Charakteristisch für ganz Skandinavien ist auch die besondere Begeisterung für Rallycross. Zu Tausenden folgen Dänen, Schweden, Norweger und Finnen ihren Rallycross-Piloten. Und einer Pilotin: Erst 23 Jahre alt ist Klara Andersson, am letzten Tag des Februar im Schaltjahr 2000 geboren. Derzeit einzige Frau in der Rallycross-Weltmeisterschaft, nach ihrem Sieg zum Saisonabschluss auf dem Nürburgring 2022 mit klarem Ziel vor Augen: „Ich will Rallycross-Weltmeisterin werden!“
Als Siegerin ihres Halbfinal-Laufes war sie am Nürburgring die erste Frau, die ein Rennen der Rallycross-WM für sich entscheiden konnte. In einem elektrisch angetriebenen Auto zudem. In ihrer schwedischen Heimat füllt Rallycross die Zeitungsseiten, in den Social-Media-Kanälen gibt es Follower in Rekordzahl. Klara ist dort Publikumsliebling.
Auf die Frage, woher das alles kommt, hat Klara Andersson so manche überzeugende Antwort: „Unsere ganze Familie ist vom Rennsport begeistert. Mein Vater war ein erfolgreicher Rallyefahrer. Meine ältere Schwester Magda war Siegerin in der FIA Euro RX TouringCar Championship. Ich selbst bin schon als ganz junges Mädchen Kart gefahren, ich hatte wohl schon mit drei Jahren meinen ersten Helm auf dem Kopf. 2018 wurde ich schwedische Juniorenmeisterin im Rallycross. In einem BMW 120 habe ich 55 männliche Kollegen geschlagen und gewann den nationalen Titel.“ Eine bestimmte Erfahrung aus ihrer Kindheit wertet sie außerdem als prägend: „Ich habe zehn Jahre lang Eishockey gegen Jungs gespielt. Das macht dich hart und schärft deine
Konzentration.“
Am Rallycross gefällt der Draufgängerin im Rennkäfig vor allem, dass es „nie langweilig wird.“ Es sind kleine, aber ungeheuer starke und wendige Autos, die man auf engstem Raum beherrschen muss. Und dann wechselt andauernd der Untergrund. Man muss dauernd am höchsten persönlichen Level fahren. Und die Leute können mit den Karosserien dieser Autos im Alltag etwas anfangen. Die Serienmodelle solcher Autos sehen sie jeden Tag auf der Straße. Das macht die Serie so nahbar.
Bei aller Popularität kann sie noch nicht von ihrem Sport leben. „Dafür sind die Preisgelder bei uns einfach zu niedrig. Und das ständige Herumziehen in der Welt ist auch sehr kostenintensiv. Als ich in diesem Jahr den Schritt in die Weltmeisterschaft gewagt habe, wusste ich nicht, was auf mich zukommt. Ich wusste nur, ich habe die nötige Leidenschaft, um dort zu fahren. Meine Konkurrenten sind zum Teil schon seit Jahren dabei und haben viel mehr Erfahrung als ich. Aber mein Sieg am Nürburgring hat mich bestärkt in dem, was ich tue!“
Fotos Jürgen C. Braun