Seit dem 26. Juni dieses Jahres hat der 30-jährige, gebürtige Saarländer, nun eine weitere Bestmarke eingeheimst und darf sie sein Eigen nennen: Gemeinsam mit seinen Teamkameraden Marc Lieb, Romain Dumas und Lucas Luhr gewann er am letzten Juni-Wochenende im Porsche 911 GT3 RSR zum fünften Mal das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Nur zwei andere, sein Porsche-Teamkollege Marcel Thiemann und der Portugiese Pedro Lamy, haben es ihm gleichgetan. Und es wäre kein Wunder, wenn Timo Bernhard in absehbarer Zeit als Einziger von der Spitze der Rekordliste grüßen würde.
«Ich wusste, dass der Juni mein schwerster Monat in diesem Jahr werden würde, deswegen hatte ich mich schon vorher mental darauf eingestellt. Wenn man das weiß, dann kann man solche Strapazen auch körperlich und psychisch besser wegstecken», sagte er nach seinem fünften Erfolg auf dem «Ring». Nur eine Woche zuvor hatte er auf der französischen Traditionsstrecke in Le Mans das wohl berühmteste Langstreckenrennen der Welt, die «24 Stunden von Le Mans», absolviert. Zwei Marathon-Rennen mit der dazugehörenden Vorbereitung innerhalb von knapp einer Woche: Welche Grundkonstitution braucht man, um so etwas körperlich zu verkraften? Timo Bernhard ist durch und durch Profi, und er weiß, dass sein Körper sein Kapital ist: «Ich wollte schon als Kind, als mein Vater mich mit an die Rallyepisten ge-nommen hat, nichts anderes als Rennfahrer werden. Deswegen lebe ich auch danach. Nicht erst, seit ich Werksfahrer bei Porsche bin.» Das heißt: Entsprechende Ernährung, dem Körper nach den Hochphasen der Anstrengung seine Ruhepausen gönnen und ständiges Fitnesstraining.
«Die Zeiten, als man sich mit ein paar Kilo Übergewicht in ein Rennauto gesetzt hat und ein bisschen im Kreis gefahren ist, sind vorbei», weiß er.
Heute geht ohne ständiges persönliches, individuelles Training nichts mehr, wenn man im Motorsport, speziell in den Ausdauer-Rennen, ganz oben bleiben will. «Ayrton Senna hat einst damit angefangen und erkannt, wie wichtig körperliche Fitness ist. Michael Schumacher hat das fortgeführt und vervollkommnet. Heute müssen die jungen Burschen ihre körperliche Fitness auch bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit nachweisen, bevor sie spektakuläre Driften oder links bremsen lernen.»
Eigentlich sollte man meinen, dass ein Mann wie Timo Bernhard, der die schwersten Marathon-Rennen im Motorsport stets als einer der Sieganwärter bestreitet, mit dem Erlebnis Rundstrecke genug zu tun hat. Schließlich finden diese Veranstaltungen wie die American Le Mans Series (LMS) nicht gerade vor «seiner Haustür» statt. Demzufolge muss der Porsche-Werksfahrer den Jetlag alle paar Wochen genauso bewältigen wie die Positionskämpfe mit den Gegnern in den mehrere 100 PS starken Sportwagen oder GT-Boliden.
Doch Timo Bernhard genügen diese globalen Herausforderungen offensichtlich nicht. Der «Floh im Rennanzug» hat eine zweite Leidenschaft, der er seit diesem Jahr genauso professionell nachgeht wie dem Rundstrecken-Engagement.
Auch dabei wird der Marathon-Mann von der KÜS unterstützt.«Rallye Team 75» nennt sich das Projekt, das unter der Leitung von Timos Vater Rüdiger Bernhard entstanden ist. Tatkräftige Unterstützung erhält Bernhard, der ADAC- Motorsportler des Jahres 2010 ist, dabei vom Porschezentrum Mannheim. Diese Niederlassung gehört zur Unternehmensgruppe von Bernhards ehemaligem Teamchef Roger Penske. «Dank seiner Unterstützung und der Hilfe meiner Partner wie der KÜS konnten wir dieses ehrgeizige Projekt auf die Beine stellen.»
Somit bestreiten Vater und Sohn im Rahmen dieses Projekts in diesem Jahr ausgesuchte DRM-Läufe mit einem Porsche 911 GT3 Cup, der auf dem technischen Stand des Modelljahres 2009 fußt. Das Antriebsaggregat des 911er ist ein rund 400 PS starker 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxermotor mit einer Titan-Abgasanlage. Der Elfer wurde vom Cup-Auto auf der Rundstrecke zu einem aussichtsreichen Rallye-Fahrzeug umgebaut. Mit seinem bisherigen Beifahrer Marco Glasen war Bernhard mit einem VW Golf II Kitcar im Rallyesport unterwegs gewesen. Zweimal stand das Duo Bernhard/Glasen bereits als Sieger bei einer nationalen Rallye ganz oben auf dem Podium bei der Siegerehrung.
Dass er seinen Porsche-Einsatz bei den «Quertreibern» ernst meint und nicht nur als flotten Zeitvertreib ansieht, beweist er auch mit der Wahl seines neuen Beifahrers. Mit dem ehemaligen Deutschen Rallyemeister Klaus Wicha als «Vorbeter» für den Streckenaufschrieb hat Bernhard einen exzellenten Mann im flotten Rallye-Porsche mit dem Kennzeichen MA-PE-75 erhalten. Dass er selbst auch einmal auf dem «heißen Sitz» Platz nehmen wird, und seinem Fahrer den Verlauf einer Wertungsprüfung «vorbetet», glaubt er indes nicht. «Wie alle Profi-Rennfahrer wäre ich wohl ein schlechter Co-Pilot. Dafür ist das Bestreben, alles im Auto selbst machen zu wollen und über alles die Kontrolle zu haben, wohl zu stark ausgebildet.»
Ähnlich wie Bernhard ergeht es übrigens seinem Teamkollegen aus dem Siegerautovom Nürburgring in diesem Jahr. Auch Romain Dumas ist von der «Faszination Rallyesport» infiziert. Der Franzose, der bislang als einziger Fahrer die beiden 24-Stunden-Rennen von Spa und Le Mans innerhalb eines Jahres gewinnen konnte, startet bereits seit mehreren Jahren erfolgreich in einem Porsche 911 GT3 RS in der nationalen Rallyemeisterschaft seines Landes. «Rallye fahren ist für mich der perfekte Ausgleich zu den Rundstreckenrennen, bei denen es vor allen Dingen auf Ausdauer ankommt.» Einige Klassen- und Gesamtsiege in der französischen Rallyemeisterschaft legen von dieser These beredtes Zeugnis ab.
Wie viele Rallyes er in diesem Jahr insgesamt bestreiten wird, das stand für Timo Bernhard auch noch nicht fest, als wir uns für diese Ausgabe des KÜS Magazins unterhielten. «Klar ist, dass mein Engagement auf der Rundstrecke Priorität haben wird. Aber der Rallyesport macht nicht nur Spaß. Diese Art des Fahrens mit den vielen, extremen Richtungsänderungen ist auch eine gute Möglichkeit, mein Fahrgefühl zu verfeinern», gibt Timo Bernhard zu.
Er kann es eben nicht lassen, immer noch besser und damit auch erfolgreicher im Rennauto zu werden. Ein «Unersättlicher» im wahrsten Sinn des Wortes.