Vom bösen Kohlendioxid ist neuerdings überall die Rede, das soll Klimawandel und Klimadebatte so richtig anheizen. Überall und Tag und Nacht lauert dieses Gas, wie wir jetzt wissen. Es ist überall, wir atmen es schließlich selber tausende Male am Tag aus oder trinken es mit Sprudel und Cola. Es soll die Atmosphäre aufheizen wie ein andalusisches Tomatengewächshaus. Treibhausgas nennt man es deshalb. Ein Gas, das man nicht riecht, nicht sieht, nicht schmeckt, nicht einmal ahnt. Das ist ja das Gemeine. Und ausgerechnet dieses Zeug, dieses Zeh-oh-zwei, ist nun zum neuen, alles überragenden Leistungs- und Imageschlüssel der Autos geworden.
Audis A1 zum Beispiel ist so ein Vorzeige-Auto. Als 1.6 TDI mit 90 PS knackt er die magische 100er-Marke. Nur 99 Gramm CO2 pustet er dem Hintermann auf tausend Meter auf die Frontscheibe, das ist weniger als eine Tafel Schokolade wiegt. Der Durchschnitt aller Autos liegt bei 150 Gramm/Kilometer. «Wenn wir so ein Auto machen, dann als knallharte Öko-Ikone, die schon optisch signalisiert, dass hier der bessere Mensch drinsitzt», soll Audi-Designchef Stefan Sielaff mal gegenüber Journalisten geäußert haben. Der moderne Gutmensch fährt also Audi A1. Doch der Kleine aus Ingolstadt ist nur der Erste einerneuen Generation Auto. Viele werden folgen, schon bald den Ersten seiner Art unterbieten. Unterbieten, nicht überbieten lautet das neue Motto. Im Showroom des Autohauses ebenso wie am Stammtisch. Wer redet da noch von PS oder Zylinderzahlen? Ist doch peinlich, so was!
Okay, nun sagen einige – und Recht haben sie – der Straßen-verkehr sei doch weltweit mit nur rund zehn Prozent am Gesamt-Kohlendioxidaufkommen beteiligt.
Wozu also der ganze Aufwand? Wie gesagt: Zeichen setzen. Anfangen. Beispiel geben. Die Devise «Weiter so!» ist von gestern. Und da war sie auch schon falsch.
Downsizing ist angesagt, was nichts anderes heißt als «Gesundschrumpfen». Weniger Größe, weniger Gewicht, weniger Leistung, weniger beanspruchte Verkehrsfläche. Und immer wieder: weniger CO2, bitte! Würde unser Verstand nicht immer noch die Kosten des Unterhalts direkt von den permanent nach oben kletternden Preisen an der Tankstelle ablesen, hätte die Verbrauchsangabe inLiter/100 km längst ausgedient. Inzwischen gilt der CO2-Ausstoß als alleingültige Verbrauchs-Währung, könnte man meinen.
Dabei wird gerne vergessen, dass es zwischen Spritverbrauch und CO2-Ausstoß eine sehr innige, sehr lineare Verbindung gibt, und die ist total simpel: Mehr Verbrauch heißt mehr Kohlendioxid.
Weniger Verbrauch heißt weniger CO2-Ausstoß. Total einfach also.
Sparsame Autos pusten weniger Kohlendioxid in die Luft. Irgendwie bleibt also doch alles beim Alten, es heißt jetzt nur anders. Das ist wie beim Euro und der guten alten D-Mark: Man bezahlt in der einen und «denkt» irgendwie noch in der alten Währung. Und fühlt doch, dass sich 40.000 Euro für ein neues Auto doch viel besser anhören als 80.000 Mark. Nie hätte ich doch für diese Kiste 80.000 Mark hingeblättert. Nie! Aber 40.000 Euro… das geht doch!
Tatsächlich bemühen sich die Autohersteller, den Verbrauch, pardon: die CO2-Emissionen ihrer Flotten runterzufahren. Start-/Stop-Automatik, Hybridisierung, Rekuperation (das ist nichts Unanständiges, nur Energierückgewinnung beim Bremsen), Doppel-Aufladung, Hubraum- und Zylinderzahl-Reduzierung, computergesteuerte Verbrennungsprozesse, Leichtlauföle, -reifen und Leichtbaumaterialien, Doppelkupplungsgetriebe statt Wandler, aerodynamische geglättete Karosserien. Und zum Glück: Weit und breit nichts von diesen Furcht einflößenden Minimalkisten im Heinkel-Kabinenroller-Design mit Fahrradreifen und Öko-Aktivisten-Jahresabo. Mit gefühlter ausgedruckter Verzichtserklärung für alles, was beim Autofahren Spaß macht: Fahren, Lenken, Genießen, Freiheit, Individualität, Mobilität. Nein, die neue Autozukunft bricht sanft über uns herein. Teuer zwar und in vielen Punkten ungewiss, aber sanft.
Und wenn das Umdenken in Gramm eines unsichtbaren Gases/Kilometer statt des verbrauchten Benzins oder Diesels nun angesagt ist, was soll’s? Werden wir schon lernen. Ist doch fast wie früher: Je weniger, desto besser.