Crash Kurs NRW: Ein Praxisprojekt


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Ein großer Seminarraum mit hohen Wänden, Teppichen, Lüstern. Vom Band spielt leise, einfühlsame Musik. Sonst völlige Ruhe. Etwa 80 Anwesende, größtenteils Journalisten aus dem Automobil- und Verkehrsbereich, warten gespannt darauf, was passieren wird. Auf der Bühne Silke von Beesten. Eine, zierliche, aber drahtige Frau mit kurzem Haarschnitt. Polizei-Hauptkommissarin und gleichzeitig Moderatorin an diesem Tag. Sie passt sich der Musik an. Spricht bewusst leise und akzentuiert, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

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„Wenn ich klingele, ist der Tod im Spiel“

Im Verlauf der nächsten 50 Minuten, bittet sie nach und nach andere Menschen auf die Bühne. Ein Ersthelfer von den Johannitern, ein Polizeibeamter aus dem Verkehrsdienst, eine Notärztin, eine Seelsorgerin und schließlich eine Mutter, die ihre Tochter – 14 Jahre alt – bei einem Verkehrsunfall verloren hat. Diese Menschen lassen die Bilder in den eigenen Köpfen wieder auferstehen und transplantieren sie in die reale Vorstellungswelt der Anwesenden. Sie sprechen von abgerissenen Gliedmaßen, die sie von der Straße auflesen. Von Jugendlichen, in deren tote Augen sie blicken, von Leichen, die sie in Säcke stecken, von Eltern, denen sie die Todesnachricht ihrer Kinder überbringen müssen.

Dieses Szenario, bewusst real, spielt sich normalerweise vor Schulklassen ab. Es trägt den Namen „Crash Kurs NRW“ und schildert ungeschminkt die Unfall-Erlebnisberichte von Betroffenen. In solchen Momenten herrscht Mucksmäuschen-Stille in den Klassenräumen. Vielleicht, weil einer oder mehrere der Anwesenden so etwas schon einmal im Bekanntenkreis mitgemacht oder zumindest davon erfahren hat. Das sind die Augenblicke, in denen kein kichern, kein Smartphone-Tippen die Aufmerksamkeit ablenkt. Crash Kurs NRW ist richtig hart oder um es im Teenie-Slang zu sagen, „saumäßig brutal“. Aber es ist das richtige Leben. Oder eben der richtige Tod. Zurück bleibt der markante Spruch der Seelsorgerin. „Wenn ich klingele, ist der Tod im Spiel.“

Als Silke von Beesten sich schließlich bei allen bedankt hat, die so eindringlich gesprochen haben, geschieht etwas Unerwartetes. Ohne Vorwarnung, wie jeder Verkehrsunfall. Die junge Frau geht zu einem großen Luftballon mit vielen Zetteln drauf. Mit einem lauten Knall endet die Veranstaltung. Der zerplatzte Lebenstraum in Form eines mit vielen Wünschen bespickten Ballons. Er holt die Klasse zurück in die Realität.

Die eindrucksvoll agierenden Unfall-Betroffenen des Teams Crash Kurs NRW waren Tobias Cronert vom Rettungsdienst der Johanniter-Unfall-Hilfe, Achim Schulze-Schwanebrügger, Leiter des Unfallaufnahmeteams, Ann-Carolin Boddenberg, Notfallseelsorgerin aus Leverkusen und Steffi Hengst, Mutter eines tödlich verunglückten Mädchens.

 

Was ist Crash Kurs NRW?

„Crashkurs NRW“ heißt die 2010 nach englischem Vorbild ins Leben gerufene Kampagne der Polizei in Nordrhein-Westfalen, die Jugendliche für Auto-Unfälle sensibilisieren soll. Eine Untersuchung ergab, dass 50 Prozent der Unfall-Ursachen sich auf folgende Faktoren aufteilen:

10,7 % auf Alkohol
10,2 % auf eine überhöhte Geschwindigkeit
10,7 % auf zu dichtes Auffahren
9,2 % auf Vorfahrtmissachtung sowie
10,7 % auf Fehler beim Wenden oder Rückwärtsfahren.

21% der jungen Erwachsenen verursachten einen Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss, 17% davon an Wochenenden.

Mehr dazu (auch für interessierte Schulen und Lehrer) auf www.schulministerium.nrw.de

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