„Natürlich kann man die Wiesen, Wälder und Heide-Flächen auf dem Gelände auch maschinell pflegen“, räumt Zonta ein. „Aber das ist extrem aufwändig und sehr teuer.“ Seine Schafe seien da nicht nur billiger, sondern auch noch besser, fressen neben dem Gras auch die Büsche und beugen so der Versteppung vor: „Das sind die geborenen Landschaftsgärtner“, sagt der Schäfer, während sein Blick auf der Suche nach dem ersten frischen Gras der Saison über die sanften Hügel vor dem fernen Schwarzwald-Panorama gleitet.
Und die haben auf dem Areal gut zu tun. Zwar sind bislang nur 10 der über 500 Hektar des Areals offizielle Weideflächen, doch schon daran haben die Schafe, die Zonta natürlich alle beim Namen kennt, ordentlich zu kauen. Und sie sind dabei nicht allein: Zum Schutz vor den vielen Füchsen und Greifvögeln, die auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz wieder heimisch sind, hat er sechs Lamas unter die Herde gemischt. Groß und furchteinflößend stehen sie zwischen den Schafen und schlagen schon mit ihrem Anblick jeden Angreifer in die Flucht. „Und wenn es doch mal ein Fuchs oder gar ein Wolf versuchen sollte, hätten die keine Chance“, ist Zonta überzeugt.
Genau wie die Prototypen um sie herum, sind die Schafe von der besonderen Sorte: Weil der Schäfer nicht auf ihr Fleisch oder ihre Wolle aus ist und kein Lamm sein Leben für einen guten Braten lassen muss, sondern Zonta nur den Landschaftsschutz im Sinn hat, will er zurück zum Ur-Schaf. Denn mit seinen 40 bis 60 Kilogramm ist es nur halb so schwer und belastet deshalb den Boden weniger stark. Dafür hält er eigens einen Mufflon-Bock, der ein entsprechend erfülltes Liebesleben führt und die Evolution mit jeder neuen Generation an Schafen wieder ein paar Kapitel zurück dreht: Während auf den Straßen des Testgeländes die Zukunft in Fahrt kommt, geht es auf den Wiesen drum herum also Jahr für Jahr ein Stückchen weiter in die Vergangenheit. „Aber so ein, zwei Dekaden wird es wohl noch dauern, bis wir wieder bei den urtümlichen Schafen von früher sind“, sagt Zonta und verbindet damit auch die Hoffnung auf etwas mehr Freizeit. Denn während er die modernen Zuchtschafe noch regelmäßig scheren muss, wechseln die wilden Tiere ihr Fell von selbst.
Übrigens: Nicht nur, dass es bis dato noch nie einen Unfall mit den Tieren gegeben hat und keinen unfreiwilligen Elch- bzw. Schafstest. Längst heben die Schafe nicht einmal mehr dann den Kopf, wenn auf dem Hochgeschwindigkeitsoval neben der Weide eine Formation von Boliden mit bollernden Achtzylindern vorbeifliegt. Zumal das ohnehin immer seltener der Fall ist. Denn je mehr Elektroautos Mercedes auf den Weg bringt, desto stiller wird es auch hier in den Hügeln oberhalb von Immendingen – und die Schafe brauchen kein ganz so dickes Fell mehr.
Fotos Dieter Rebmann