Gesundes Mißtrauen kann nie schaden. Erst recht nicht, wenn es um Geld geht. Und um Qualität. In China, der weltweiten Nummer eins der Produktpiraterie, zeigt sich das in sehr ausgeprägter Form beim Autohandel: Die Werkstätten großer Autohäuser und namhafter Hersteller sind zum Showroom hin meist vollständig verglast. Die Hebebühnen und einzelnen Arbeitsbereiche glänzen wie ein frisch desinfizierter Operationssaal.
«Der Kunde will sehen, was mit seinem Auto geschieht, während es bei der Reparatur oder beim Service ist», erklärt Martin Kühl, Kommunikationschef von Audi China. Für jedermann einsehbare Bereiche seien daher wichtig – und natürlich ein angemessenes Ambiente. «Anders als in Deutschland erwarten die chinesischen Werkstattkunden, dass sie ihr Fahrzeug gleich wieder mitnehmen können», weiß Kühl. Also bleiben sie in der Regel die ganze Zeit vor Ort.
Wer meint, sein Schätzchen sei in besten Händen, zieht sich in die Internet-Lounge zurück und surft. Oder spielt Video-Games auf Flachbildschirmen. Lässt sich massieren. Chillt. Gambled. Und derlei mehr. Was Audi perfektioniert hat, bieten in abgespeckter Form auch die klassischen Mehrmarken-Händler, die meist in den Außenbezirken von Millionenstädten wie Guilin oder Wuzhou überdimensionierte Autohäuser unterhalten.
Englische Sprachkenntnisse darf man hier nicht erwarten, dafür kommen auf jeden Kunden mindestens drei emsige Angestellte in Einheitskleidung (gern genommen: weißes Hemd, schwarze Hose). Das Fachwissen geht selten über das hinaus, was auf den Verkaufsschildern steht. Dafür reichen die Damen Tee, nicken eifrig und freundlich, lässt man sich auf einen der Sessel fallen und den Blick bedeutungsschwer über die Ausstellungstücke schweifen oder übers Geschehen im meist auffällig leeren Werkstatt-Aquarium, wo problemlos ein Kreuzfahrtschiff gewartet werden könnte. Geely, Great Wall und BYD sind die gängigen chinesischen Marken, Nissan und Toyota die meistverkauften Japaner in der Volksrepublik. Wie für Nissan gilt auch für Audi: China ist inzwischen der wichtigste und größte Markt, noch vorm Heimatland. Um mit den Preisen der lokalen Hersteller konkurrieren zu können, wird vor Ort produziert. Nächstes China-Modell der Ingolstädter wird der Q3. Ab 2013 läuft er neben Q5, A4L und A6L von den Bändern. Der Erfolg des kleinen SUV scheint garantiert: Die Verkaufszahlen von Geländewagen haben in den vergangenen zwei Jahren um 400 Prozent zugelegt. Bezahlt wird fast immer bar. Gekauft, was gerade da ist. Monatelanges Warten auf ein Auto kommt für Chinesen nicht infrage.