Einer der stellvertretend für die vielen „Herzblut-Piloten“ und für den Geist dieser Meisterschaft steht, ist Rudi Adams. Der mittlerweile 55-Jährige ist hauptberuflich Ingenieur bei einem großen Reifen-Hersteller, der auch im Motorsport aktiv ist. Von daher lag es nahe, dass Adams, der nur wenige Kilometer entfernt vom Nürburgring wohnt, Beruf und Leidenschaft miteinander verbinden würde.
Rudi Adams und sein „kleiner Schwarzer“, ein BMW Z4 GT3, den er wechselweise mit Team-Kollegen fuhr, gehörten über Jahre hinweg zum Inventar auf der Rundstrecke. Seine Erfahrung als ein Mann der ersten Jahre in der VLN war für seinen Arbeitgeber, der in verschiedenen Motorsport-Serien Erstausrüster ist, Grund genug, ihn vor einigen Jahren als „Spürhund“ für die Nordschleife und als Reifen-Ingenieur unter Vertrag zu nehmen.
Seit der Eröffnung des Gewerbeparks am Nürburgring im Jahr 1998 haben sich viele namhafte Hersteller in Sichtweite der Rennstrecke sesshaft gemacht. Nicht nur Autobauer, sondern auch Zulieferer, professionelle Rennteams und eben auch die Reifenindustrie. „Ich kann hier meine Erfahrungen als Nordschleifen-Kenner bei der Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-Pneus ganz gezielt einsetzen“, sagt Adams, dessen Künste am Volant und sein Gefühl für die Strapazierbarkeit eines Reifen-Sets für viele Teams ein Grund waren, ihn auf eines ihrer Autos zu setzen.
Adams, der für Dörr Motorsport aus Frankfurt/Main unterwegs war und für das Team von Johannes Scheid in dessen BMW „Eifelblitz“ zu einem Markenzeichen in der VL wurde, machte sich auch im Eifelklassiker einen Namen. In zahlreichen 24h-Rennen fuhr er vorne mit, als der jährliche Saisonhöhepunkt in der Eifel noch nicht von immer professioneller agierenden Rennställen mit Werksfahrern dominiert wurde. „Es gab mal eine Zeit, da konnte man mit einem gut abgestimmten und weiterentwickelten ‚Brot-und-Butter-Auto’ auf der Nordschleife etwas reißen. Das ist längst rum“, moniert der Mittfünfziger, „aber so lange ich topfit bin und mir keiner um die Ohren fährt, will ich weiter machen.“
»Das Auseinanderdriften von Leistung der Fahrzeuge und dem Können vieler Piloten ist eine Gefahr für die Serie«
Adams, der auch in das mit viel medialem Aufwand gepushte McLaren-Projekt von Dörr Motorsport als Fahrer involviert war, sieht mit zunehmendem Auseinanderdriften von Leistung der Fahrzeuge und dem Können etlicher Piloten eine Gefahr für die Serie. „Da sind einige Leute, die haben Geld und Spaß am Motorsport. Sie kaufen sich dann einen richtig guten Fahrer mit einem konkurrenzfähigen Auto für eine der Top-Klassen, machen ein Permit für die Nordschleife und meinen dann, dass sie als zweiter oder dritter Mann auf dem Auto mithalten können.“
Tatsache ist, dass die Autos immer komplexer und schneller werden. Die GT3-Boliden in der Top-Klasse SP9 können nur noch von wenigen erfahrenen Profis beherrscht und am Limit bewegt werden. „Dass da mittendrin noch der eine oder andere talentierte Hobby-Rennfahrer in einem Auto mit ein paar Hundert PS weniger dabei ist, kann zwar sehr reizvoll sein, ist aber auch nicht ungefährlich.“
Adams hat alle Seiten der Serie kennengelernt und ist einer der ganz Wenigen, die als Pilot eines Top-Autos genauso professionell unterwegs waren wie in einer der Klassen, in denen es angesichts hoher Quantität viele Meisterschaftspunkte zu ergattern gab. Im McLaren MP4-12C GT3 war er von 2012 bis 2014 Teil eines Stücks Nordschleifen-Geschichte.
Die Aufsehen erregende flache, gelbe Flunder des britischen Sportwagen- Herstellers zog damals alle Blicke auf sich. Egal, ob in der VLN oder beim 24h-Rennen. Der 530 PS starke McLaren war auf einer Höhe mit den Porsche 911 GT3, den Mercedes AMG und den Audi R8 LMS-Krachern. Aber immer wieder warfen technische Probleme den Briten nach wahren Fabelzeiten im Qualifying zurück. Das Projekt stagnierte, statt wie erhofft Punkte auf der Rennstrecke einzufahren.
Ein explizites Beispiel war das 24h-Rennen 2012, bei dem Dörr Motorsport gleich beide McLaren innerhalb weniger Minuten durch Unfälle verlor. Für Adams begann das Rennen bereits mit einer kleinen Panne. „Ich hatte den ersten Stint gefahren, musste aber schon nach der Startrunde die Box ansteuern, weil der Gaspedalsensor bei Vollgas einen Wert von 110 Prozent anzeigte. Mit einem Laptop mussten wir die Elektronik erst wieder kalibrieren. Dann ging es wieder.“
Zwei Jahre später trug er sich mit der Pole Position im McLaren für das 24h-Rennen in die Geschichtsbücher dieses Rennklassikers ein.
„Der McLaren konnte ohne Probleme jedes Tempo an der Spitze mitgehen. Sein eigentliches Manko
war die fehlende Zuverlässigkeit.“
Für Rudi Adams war das Projekt McLaren aber nur eine Zeitaufnahme seiner Jahrzehnte währenden Rennfahrer-Episode auf dem Nürburgring. In dieser Saison fährt er gemeinsam mit dem Österreicher Thomas Jäger in der Klasse Cup 5 im BMW 235i vorne mit und hat sogar Chancen auf den Gesamttitel.
Rudi Adams ist einer der exponiertesten Vertreter einer Serie, die alle Arten, Leistungsklassen und Herausforderungen des Motorsports miteinander vertritt. Er liebt diese Serie, aber er bemängelt auch, dass „die Sitten immer rauer werden und leider auch zunehmend verfallen“. Einige Wenige seien gerade dabei, dem Mythos VLN-Langstreckenmeisterschaft ein Image zu verpassen, dass dieser wunderbaren Serie und ihrem Geist nicht gerecht werde.