Nürburgring: Im Zeichen des Steinbocks


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Ein kleiner Teile-Zulieferer für den Rennsport, ein großer Name mit unendlich viel Tradition und Geschichte. Hinzu kommen mindestens genau so viele Hoffnungen von Menschen, die nicht nur um ihren Arbeitsplatz, sondern auch um den vielleicht größten Mythos in der langen Geschichte des Motorsports bangen: Seit dem 11. März dieses Jahres hat der sagenumwobene Kurs in diesem Gott verlassenen Winkel des äußersten Westen Deutschlands einen neuen Besitzer. Und auch eine neue Zukunft. So hoffen viele, die am Nürburgring, an der sprichwörtlichen „Grünen Hölle“, hängen.

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Dass dieses vor mittlerweile 87 Jahren in die Eifel implantierte und eingebrannte Stück menschlicher Triumphe und Tragödien mehr als nur eine Auto-Rennstrecke darstellt, das wissen die Enthusiasten rund um den Globus. Um die Leistungsfähigkeit deutscher Autos zu demonstrieren, wurde der Bau der Rennstrecke bereits im Kaiserreich von Kaiser Wilhelm II in Auftrag gegeben. Nach den Wirren des Weltkrieges und der ersten Jahre der Weimarer Republik wurde der Nürburgring schließlich am 19. Juni 1927 eröffnet. Der Topographie einem der strukturschwächsten Gebiete des Rheinlandes folgend, trug er den Namen „Erste Deutsche Gebirgs-Renn- und -Prüfstrecke“.

Daraus wurde später ein kürzerer, dafür aber umso einprägsamerer, Begriff. Die „Nordschleife“, Heimstatt der wahrscheinlich bekanntesten und fahrerisch anspruchsvollsten 22,8 Kilometer des Motorsports, zieht Abenteurer, Hasardeure, Wagemutige und viele Ungläubige aus aller Welt in ihren Bann. Keine Herausforderung, egal ob für den noch so versierten Profi oder den sportlich ambitionierten Privatfahrer ist so groß wie jene, selbst zwischen Hatzenbach und Döttinger Höhe zu bestehen.

Teams aus dem fernen Osten, aus Thailand, China oder Taiwan schreiben sich Jahr für Jahr in die Teilnehmerlisten der große Langstreckenrennen ein, um „den Mythos Nordschleife“ mit all seinen Unabwägbarkeiten zu erleben, den „Tanz mit der Wetterhexe“ einmal auf den Asphalt zu legen. Dass dieses unvergleichliche Szenario nach all den desaströsen Nachrichten um verbrannte Millionen, um Insolvenz, Verkauf und Agonie des „Rings“ jetzt weiter Bestand haben möge, ist der sehnlichste Wunsch all derjenigen, denen der Nürburgring am Herzen liegt.

Dafür gerade stehen soll jetzt der kleine Rennsport-Zulieferer Capricorn. Ein Unternehmen aus Düsseldorf, das auf ultraleichte Karbonfaserbauteile für Rennwagen spezialisiert ist. Für 77 Millionen Euro erhielt Capricorn in einem langen Bieter-Wettstreit quasi „auf der Zielgeraden“ den Zuschlag von der Gläubiger-Versammlung. Die Angst vor globalen Finanz-Haien, vor den gefürchteten „Heuschrecken“, die die Rennstrecke und das dazu gehörende Areal „verschachern“ würden, war riesengroß gewesen. Und jetzt? „Wir wollen am Ring einen weiteren Technologiepark für die Autoindustrie gründen, der neue Arbeitsplätze für die Region schafft“, skizziert Capricorn-Geschäftsführer Robertino Wild das Szenario, nachdem sein Unternehmen den Zuschlag erhalten hatte.

Im Mittelpunkt des Konzeptes der neuen Herren am Ring, soll weiterhin der Motorsport stehen. Vergnügungsparks, Hotels, Ferienwohnungen, Achterbahn, Großgastronomie „Grüne Hölle“; Dieser ganze Gigantismus, der Touristen aus aller Welt auch dann in die Eifel ziehen sollte, wenn keine Rennen oder Spektakel wie das Festival „Rock am Ring“ angesagt waren, soll in Zukunft von der Bildfläche verschwinden.

Wild, ein ursprünglich einmal ausgebildeter Arzt, war früher selbst Rennfahrer. Und ist zudem mit seinem Unternehmen bereits am Standort präsent. „Capricorn“ (zu deutsch: „Der Steinbock“) ist sein unternehmerisches Kind. Etwa 100 seiner 350 Mitarbeiter verdienen ihr Geld in einem Karbonfaser-Werk direkt am Nürburgring. Und dass es nicht nur dabei bleibt, das hoffen alle, die dort ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Und die darauf hoffen, dass auch in 13 Jahren zum „Hundertsten“ am Nürburgring noch Rennen gefahren werden. Am Ort des vielleicht größten Mythos deutscher Nachkriegs-Sportgeschichte.

 

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Wolfgang Förster: Faszination Nürburgring. Gestern und heute. Heel Verlag; 19,90 Euro.

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