enthusiasmus erlebte das Fahrzeug in einem Zeitraum von viereinhalb Jahren seine Wiedergeburt. Heute ist die Maschine wie aus dem Ei gepellt, und ein Gutachten bescheinigt ihr einen Wert von 26.900 Euro. „Und das aus Schrott“, freut sich Nickolaus.
„Ohne den Freund,
durch den ich überhaupt erst zur Oldtimerei gekommen bin,
hätte dieses Projekt kein Ende gefunden.“
Anfangs wusste der Handwerker nicht einmal genau, was er sich da angelacht hatte. Erfahrung hatte er auch nicht! „Ich selbst hatte damals null Ahnung, was sich aber in den nächsten 4,5 Jahren ändern sollte“, räumt er ein und ist seinem Mitstreiter unendlich dankbar.
Die Recherche im Internet ließ ihn auf Peter Cornelius aus Neuseeland stoßen, Triumph-Guru für Vorkriegsmodelle. Anhand von Rahmen- und Motornummer identifizierte der den Blechklumpen als eine englische Triumph NSD550, gebaut im Mai 1930 als eine von rund 2.000 Stück in zwei Jahren. Mittels Teileliste und Werkstatthandbuch aus England ging’s an die komplette Zerlegung und Bestandsaufnahme. Das Ergebnis war erschreckend!
Hubzapfen und Kolben mussten nach Vorlage neu angefertigt werden. Die Zylinder wurden gebohrt und gehont. Die Kurbelwelle musste überholt und neu gelagert werden. Die Ventile waren noch brauchbar. Sie wurden überholt und erhielten neue Federn. Das Getriebe – zum Glück komplett – wurde in alle Einzelteile zerlegt, gründlich gereinigt, neu gelagert und wieder zusammengebaut. Keine Chance dagegen für die Kupplung: Die war hin. Diverse Teile fehlten oder mussten ersetzt werden – zum Beispiel die komplette Bremsanlage. Andreas Nickolaus wurde zum regelmäßigen Besucher von Oldtimer-Teilemärkten.
Dann ging’s ans Blech: Blechteile, Rahmen und Tank wurden sandgestrahlt, ausgebeult und grundiert. Die Felgen wurden neu eingespeicht. Verschiedene Karosserieteile wurden selbst angefertigt, darunter der Primärkastendeckel, der Kettenschutz und der Auspufftopf inklusive Krümmer. Die Lackierung vergab Nickolaus an einen Fachbetrieb.
Dann der finale Zusammenbau und der langersehnte „Kick Off“. Die Freude war riesig, denn das gute Stück sprang nach kurzer Zeit tatsächlich an. „Jetzt konnten wir uns an die Feineinstellung machen“, berichtet der Holztechniker von seinem viereinhalbjährigen Projekt im Bereich Metallbearbeitung. Die erste Probefahrt war allerdings nur kurz. Der Badener verlor das Antriebsritzel. Er fand es aber wieder und montierte es diesmal sicher. Seitdem ist die Triumph 3.500 Kilometer problemlos gelaufen – als wunderschöner Oldtimer, den Andreas Nickolaus vor der Schrottpresse gerettet hat.