«Reisen heißt immer: Warten oder zu spät kommen»


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Er ist bekannt aus dem Quatsch Comedy Club, dem Berliner Friedrichstadtpalast und dem Hamburger Café Keese: Nach seinem Soloprogramm «Waschbrettbauch in 90 Minuten» landete der 1969 geborene Comedian, Kabarettist und Autor mit seiner Europa-Betrachtung «Smörrebröd in Napoli» (Rowohlt Taschenbuch Verlag/rororo) einen Bestseller.

Foto Sebastian Schnoy 2

Sebastian Schnoy: Kabarettist, Autor, Vielfahrer

 

Er ist Europa-Fan und verleiht dem europäisch-familiären Wir-Gefühl einen ebenso ungewöhnlichen wie zwerchfellstrapazierenden Ausdruck. Warum
die europäische Familie einen mühsamen, aber lohnenden Weg des Zusammenwachsens vor sich hat, verrät Sebastian Schnoy in seinem Buch «Smörrebröd in Napoli» und im Interview mit KÜS magazin.

Herr Schnoy, wie ist die Idee zu «Smörrebröd in Napoli» entstanden?
Ich finde, Europa und die europäische Idee sind wirklich eine Liebe wert. Im Moment gibt es eher eine Anti-Europastimmung, dabei spielt aber oft mehr ein dumpfes Gefühl eine Rolle als Fakten. An den Bars englischer Pubs hört man immer wieder die Geschichte,
wie Brüssel angeblich 1980 den Rechtsverkehr einführen wollte, übergangsweise nur für LKW. Brüssel ist halt an allem Schuld, inklusive am schlechten Wetter.

Gibt es unter den zahlreichen genannten Verwandten solche, die ihnen ganz besonders ans Herz gewachsen sind?
Wenn ja, wodurch ist das
besonders innige Verhältnis
begründet?
Natürlich mag ich Italien wie alle, aber wirklich entdeckt habe ich Polen. Dort stimmt
keines der Vorurteile mehr, die wir
haben. Polen hat einmalige Landschaften und boomt. Immer mehr Arbeiten, die früher die Polen für uns gemacht haben, müssen wir heute selbst erledigen, so die Spargelernte oder auch das Papstamt. Obwohl: Bei Letzterem fragen sich die Polen, wie eigentlich ein Deutscher Papst werden konnte. Sie vermuten Benedikt hat einfach auf den leeren Papststuhl sein Handtuch gelegt, denn für diese Art der Reservierung sind wir Deutschen weltweit verschrien.

Haben Sie ausschließlich eigene Reise-Eindrücke auf der Tour durch die umfangreiche Verwandtschaft verarbeitet?
Ich war tatsächlich in allen europäischen Ländern unterwegs, außer in Albanien und dem Vatikanstaat, der gehört aber auch eher
ins europäische Mittelalter. Die umfangreiche Verwandtschaft reicht bis zu den unverhofften Kindern Europas, den neuen, kleinen
Balkanstaaten wie Montenegro, früher ein Nationalpark, heute ein Nationalstaat oder dem winzigen Kosovo, der übrigens alle deutschen Gesetze einführte und damit auch kein Tempolimit auf Autobahnen hat, es gibt im Kosovo allerdings auch keine
Autobahnen.

Buchcover Sebastian Schnoy

Was tun Sie, wenn Sie nicht gerade in Europa unterwegs sind? Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Tja, wenn ich nicht gerade mit meinem Buch
und dem Programm «Hauptsache Europa» auf Tour bin, ist natürlich das Privatleben dran. Ich lebe mit einer Französin zusammen und da sind wir schon wieder beim Thema. Sie ist nämlich der Meinung, dass kleinere Auffahrunfälle, also das aus dem französischen stammende Touchieren (toucher – leicht berühren) kein Problem sind, deshalb hörte sie schon mehrfach von, in Deutschland Unfallgegnern genannten, Leuten den deutschesten Satz überhaupt: «Oh, das wird teuer, wahrscheinlich ist das
Fahrgestell verzogen!»

Welche(s) Fortbewegungsmittel bevorzugen Sie beim Reisen – und warum?
Reisen heißt immer: Warten – oder Zu-Spät-Kommen. Und jedes Verkehrsmittel hat Vor- und Nachteile. Bei der Bahn hat man Mitleid mit dem Personal. «Thank you for travelling with … » – gleich zwei Ti-Eytsch, die uns Deutschen schwer über die Zunge kommen. Man sollte die Ansagen umschreiben, warum nicht: «May you be praised, honored and celebrated for choosing Deutsche Bahn.» Das wäre leichter auszusprechen. Oft fällt die Wahl auch auf meinen Wagen, einen Mercedes (C-Klasse 200 Kompressor), den ich gewählt
habe, weil ich viel unterwegs bin … Doch
was nützen einem Autobahnen ohne
Tempolimit, wenn sie jede Nacht von Schwertransporten mit Windmühlenflügeln
blockiert werden, die mit 60 km/h und Überbreite unterwegs sind? Die machen übrigens nie eine Kaffeepause und juckeln stundenlang vor einem her. Am liebsten würde ich mehr Ziele mit dem Kreuzfahrtschiff ansteuern. Kreuzfahrten sind sehr entspannend, man kann sogar sagen, dass auf bestimmten Schiffen Entspannung und Verwesung dicht beieinander liegen.

Herr Schnoy, vielen Dank für den Zwischenstopp.

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