Kanariengelb und bullig steht er da, der Chevrolet Camaro. Natürlich in der offenen Cabriovariante. Ein Auto für Männer, für harte Typen, vielleicht auch für Figuren fragwürdiger Herkunft. Dies und noch andere kräftig bediente Klischees fallen mir dazu ein. Trotzdem, man kann sich das Auto ja mal ansehen! Zumal der nebenan parkende Volt im modischen Weiß zeigt, dass Chevy auch anders kann – hochtechnisch und ökologisch eben. Beide Autos haben das gewisse Etwas, jedes auf seine Art.
Wenn man im Camaro Platz genommen hat, weiß man sofort was angesagt ist. Endlos geht der Blick über die großflächige Motorhaube. Mächtige Fauteuils laden zum bequemen Sitzen ein, die gewaltige Tür fällt zu. Hier wurde nicht gegeizt, sondern aus dem Vollen geschöpft. Ein Blick hinüber zum Volt zeigt grazile Sitze und sparsamen Materialeinsatz – doch davon später. Beim Camaro blickt man auf das Armaturenbrett – und findet gestalterische Anleihen an die Vorfahren. Damit blieb dem neuen Camaro, immerhin die fünfte Generation, der ganz große Griff in die Einheitsregale von General Motors erspart. Der Dreh am Zündschlüssel erweckt den 432 PS starken 6,2 Liter großen V8-Motor zum Leben. Man kann erahnen, dass hier immer noch ein kleines, bösartiges Tier lauert, das Mustangs frisst – so die Marketingsprache bei der Einführung des ersten Camaros 1966.
Egal ob Schaltung oder Automatik, die 432 Pferde und das so heiß geliebte satte Drehmoment von 569 Newtonmeter machen die Fahrt mit dem Camaro zur Spaßtour. 5,2 Sekunden braucht der Camaro zur Hundertkilometermarke, bei 250 auf dem Tacho ist Schluss, dann wird elektronisch abgeregelt. Die europäische Entwicklung bringt das Auto aus Amerika auch näher an die Straßenoberfläche, straffe und optimierte Seitenführung lassen auch sehr sportliche Fahrweise zu. Und dass mehr als 250 in der Spitze ginge, weiß jeder, der schon mal Camaro fahren durfte. Klar ist, dass die Gemeinde der Straßenracer um eine nicht alltägliche Attraktion gewachsen ist.
Und jetzt, da der Umstieg in das Elektroauto naht, hat nun der Spaß ein Ende? Zugegeben, der Volt macht eine gute Figur, flach und sportlich. Er wird dem Wind wenig Widerstand entgegenbringen. Scheint ein richtiges Auto zu sein, meilenweit entfernt von den futuristischen Elektrofahrzeugen vergangener Jahre. Die Sitzprobe fällt positiv aus, genug Platz hinten und vorne. Die Nacht hat das Auto, das für Chevrolet nach eigenen Angaben der Weg in die Zukunft ist, an der Steckdose verbracht. Das zeigt uns auch das mächtige Display in der Mittelkonsole an: die Batterie leuchtet komplett grün. 80 Kilometer soll er elektrisch fahren, beim Start geht es mächtig vorwärts. Schnell bringt der 150 PS starke Elektromotor das Auto auf Touren, die 370 Newtonmeter Drehmoment stehen stufenlos zur Verfügung. Das macht Laune, bis zu 160 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. Und wenn das Display zeigt, dass der Strom in der Batterie zur Neige geht, dann springt der 1,4 Liter-Benzinmotor an und lädt Energie nach. 500 Kilometer kriegt man so zusammen – und die Angst schwindet, dass man mitten im Wald die Steckdose suchen muss, weil die Batterie leer ist. Die verschiedenen Fahrmodi hat man nach zehn Minuten verinnerlicht und die Informationen des Displays versteht man nach und nach auch. Nach einer entspannten Tour bleibt der Eindruck, dass man gerade mit einem völlig normalen Auto unterwegs war. Gefehlt haben etwas die Motorgeräusche, denn neben dem stummen Elektromotor ist auch der kleine Benziner extrem leise und gut abgekapselt. Ein letzter Gang ums Fahrzeug – hat was, macht Freude, fährt normal wie jedes andere Auto.
Muscle Car oder E-Mobil – die Frage stellt sich nicht. Die Fahrzeuge sind jeweils überzeugende Vertreter ihrer Art. Die endlosen Weiten des Highways kann man mit beiden genießen. Wer den strammen Sound des Achtzylinders braucht, nimmt den Camaro und wer die Vögel zwitschern hören will, fährt Volt. So einfach ist das! Und wer ein ganz normales Auto will, der wird bei Chevrolet auch fündig – irgendwo zwischen Camaro und Volt.