Glas wird aus einer gepulverten Mischung aus Quarzsand, Soda, Dolomit (kohlensaures Kalzium-Magnesium/Bicarbonat) und Kalkstein hergestellt. Bei 1.550 Grad Celsius werden die vier Bestandteile geschmolzen und erstmal zu Flachglas verarbeitet. Überwiegend für die Automobilindustrie entsteht ESG (Einscheiben-Sicherheitsglas, „Krümelglas“) und VSG (Verbundsicherheitsglas, bei dem eine durchsichtige Kunst
stofffolie zwischen zwei Glasscheiben eingearbeitet wird). Beide Scheibenarten dienen der Verminderung der Verletzungsgefahr. Härte, Druckfestigkeit und Dichte sind bei beiden identisch.
Nun dient Glas im Automobilbau nicht nur der Abwehr von Wind, Wetter und Schmutz, sondern musste im Laufe gestiegener automobiler Ansprüche, also auch höheren Fahrgeschwindigkeiten, in seinen Eigenschaften stetig weiterentwickelt werden. Glas wird auf dem Weg des Erkaltens nach der Schmelze gewalzt, geschnitten und – in eingeschränktem Umfang – auch geformt.
Von „glashart“ spricht der Volksmund, was bereits auf nicht allzu große Elastizität bei diesem Werkstoff deutet. Die hohen Ansprüche an Autoglas hat der internationale Glas-Hersteller Saint-Gobain Sekurit in ein dreiteiliges Credo gefasst:
1. Gute Sicht: verzerrfreies Glas, kaum sichtbare Heizdrähte werden ersetzt durch eine hauchfeine Silberbeschichtung zum Auftauen, ebenfalls durchsichtig und mit hoher elektrischer Leitfähigkeit versehen.
2. Komfort: Akustik, also Geräuschdämmung von außen. Sonnenschutz, Einbruchschutz.
3. Formgebung: Die Automobilindustrie verlangt keine Planscheiben, sondern komplexe Formen, die in das automobile Design und in die Karosserieformen passen, dabei die Formensprache unterstützen.
In den Labors und Testanlagen des Herzogenrather Standorts (NRW) wird nicht nur an den drei genannten Vorgaben geforscht, entwickelt und produziert, sondern auch für die nahe und fernere Zukunft. Die Themen „Energieaufwand“, „Verbrauchsoptimierung“ und „Umweltentlastung“ haben hier einen besonders hohen Stellenwert, der vielleicht etwas überrascht: Autoglas muss auch kältehemmend und wärmedämmend sein. Das wird hier durch Glaseinfärbung oder Beschichtung generiert, um die verbrauchsintensiven Klimaanlagen zu entlasten. Der Nebeneffekt: das Innenraumklima wird natürlicher und besser verträglich.
Ein weiterer Schritt: die Glasdicke zu verringern, was ab 2013 bereits Serienreife erlangt. Zudem sinkt damit das Gesamtgewicht der Glasflächen, die bei einem Pkw der Mittelklasse immerhin bis etwa 3 Quadratmeter betragen, um etwa 11–22 %. Autoglas wird in der Härte-Kategorie mit 5–6 Grad bewertet, soll also im Laufe des automobilen Lebens möglichst lange sichere, schrammen- und schlierenfreie Sicht gewähren. Ein vollwertiger Ersatz ist bislang weit und breit nicht zu sehen, und nur kleinere Segmente können aus Polycarbonat mit größerer Freiheit in der Formgebung hergestellt werden.
Da die Normen und Anforderungen für die Zulassung der Autoglasscheiben in allen Ländern sehr hoch sind, müssen die Hersteller ihren „persönlichen Fingerabdruck“ nach erfolgreichen Prüfzyklen in einen Winkel der Scheiben einbringen. Auch in Zukunft, so ein Experte von Saint-Gobain Sekurit, wird Autoglas aus Glas bestehen. Auch zur Sicherheit der Autofahrer.