Mobilität kann richtig schmerzhaft sein. Nicht nur dann, wenn man sie «per pedes» selbst erledigt und – nach wer weiß wie vielen Kilometern – über Blasen im Wanderschuh, Muskelkater in den Beinen oder knackende Gelenke im nicht mehr ganz so taufrischen «Adonis-Körper» klagt. Nein. Mobilität kann uns auch dann richtig weh tun, wenn wir nur «transportiert» werden. Sei es auch auf noch so angenehme Weise. Denn unter dem Sitzen im Auto, in der Bahn, oder im Flieger leidet vor allem unsere Wirbelsäule. Oder, um es mit dem Volksmund zu sagen: «Wir haben´s im Kreuz». Das ganze Gestell, das uns mitsamt Bandscheiben, Knorpeln, Muskeln, Sehnen und Knochen in meist aufrechter Haltung durchs Leben schleppen soll, stammt nun einmal nicht aus dem Ikea-Baukasten. Es muss gehütet, gepflegt und sorgsam damit umgegangen werden. Damit es nicht zwickt und zwackt oder noch schlimmer: Damit es nicht irgendwann seine Funktion aufgibt.
Denn das Kreuz mit dem Kreuz, vor allem beim Auto fahren, ist viel schlimmer als sich das die meisten Betroffenen vorstellen: 15 Milliarden Euro. So hoch soll der volkswirtschaftliche Schaden sein, der durch Rückenleiden entsteht, hat eine Ersatzkasse ausgerechnet. Hinzu kämen noch einmal 24 Milliarden Euro an Behandlungskosten. Da hätten selbst versierte Investment-Banker eine ganze Zeit lang zu tun, um diese Summe zu vernichten!
Aber im Ernst: Falsche Haltung, falsches Gestühl, viel zu lange Fahrtzeiten: Kein Wunder, wenn ein dergestalt malträtierte Rücken irgendwann sagt: «So, jetzt ist Schluss. Ich mag nicht mehr.» Nahezu die Hälfte aller deutschen Autofahrer sind Vielfahrer. Darunter versteht man Menschen, die täglich mehr als eineinhalb Stunden am Stück hinterm Lenkrad verbringen oder pro Jahr mehr als 18.000 Kilometer abspulen. Angesichts des langen Sitzens treten immer häufiger Rücken-, Kopf- und Schulterschmerzen, Nackenbeschwerden oder Verspannungen auf.
Und die schmerzen nicht nur Fahrerinnen und Fahrer, sondern tun auch als potenzielle Ausfallzeiten in der Firma richtig weh. Bei den 45- bis 59-Jährigen sind 60 Prozent der Arbeitsausfälle auf Probleme mit dem Rücken zurückzuführen. Insgesamt machen die Muskel-Skelett-Erkrankungen fast ein Viertel und damit den höchsten Anteil im gesamten Krankenstand aus.
Was also macht der clevere Deutsche, um diesem Missstand abzuhelfen? Richtig. Er gründet einen Verein. Die «Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V.» nämlich. Deren Geschäftsführer Georg Stingel sagt: «Lösungen bieten ergonomische Fahrersitze, die sich individuell einstellen lassen und sich der natürlichen S-Form der Wirbelsäule anpassen.» Und da zu einem richtigen Verein auch ein richtiges Logo gehört, gibt es das AGR-Gütesiegel.
Das selten verliehene AGR-Gütesiegel für Autositze sei in diesem Fall eine wichtige Orientierungshilfe für Verbraucher.
«Unser Zertifikat erhalten nur rückengerechte Produkte, die den strengen Anforderungen einer unabhängigen Prüfkommission mit Experten aus Medizin und Wissenschaft un-terschiedlicher Fachrichtungen genügen», bestätigt Stingel, dass mit dieser Auszeichnung nicht «hausiert» wird. Sitze mit diesem Siegel böten «bestmögliche Voraussetzungen für Muskulatur und Wirbelsäule». Erhalten hat diese Auszeichnung der Premiumsitz im neuen Opel Insignia.
