Malerisch ragt die Inselhauptstadt Korcula wie eine Landzunge ins azurblaue Meer. Die gleichnamige Insel vor der Küste Süddalmatiens, zwischen Split und Dubrovnik gelegen, war seit der Antike Anziehungspunkt verschiedener Völker. Griechen und Römer, Illyrer, Venezianer, Franzosen und Österreicher haben Spuren hinterlassen. Ihre Blütezeit erlebte die heute 3.000 Einwohner zählende Stadt indessen zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert.
Steigt man die barocke Freitreppe hinauf, die zum wehrhaften Stadtmauerring führt, findet man sich gleichsam im Mittelalter wieder. Über viele Jahrhunderte ist das Stadtbild so gut wie unversehrt geblieben. Dazu gehört der Triumphbogen auf dem Stadtplatz, eine Reminiszenz an den einstigen venezianischen Verwalter in Dalmatien, Leonardo Foscolo sowie der Bischofspalast, in dessen Schatzkammer wertvolle Skizzen Leonardo da Vincis aufbewahrt werden und nicht zuletzt die Markuskathedrale mit Gemälden berühmter Maler wie Tintoretto und Bassano. Gleich am Anfang der Gasse, die von der Kathedrale zum Stadtturm Zakrjan führt, steht das Geburtshaus von Marco Polo, der 1254 hier das Licht der Welt erblickt haben soll (1324 in Venedig gestorben). Etliche Exponate in dem kleinen Museum erinnern an den berühmten Globetrotter. «Er war der erste Weltreisende in friedlicher Absicht», betont Neda Farad, Direktorin des Korculer Tourismusbüros. Und die Venezianer, für die Marco Polo ein Italiener war? «Wir haben nie gesagt, dass er nicht Italiener war», kontert die resolute Kroatin. «Aber geboren ist er nunmal bei uns», so ihre salomonische Erklärung.
Tatsächlich gehörte Korcula im 13. Jahrhundert zu Italien. Am 8. September 1298 wurde nahe der Insel die Seeschlacht zwischen den Flotten Venedigs und Genuas ausgetragen. Dabei geriet Marco Polo, der als Flottenkommandant gegen Venedigs Erzrivalen Genua gekämpft hatte, in Gefangenschaft. Im genuesischen Kerker soll der Kosmopolit seinem Mitgefangenen, dem Ritterromanschreiber Rustichello da Pisa, seine fernöstlichen Reiseerlebnisse diktiert haben. Das Ergebnis, so sehr es zwischenzeitlich von kritischen Historikern umstritten sein mag, ging als «Das Buch von den Wundern der Welt» in mehreren Übersetzungen in die Literaturgeschichte ein. Noch heute gehört «Polo» zu den gängigen Namen auf der Insel der Seeleute und Schiffbauer, der Steinmetze, Künstler, Wein- und Olivenbauern und zunehmend der Touristiker. Und die sind bemüht, mit spektakulären Aufführungen vergangene Zeiten in ihrer Traumkulisse zu beleben.
