Der Kemptener ist, wie auch Teamkamerad Lucas di Grassi, erfolgreiches junges Gesicht einer neuen Motorsportart, die es – bei aller Faszination – immer noch schwer hat, sich gegen viele Vorurteile durchzusetzen. Warum? Das fragen sich nicht nur Abt, sondern auch viele Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten im und mit dem Motorsport unterwegs sind und nun gefordert sind, ihre bisherige Vorstellungswelt zu revidieren und neuen Herausforderungen Raum zu geben.
Denn, nicht nur das Autofahren auf der Straße, der individuelle und öffentliche Personennahverkehr steht angesichts von Themen wie Ressourcenschonung, automatisches und autonomes Fahren vor einer Zeitenwende. Der Motosport kann davon nicht ausgeschlossen bleiben. Die Serie mit den Elektrofahrzeugen boomt, sie wird zum globalen Erfolgsfaktor, renommierte Unternehmen springen auf den Zug auf, der eigentlich eine Ansammlung von rasend schnellen Batteriefahrzeugen ist. Und das vor allem in diesem Jahr, in dem die technischen Voraussetzungen der Fahrzeuge eine völlig neue Welt aufgetan haben. Schneller, weiter – und damit länger.
Saison Nummer fünf kann für die Formel E zu einem Jahr des Durchbruchs, mindestens aber zu einem Jahr der Entscheidung werden. Darin sind sich alle Beteiligten einig. Grund: Die Voraussetzungen haben sich geändert, in puncto Technik und Renommee. „Das größte Problem, das die Elektromobilität von Beginn an hatte, war nicht die Technik, sondern das schlechte Image“, schätzt Abt Jr. Aber er weiß auch: „In der Formel E können die Hersteller die Limits der neuen Technologie ausreizen.“ Er und di Grassi bekommen diese Entwicklung ja Tag für Tag mit.
„Mit der Formel E können wir viele Vorurteile widerlegen und beweisen, dass Elektromobilität auch Spaß machen kann“, hatte uns Daniel Abt bereits im November vergangenen Jahres erklärt. Und glaubhaft hinzugefügt: „Der Respekt für die Formel E ist seit deren Start vor vier Jahren stetig gewachsen.
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das Fahrerfeld mit vielen
ehemaligen Formel-1-Fahrern
ist eines der stärksten
im gesamten Motorsport
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Noch im vergangenen Jahr war die Batterieleistung der Fahrzeuge so klein, dass die Piloten zur Mitte des Rennens auf ein zweites Fahrzeug umsteigen mussten. Wer ein Faible für Motorsport hat, empfand so etwas schlicht und ergreifend als peinlich. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Das sogenannte »Gen2-Auto«, das seit dem Saisonauftakt in Abu Dhabi eingesetzt wird, weist eine Leistungssteigerung um 50 auf 250 kW (340 PS) auf. Weit wichtiger ist aber die Erhöhung der Batteriekapazität von 33 auf 54 kW/h. Das nimmt nicht nur den Fahrzeugen, sondern der gesamten Formel E viel von ihrer fehlenden Flexibilität.
„Wir müssen unseren eigenen Weg gegenüber den traditionellen Großevents wie Formel 1, Rallye-WM, Nascar oder Moto-GP finden“, sagt Daniel Abt. „Ich halte es auch für den richtigen Weg, uns nicht auf traditionellen Kursen zu messen. Unsere Autos sind ja nicht für die Nordschleife des Nürburgrings gemacht. Es ist gut, dass wir in die Innenstädte gehen, also dahin, wo die Elektromobilität zum Alltag gehört. Unsere Serie würde ihrem Auftrag nicht gerecht werden, wenn wir mit ihr nicht in die Städte gehen würden.“
An renommierten Herstellern mangelt es mittlerweile nicht mehr. Audi, Renault, Citroën und DS Automobiles haben die Zeichen der Zeit erkannt. BMW, Mercedes-Benz und Porsche tun es ihnen gleich, d. h. sie sind in diesem Jahr dabei oder werden 2020 einsteigen. Nicht zuletzt auf Druck der eigenen Marketingabteilungen. Die Elektroserie Formel E soll bei potentiellen Autointeressenten die Lust wecken, endlich vom Verbrenner auf ein Elektromobil umzusteigen. Schließlich investieren die Konzerne Milliarden in die Entwicklung der neuen Technik. Doch die Bereitschaft von König Kunde hält sich derzeit in Grenzen, auch, weil Fahrzeuge dieses Genres immer noch kein finanzielles Schnäppchen sein können.
Daniel Abt und Kollegen sollen helfen, das zu ändern. Möglichst schnell und gar nicht mal geräuschlos.