Rote, gelbe, blaue Holzhäuschen, klitzekleine grüne Inseln, hier und da ein paar Angler in bunten Nussschalen. Und Wasser, Wasser, Wasser. Die Region um Kuopio, rund 400 Kilometer nördlich von Helsinki, lockt mit grandioser Kulisse und spärlicher Besiedlung. Selbst in den Sommermonaten, wenn das Thermometer gnädig über die 20-Grad-Marke klettert und damit für nordfinnische Verhältnisse geradezu tropische Verhältnisse vorherrschen, beschleicht einen das Gefühl, weitgehend allein hier zu sein. Wäre da nicht von Zeit zu Zeit dieses Ansauggeräusch, das entsteht, wenn sich bis zu 260 PS starke Jetboote übers Wasser katapultieren.
Zugegeben, grandios klingt dieses furiose Gurgeln auf den finnischen Seen vermutlich nur, wenn man selbst dafür verantwortlich ist. Als „Sea-Doo“-Wanderer in der Bilderbuchlandschaft von Nordsavo. 45,6 Einwohner verlieren sich hier statistisch auf einen Quadratkilometer.
115 km/h Spitze machen die pfeilschnellen, kippsicheren Zwitter aus Rennboot und Motorrad – ein absolut irrer Kick auf dem Wasser! Meistgefahrene Marke im Norden Finnlands: BRP aus Kanada. Der einzige Hersteller, der Jetboote mit Rückwärtsgang und Bremse baut (per Umkehrschub). Die Sea-Doos beschleunigen wie Dragster und sind dabei kinderleicht zu bedienen. Rechts am Lenker Gas geben – mit dem Daumen. Lässt man den Gasdrücker los, verlieren sie schlagartig an Fahrt. Links sitzt der Regler für Umkehrschub. Einmal kurz drücken, dann geht es rückwärts. Lange drücken, dann „bremst“ der Renner und verkürzt den Anhalteweg um ein Drittel. Auf dem Wasser sind das Welten.
Sportbootführerschein braucht man nicht in Finnland (in Deutschland Pflicht), kurze Einweisung reicht. Ganz wichtig: der Sicherheitsschlüssel. Über eine Reißleine ist er an der Schwimmweste (Pflicht) des Fahrers befestigt. Steigt man unfreiwillig ab (was nur passiert, wenn man es wirklich darauf anlegt), wird der Zündkontakt unterbrochen, das Jetboot geht augenblicklich aus. Vor Unterkühlung – sei es durch den Fahrtwind oder das auch im Sommer kühle Wasser – schützt Neopren-Kleidung oder gleich ein Trockenanzug.
In Ufernähe und im Bereich von Badezonen gilt Tuckertempo, auf den Seen ist freies Blasen angesagt. 20 bis 30 Liter schlürfen die gut drei Meter langen Aqua-Raketen locker weg auf rund 100 Kilometer, je nach Wellengang, Fahrergewicht und Fahrverhalten. Auf den geführten Touren werden im Drei- bis Vierstundentakt Stopps eingelegt. Verschnaufen, entschleunigen, Super tanken. Dann geht es weiter, 80 bis 150 Kilometer am Tag. Wetter? Egal!