Dazu gehören die sommerlichen Aufführungen des Moreska-Säbeltanzes, einem tänzerischen Spiel um Liebe und Verrat,
das tapfere Kämpfer seit Jahrhunderten ausfechten. Verfeindete Ritter mit glänzenden Rüstungen ringen dabei um die Gunst eines Mädchens. Der Weg von Korcula Richtung Festland führt über Orebic, das sich auf der benachbarten Halbinsel Peljesac im 18. Jahrhundert als Seefahrerzentrum einen Namen gemacht hat. Vom knapp 1.000 Meter hohen Berg Sveti Ilja gegen kühle Winde abgeschirmt, gedeihen in dem Hafenstädtchen Feigen-, Zitronen- und Orangenbäume. Wie Korcula ist auch Peljesac neben der Seefahrt für seine erlesenen Weine bekannt. Von Loviste am südlichen Ende bis nach Ston, dem Tor zum Festland im Norden, zieht sich die älteste Weinregion Kroatiens. Im 14. Jahrhundert hatte die Republik Dubrovnik oberhalb der Stadt eine Mauer zum Schutz vor Eindringlingen errichtet, die neidvoll auf die profitable Salzgewinnung in Ston und dem Ortsteil Mali Ston schielten. Die knapp sechs Kilometer lange und mit Türmen und Bastionen versehene Festungsanlage schirmte die Halbinsel einst komplett ab. Heute gilt der Schutzwall als weltweit zweitlängste Mauer, gleich nach dem chinesischen Wunderwerk. Das neuerdings begehbare Bauwerk kann man heute gegen Eintritt (etwa 1,50 Euro) erkunden und dabei den Ausblick ins Tal genießen. Von hier aus lassen sich auch die Salzseen überblicken, zu deren Schutz die Mauer einst gebaut wurde und aus denen heute noch nach der gleichen Methode wie ehedem Salz gewonnen wird. Außerdem sind die Austernbänke zu erkennen, für die Ston neben seiner Miesmuschelzucht weithin bekannt ist. Mancher Gourmet reist schon deswegen gerne ins südliche Dalmatien.
George Bernard Shaw fühlte sich dagegen eher von der «Perle der Adria» angezogen: «Wer das Paradies auf Erden sucht», schwärmte der Schriftsteller, «der muss nach Dubrovnik kommen». Wie ein Kleinod thront die von einer mächtigen Wehrmauer umgebene Altstadt über der süddalmatinischen Küste. Kaum vorstellbar, dass die kleine Landzunge einst ein Felsen im Meer war. «Genau hier, wo heute die Hauptstraße Stradun verläuft, trennte früher ein sumpfiges Tal das Festland vom Wasser», erklärt Stadtführer Mario Novak. Nachdem der Kanal im 12. Jahrhundert zugeschüttet wurde, wuchs die Altstadt auf dem Felsen mit dem Festland gegenüber zusammen. Ganz langsam, denn die unterschiedlichen Volksstämme misstrauten sich zunächst. Während Slawen und Awaren auf Völkerwanderung das südlich gelegene Epidaurum (Cavtat) im 7. Jahrhundert zerstört hatten, flüchteten die dort angestammten romanischen Dalmatier auf den kleinen Felsen und gründeten Ragusium. Später ließen sich die Slawen auf dem gegenüberliegenden Festland nieder und nannten ihr Refugium Dubrovnik, angelehnt an das slawische Wort «dub» (Eiche) und «dubrava» (Hain).
Über Jahrhunderte war es dem heutigen Dubrovnik, dem einst wichtigsten Knotenpunkt auf dem Handelsseeweg zwischen Venedig und dem östlichen Mittelmeer gelungen, sich als unabhängige Stadtrepublik Ragusa zu behaupten. Mit einer Ausnahme: Während der Kreuzzüge konnten die Venezianer als Besetzer eindringen. Missmutig belauerte die Republik Dubrovnik, zu der die Halbinsel Peljesac, die Inseln Mljet, Lastovo sowie die Elaphiten und die Küste zwischen Neum und Sutorina gehörte, wie sich die Republik Venedig in Richtung östliches Mittelmeer ausbreitete. «Mit Diplomatie und durch schlaues Lavieren mit unterschiedlichen Partnern bewahrte sich die Republik aber ihre Unabhängigkeit und Freiheit», erzählt der Gästeführer und fügt verschmitzt lächelnd hinzu: «Hier in Dubrovnik gab es schon ab 1300 einen gut funktionierenden Nachrichtendienst».
