«Bei den heutigen Motorsteuerungen handelt es sich um vollelektronische Systeme, die von außen nicht mehr einstellbar sind», schildert Prof. Dr. Heinze das Grundproblem. Er und sein Team wollen aber in das Motormanagement eingreifen, um die höhere Klopffestigkeit von Autogas gegenüber Benzin ausnutzen zu können. «Dem Zündzeitpunkt kommt eine besondere Bedeutung zu», verdeutlicht Prof. Dr. Heinze. Er sei so zu wählen, dass der thermodynamische Kreisprozess der ottomotorischen Verbrennung bei maximalem, effektivem Verdichtungsverhältnis abläuft, erläutert der Wissenschaftler. Oder einfacher gesagt: Autogas hat andere Brenneigenschaften als Benzin, daher liegt der optimale Zündzeitpunkt um einige Grad früher.
Um dies zu erreichen, wird in Saarbrücken in zwei Richtungen geforscht. In der einen Variante werden die Ausgangssignale der originalen Motorsteuerung in einem Master-Slave-Gerät ausgelesen und verändert über
eigene Zündendstufen auf die Zündspulen weitergegeben. Die zweite Variante macht sich die Signale des Drehgebers an der Kurbelwelle zunutze. Auch sie werden für den Autogas-Betrieb optimiert und an die originale Software des Herstellers weitergegeben.
Da beide Verfahren das werkseitig eingebaute Steuergerät nicht anrühren, bleiben Garantien an diesem Bauteil anders als beim Chiptuning wohl erhalten. Ein bivalenter Betrieb des Motors – also sowohl mit Benzin als auch Autogas – ist weiterhin möglich, da die Ursprungssignale ja auch 1:1 wieder ausgegeben werden können. «Die Entscheidung zwischen den Varianten kann je nach Art der vom Fahrzeughersteller gewählten Motorsteuerung unterschiedlich ausfallen», will sich Prof. Dr. Heinze noch nicht auf einen Weg festlegen.
Automotive Powertrain der HTW ihr Augenmerk. Diese Betriebspunkte müssen gefunden werden und können dann auf die deutlich günstigeren Klopfeigenschaften – also die erhöhte Oktanzahl von Autogas (im Mittel 107 ROZ) – eingestellt werden. Dies geschieht während des Betriebs des Fahrzeuges auf einer stationären Leistungsrolle oder einem von der HTW entwickelten Fahrroboter. Nach den bisherigen Tests, die auch als NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) auf der Abgasrolle eines anerkannten Prüfinstituts gefahren wurden, ergibt sich eine
Kraftstoff- und damit CO2-Einsparung von zwei bis vier Prozent bereits bei einer konstanten Zündvoreilung, also bereits ohne die noch geplante Kennfeldoptimierung. Gleichzeitig betrug die Drehmomentsteigerung drei bis fünf Prozent gegenüber dem Original-Zündkennfeld des Herstellers. Noch sind die Forschungen und die Programmierung des Steuergerätes in vollem Gange. Bis Ende 2009 soll das Projekt CO2-100minus abgeschlossen sein.
Dass die 100-Gramm-Grenze geknackt wird, da ist sich Prof. Dr. Heinze jetzt schon sicher.