Signora Davino, der FCA-Konzern schließt sich mit PSA zum viertgrößten Automobilhersteller der Welt zusammen. Welche Auswirkungen hat das für Sie?
Der Zusammenschluss ist noch in einem sehr frühen Stadium – wir hier in Frankfurt und in Deutschland haben in nächster Zeit mit dem Tagesgeschäft zu tun, das sich vor allem mit Krisenbewältigung beschäftigt.
Mit einem italienischen Auto kauft man ein Stück Italien. Wo sehen Sie derzeit diese Italianità, und wie wollen Sie diese Wahrnehmung verstärken?
Autos aus Italien sind europäische Produkte mit Kultur, Stil und Tradition. Das müssen wir wirklich mehr in den Vordergrund rücken – ganz praktisch: Schauen Sie unsere neuen Fiat-Modelle 500 Dolce Vita und Panda Trussardi an!
Es gab Zeiten, da reichte das Angebot der FCA-Kernmarke Fiat vom kleinen 126 bis zur Limousine 130 und zum Traumwagen Fiat Dino. Heute ist größenmäßig beim Tipo Schluss. Wird das so bleiben?
Unser aktueller Markenkern ist der Fiat 500, den wir in zwei Richtungen weiterentwickeln: in Richtung Mild Hybrid, um damit den Verbrauch zu senken und den Antrieb zu verstärken, sowie in eine batterieelektrische Ausführung auf einer ganz neuen Plattform.
Der 2018 verstorbene FCA-Chef Sergio Marchionne investierte vor allem in Premium-Marken wie Maserati und Alfa. Die haben es aber in Deutschland besonders schwer gegen die Platzhirsche.
Ja, man braucht dazu Verkäufer, die vollkommen überzeugt sind von einer Marke und das ihren Kunden vermitteln. Übrigens verdanken wir Sergio Marchionne die Wiedergeburt der Marke Alfa Romeo – nicht nur das macht ihn unvergesslich.
Alfa hat zur Zeit eine Modellpalette von drei Autos, von denen die kompakte Giulietta über zehn Jahre auf dem Markt ist.
Wissen Sie, klassische Schönheit ist keine Frage des Alters. Schauen Sie die Giulietta an – sie könnte ganz neu auf den Markt gekommen sein. Lassen Sie mich ein Beispiel aus der Mode erwähnen: Ich war kürzlich eingeladen und trug mein kleines (Alfa-)Rotes. Ich bekam viele Komplimente über mein elegantes Kleid zu hören …, das ich seit acht Jahren besitze.
Im Übrigen wird die Alfa-Romeo-Modellpalette in absehbarer Zeit durch den Tonale erweitert, so etwas wie die kompakte Ausgabe des Stelvio.
Reden wir von alternativen Antrieben: Fiat hat auch Gas-Autos im Angebot.
Seit mehr als zwanzig Jahren bieten wir Erdgasmodelle an, aber ehrlicherweise ist der Erfolg damit – im Gegensatz etwa zu Italien – in Deutschland bescheiden.
Verbrennungsmotoren verbreiten Leidenschaft, Sinnlichkeit – Elektroautos surren wie rollende Kühlschränke. Ferdinand Piëch wollte den Verbrennungsmotor mit einem Ein-Liter-Auto retten. Können Sie sich eine solche Initiative aus Turin vorstellen?
Meine Fantasie reicht weit (lacht), aber ich fürchte, unsere Entwicklungsabteilung ist derzeit mit vielen anderen Themen beschäftigt.
Früher schufen namhafte italienische Designer wie Bertone, Pininfarina oder Giugiaro rollende Skulpturen für die FCA-Marken.
Natürlich wäre ein aktueller Entwurf von Giorgio Giugiaro gut für eine Schlagzeile, er und sein Sohn müssten ihre schöpferischen Kräfte nicht nur in fernöstlichen Diensten entfalten. Aber in unserem Centro Stile arbeiten heute Designer aus der ganzen Welt, FCA-Chefdesigner Klaus Busse ist Deutscher. Mit dem Entwurf des Fiat 120 unter seiner Leitung kann er sich sehr wohl mit Giugiaros Panda der ersten Generation messen. Dieses Konzept bietet ganz neue Möglichkeiten und sollte in etwa zwei Jahren serienreif sein.
Foto Fiat Chrysler Automobiles (FCA)