Gedanken über derlei komfortable Fauteuils hat man sich zu Gründerzeiten des Automobils nicht gemacht. Nicht nur im Hause Opel. Da saßen Fahrer und Beifahrer aufrecht auf einem «Kutschbock» und schluckten brav alles, was der Asphalt und das Kopfsteinpflaster an Schlag-löchern hergaben. Und das war nicht zu verachten! Verstellmöglichkeiten oder Ähnliches waren Fehlanzeige. Erst im Lauf der Jahrzehnte wurde neben Motorleistung, Wirtschaftlichkeit, Optik und Platzverhältnissen dem «Gestühl» vermehrte Aufmerksamkeit zutage. Wohl eingedenk der Tatsache, dass immer mehr Menschen mit leicht angesäuerter Miene aus dem Auto krabbelten und vor sich hin brummten: «Autsch, mein Kreuz!».
Stufenlos verstellbare Sitze mit einrastenden Lehnen und Kopfstützen. Sitze mit
Memory-Funktion, die ergonomisch geformt auf den Punkt gebracht sind und die in ihren Flanken rettende Luftsäcke enthalten: Bis dahin aber war es noch ein weiter Weg. Auch wenn wir uns das angesichts der Hightech-Produkte in allen Sitzreihen kaum noch vorstellen mögen.
Kaum jemand, der sich Tag für Tag in sein Auto setzt, macht sich Gedanken darüber, dass der Sitz zu den aufwendigsten Bauteilen im Fahrzeug gehört.
Zehn Prozent an den gesamten Produktionskosten verschlingt der Sitz. Was aber eigentlich so verwunderlich nicht ist, bedenkt man, dass er die Schnittstelle zwischen Automobil und Mensch ist. Und da muss es halt nicht nur «passen», sondern auch «stimmen». «Der richtige Sitz und die richtige Sitzposition haben großen Einfluss auf die Sicherheit im Straßenverkehr. Wer in einer Froschhaltung hinter dem Steuer kauert, der ermüdet schneller, verkrampft auf längeren Strecken. Die Folge sind Rücken- und Gelenkschmerzen. Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit lassen nach», erklärt Andrew Leuchtmann, Manager Sitzentwicklung bei General Motors Europe in Rüsselsheim. Ein eigenes Team, bestehend aus 40 klugen Köpfen, arbeitet bei Opel permanent daran, den Sitz weiter zu vervollkommnen.
Neben der individuellen Höheneinstellung und der Sitzflächenverlängerung gehört eine großflächige Lordosenstütze dazu, sagen die Rücken-Fachleute. Diese sollte vierfach verstellbar sein – nach oben und unten sowie nach vorn und hinten. Außerdem sollte man auf die ausreichende Höhen- und Neigungsverstellung der Kopfstütze achten. Die Rückenlehne sollte möglichst höher als die Schultern sein und ausreichenden Seitenhalt bieten. Der mit dem AGR-Gütesiegel ausgezeichnete Insignia-Sitz ist 18-fach verstellbar mit elektrischer Höheneinstellung. In der Version «Sport» ist er serienmäßig, in allen anderen Versionen für einen Aufpreis von 350 Euro erhältlich.
Und was können wir selbst unserem Rücken Gutes tun, damit das Fahren ein Spaß, und keine Tortur wird? «Richtige Bewegung. Laufen, Radfahren, Schwimmen. Um Muskelgruppen zu trainieren, die im Sitzen nicht beansprucht werden», sagt Professor Dr. Erich Schmitt, Vorstandsvorsitzender des «Forums Gesunder Rücken». Der ehemalige Leiter der Abteilung Wirbelsäulen-Erkrankungen der Orthopädischen Universitätsklinik in Frankfurt/Main rät:
«Auf langen Strecken alle zwei bis drei Stunden eine Pause einlegen, sich bewegen und strecken.»
Selbst im Auto ist es möglich, durch Gewichtsverlagerungen die Sitzposition zu verändern. Regelmäßiges leichtes Verstellen der Rückenlehne bewirkt eine unterschiedliche Belastung der Muskelpartien in Rücken und Nacken. Das beugt Verkrampfungen vor.» Na bitte, es geht doch. Mit guten Sitzen und eben so gutem Willen können wir das «Kreuz mit dem Kreuz» um einiges mildern.