Ein Beispiel ganz anderer Art, wie man auch als erfolgreiche Frau im Motorsport landen kann, ist Anja Gläsener aus Mettlach im Saarland. Im Jahr 2004 nahm sie als Spielführerin der DJK Trier vor Tausenden von Zuschauern in der Arena Trier die Trophäe als Deutsche Meisterin im Handball entgegen. Heute ist Anja als Physiotherapeutin «heilende Hand» bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft und im BMW X-Raid-Team von Sven Quandt.
Ihr erster Einsatz war für die Saarländerin auch gleichzeitig der Höhepunkt ihres bisherigen Motorsport-Lebens: Die Rallye Dakar. Außer zu ein paar Strafmandaten wegen allzu flotten Fahrens hat es aber noch nicht zu weiteren «Pokalen» für sie im Motorsport gereicht.
Zur Jahreswende 2010/2011 ging es dann im 80-köpfigen Team des hessischen Unternehmers Sven Quandt an den Rio de la Plata. Die «Mutter aller Wüstenrallys» wartete auf Anja Gläsener. Drei Wochen nichts als Arbeit für die Fahrzeug-Besatzungen. Hitze, Durst, Staub, Tausende von Kilometern auf endlosen Rüttelpassagen und ganz wenig Schlaf. Was ihr aber zunächst einmal gar nichts ausmachte. «Ich war so mit Adrenalin vollgepumpt wegen all der neuen Eindrücke, ich konnte sowieso nicht schlafen.»
Frühmorgens um vier Uhr wurde das Camp wach, in dem auch Anja mit ihrer Kollegin übernachtete. Immerhin gab es ein «Einzelzimmer.» Was in diesem Fall ein Zelt für eine Person bedeutete. Selbst auf- und abbauen inbegriffen. «Die Motorradfahrer sind die härtesten. Die mussten morgens als Erste raus.» Um fünf war auch für die «Physios» die Nacht zu Ende. Die Fahrerteams mussten versorgt werden mit Elektrolyt-Getränken für die langen Etappen durch Argentinien und Chile. Der französische Dakar-Sieger, Stéphane Peterhansel, Lebensgefährte der deutschen Rennamazone Andrea Mayer, ist zwar der Star im Team von BMW X-Raid, aber auch nur einer unter vielen Gleichgesinnten.
Neben den bekannten BMW X3 hatte Sven Quandt in diesem Jahr auch erstmals einen Mini bei der Rallye Dakar eingesetzt, der es der groß gewachsenen, drahtigen Anja besonders angetan hatte. «Der Mini war mein absoluter Liebling gewesen», sagt sie rückblickend über ihren ersten Einsatz gegen das ebenfalls professionell betreute Werksteam von Volkswagen. Dabei hatte sie Südamerika nicht gerade mit offenen Armen empfangen. «Am ersten Abend in Buenos Aires gingen wir noch etwas essen.
Es war kein Mensch im Lokal, aber nachher war meine Geldbörse weg. Muss der Kellner gewesen sein. Schöne Bescherung.»
Den Spaß und die Aufregung an der Wüstenrallye aber konnten der ehemaligen Handballerin auch derartige Erlebnisse nicht nehmen. «Wenn die Jungs abends ins Camp kamen, waren die todmüde und geschafft. Wir versorgten sie im Camp oder irgendwo wurden Hotelräume angemietet.»
Oft aber waren Anja und ihre Kollegin nicht nur als physische, sondern auch als psychische Therapeutin gefragt. Dann, wenn es mal wieder nicht so gut lief wie erwartet oder einfach ein langer, entbehrungsreicher Tag hinter einem der Fahrer lag. «Man musste sich einfach darauf einstellen. Der eine wollte quasseln und erzählen, der andere nur seine Ruhe haben.»
Mittlerweile hat es die Wüste der jungen Frau angetan. Ihren zweiten Einsatz in der Marathon-WM in Dubai hat sie bereits hinter sich. Und Sven Quandt hat schon mal vorsorglich angefragt für die Dakar 2012.
«Da könnte ich dann eigentlich gleich unten in Südamerika bleiben», meint die sportliche Weltenbummlerin lachend. Im Dezember nämlich finden in Brasilien die Handball-Weltmeisterschaften statt. Und auch dort sind die pflegenden Hände der «Wüstenblume» gefragt.