Warum nicht anhalten und die Stadt erkunden? Also die Ausfahrt nehmen und Auf-gut-Glück entdecken. Hoch über die Spree fahren wir auf der Friedensbrücke und staunen: Was für ein Ausblick! Von dieser Seite aus thront ein romantisch anmutendes Ensemble auf einem Felsvorsprung. Ob hier noch Ritter und Burgfräulein leben? Kurz vor der Altstadt, an einem dieser alten Türme vorbei, finden wir schnell einen Parkplatz an einem dieser homogenen Kaufhaus-Passagen-Irgendwas-Konsumtempel. Das holt uns ins 21. Jahrhundert zurück. Allen Einwohnern scheint das nicht zu gefallen, denn später erfahren wir, dieses Einkaufsparadies sei eine Bausünde der Nachwendezeit. Aber der Reihe nach.Die erste Straße links führt zum Markt. Stattliche Bürgerhäuser, ein leicht ockerfarbenes Rathaus mit schlankem, hoch aufragendem Turm mit barocker Spitze und ein Marktbrunnen mit Ritterstatue empfangen uns. Ritter gibt es also. Auf dem Marktplatz wimmelt es von Menschen. Zwischen Blumen, Gemüse und Obst, Wagen, wo Fisch und Fleisch verkauft werden, stoppen wir an einem Keramikerstand. Wir schwatzen. Ja, die Bausünden, besser Sie gehen die Gasse hoch zum Dom, zum Domstift, zur Ruine der Nicoleikirche und dem umliegenden Friedhof, der Ortenburg mit dem Sorbischen Museum und dem Theater. Sie werden sehen, das ist malerisch. Nach ein paar Schritten stehen wir auf dem Fleischmarkt neben Kurfürst Johann Georg I. vor dem Dom. Während seiner Regierungszeit fiel die Lausitz an Sachsen. Im Dom St. Peter gehen langwierige Bauarbeiten zu Ende. Das Gotteshaus erstrahlt in alter Pracht. Wir bewundern das filigrane Deckengewölbe, bis es im Nacken schmerzt.
Unsere neugierigen Blicke fängt die Küsterin auf. Wir kommen ins Gespräch. Der Dom ist eine der etwa 70 Simultankirchen in Deutschland, wahrscheinlich sogar die älteste. Katholische und evangelische Christen nutzen gemeinsam dieses Gotteshaus. Beeindruckend. Nebenbei erzählt die Küsterin, dass ihr Mann und sie seit Jahrzehnten im Kirchturm wohnen. Eine alte Tradition. Mit ihrer Heirat sei sie ihrem Mann eben auf den Turm gefolgt, heute kann sie sich nicht vorstellen, in einem Stadthaus zu leben. Statt einem Burgfräulein sind wir also einer Turmfrau begegnet. Sie lacht und entlässt uns mit dem Hinweis, in den Senfladen zu gehen.
Der ist zugleich ein Senfmuseum. Na klar, Bautz‘ner Senf. Wir haben Glück, können uns einer Führung anschließen und erfahren, schon seit den 1860er-Jahren produzierte man hier Senf mit einer besonderen Note und den leichten Meerrettichgeschmack. Wie beliebt der traditionelle Geschmack wirklich war, zeigte sich nach der Wende, als die Versuche, das Produkt geschmacklich an westdeutsche Gewohnheiten anzupassen, scheiterten. An der Senftheke probieren wir uns durch das Sortiment. Jetzt was Deftiges. Natürlich was mit Senf. Vielleicht Rostbrätel. Die kommen zwar aus Thüringen, vertragen sich aber ausgezeichnet mit dem Lausitzer Gusto.
Thüringer Rostbrätel mit Bautzner Senf
Zutaten für 10 Personen:
10 Kammscheiben vom Schwein, ohne Knochen
3 Zwiebeln, 2 TL Salz, 2 TL Pfeffer,
2 TL Zucker, 0,3 l Bier
400 ml Bautzner Senf, mittelscharf
1 große Möhre, 1 Bio-Zitrone,
3 Knoblauchzehen, etwas Butter
Zubereitung
Senf, Salz, Pfeffer und Zucker mit Bier vermischen und daraus eine Marinade herstellen. Zwiebeln, Möhre, Knoblauch und unbehandelte Bio-Zitrone in Scheiben schneiden. In einer Schüssel eine Kammscheibe mit etwas Marinade bestreichen und mit den Scheiben aus Zwiebel, Möhre, Knoblauch und Zitrone belegen. Schichtweise so weiter, ohne vorher die Kammscheiben zu würzen. Schüssel für mindestens 12 Stunden in den Kühlschrank.
Kammscheiben ohne abzuspülen auf den Kohlegrill geben (vorher Zwiebel, Möhre, Knoblauch und Zitrone entfernen). Zwiebeln und Knoblauch werden noch benötigt – beides zwischenzeitlich mit Butter in einer Pfanne braun braten und über die fertigen Rostbrätel geben.
Als Beilage eignen sich besonders gut Béchamelkartoffeln, Bratkartoffeln oder Kartoffelsalat.