Vor allem die Freiheit war den stolzen Dubrovnikern von jeher höchstes Gut. «Nicht für alles Gold der Welt verkaufe ich meine Freiheit», bekundete der einheimische Barockdichter Ivan Gundulic (1589-1638), der auf der 50-Kuna-Note verewigt wurde. Über dem Roland-Denkmal (kroatisch Orlando) wehte Jahrhunderte lang eine Flagge, die den Schutzpatron der Stadt Sv. Vlaho (St. Blaisius) zeigte. Seit dem 18. Jahrhundert demonstriert eine zweite Flagge mit der Aufschrift «Libertas» woher der Wind beständig weht in Dubrovnik, auch wenn die Osmanen und später die Truppen Napoleons doch die Oberhoheit gewonnen und schließlich der Wiener Kongress 1815 mit der Neuordnung Europas das österreichische Kronland bis hierher erweitert hatte. Allerdings setzten die Österreicher auf die Häfen im Norden Kroatiens, sodass Dubrovnik als Handelszentrum an Bedeutung verlor und mittlerweile in erster Linie vom Tourismus lebt. Und das nicht schlecht.
Besonders wenn an Wochenenden die wuchtigen Kreuzfahrtschiffe anlegen, wird es eng in der Altstadt, die seit knapp 35 Jahren unter dem Schutz der Unesco steht. Auf dem knapp zwei Kilometer langen Schutzwall kann man sich einen guten Überblick verschaffen. Drei Jahre hatte der 1461 begonnene Bau des Bollwerks gedauert. Baumeister Juraj Dalmatiner musste heftig Druck machen, denn die Stadtrepublik Ragusa fürchtete den Einmarsch der Osmanen, nachdem Konstantinopel kapituliert hatte. Als das Baumaterial ausgegangen war, rettete eine fast perfide Idee des Bauherrn das Unternehmen vor dem Scheitern: Jeder der über die Häfen Gruz oder Ploce in die Stadt kam, musste einen Stein mitbringen, dessen Größe sich am Körperumfang des Einreisenden maß. Letztendlich konnte die Stadt hermetisch abgeriegelt werden. Wirklich Schutz bot das bis zu sechs Meter dicke Bollwerk erst in jüngster Zeit, denn dem furchtbaren Erdbeben 1667 trotzte zwar die Mauer, die Gebäude im Innern jedoch nicht.
Auf einer Karte an der Nordflanke des Schutzwalls sind die Schäden vermerkt, die der Krieg der 1990er-Jahre angerichtet hatte. Über die Mauer hinweg gingen vom nahen Berg Srd etwa 2.000 Granaten auf die Altstadt nieder. Blickt man am frühen Abend kurz vor Schließung der Mauerzugänge vonden erhabenen Aussichtspunkten über die Altstadt mit ihrem gleißend rot schimmernden Dächermeer, glänzt die «Perle der Adria» heute wieder wie ehedem.
weitere Informationen
Kroatische Zentrale für Tourismus,
Kaiserstraße 23, 60311 Frankfurt/Main
Tel.: 069–2385350,
E-Mail: kroatien-tourismus@t-online.de
internet: http://croatia.hr
Anreise
Croatia Airlines fliegt von allen größeren Städten täglich nach Dubrovnik.
Nach Korcula: mit dem Pkw oder Bus nach Orebic und mit der Fähre übersetzen.
Unterkunft
In Dubrovnik ist die Auswahl an Hotels groß. Einen schönen Blick auf die Altstadt bietet das stadtstrandnahe Hotel Grand Villa Argentina (eigener Badebereich mit Pool und Meerzugang).
Tel.: 00385 – 20 440 555, www.adriaticluxuryhotels.com
Auf Korcula gibt es das «Marko Polo», das «Korcula», «Park» oder «Libuna» (50–100 €/DZ), www.korcula-hotels.com
Die Blaue Flagge zum Zeichen sauberen Meerwassers weht in Dubrovnik und auf Korcula.
www.dubrovnik.hr
Klima
Entlang der Küste mediterran mit warmen Sommern und milden Wintern. Allerdings können die Bora Fallwinde unangenehm werden. Beste Badereisezeit: Juni bis September.
Währung
1 Kuna entspricht 100 Lipa (Kurs derzeit: etwa 7 Kuna pro Euro).
Lektüre
Kroatische Adriaküste, Dumont Bildatlas (8,50 €)