Zielstrebig lenkt Aija Kocina ihre Schritte in Richtung Boulevardbogen, dem mondänen Jugendstilviertel. „Riga war um die vorletzte Jahrhundertwende so reich, dass die Stadt leicht mit der damaligen Jugendstilmode mithalten konnte“, erklärt die Stadtführerin. Einige der kunstvoll gestalteten Bauwerke tragen die Handschrift des berühmten Architekten Michail Eisenstein. Pfauen und Fabeltiere mit weit aufgerissenen Mäulern, Göttinnen und Nymphen schmiegen sich an die Fassaden. Der „verrückte Konditor“, wie der geniale Architekt und Baumeister im Volksmund genannt wird, hat Riga sein europäisches Gesicht verpasst.
Auf das Kontrastprogramm, das die Hauptstadt der Letten im 20. Jahrhundert geprägt hat, trifft man in der „Freiheitsstraße“. Hier haben die Deutschen und die Russen abwechselnd residiert. Die Hälfte der 700.000 Einwohner der Stadt sind bis heute Russen. „Dennoch“, so Gints Grube, „wir sind eine Stadt in Europa, haben seit kurzem den Euro, aber wir sind auf der Suche nach uns selbst“. Mit der Ausstellung „Freiheitsstraße“ will der Kurator während des Kulturhauptstadtjahres zur Auseinandersetzung mit der leidvollen Geschichte des letzten Jahrhunderts beitragen.
Die fünf Zeppelinhangars mitten in der Stadt, in denen sich heute der „Zentralmarkt“ ausbreitet, haben die Deutschen vor etwa hundert Jahren errichtet. Ein wahres Erlebnis für die Sinne bietet sich in den Hallen, die nach Fleisch, Fisch, Milchprodukten oder Obst und Gemüse unterteilt sind. Alles kommt aus dem eigenen Land. „Frisch und zu erschwinglichen Preisen“, betont die Stadtführerin.
Die Letten sind stolz auf ihre unberührte Landschaft. Durch die strategisch wichtige Lage im Norden Europas haben Land und Leute von jeher eine bewegte Geschichte erlebt und erlitten. Deutsche Kaufleute, Ordensritter und Kirchenfürsten und nicht zuletzt die Nachbarstaaten kämpften um Einfluss und Macht. Künstler kamen, um zu bleiben oder, wie Richard Wagner, ihren Gläubigern zu entkommen. In seiner Zuflucht verfasste Wagner die Oper „Rienzi“, die vom Aufstieg und Fall eines Tyrannen handelt. Das Stück, das gut zum Motto „Force Majeure“ (Höhere Gewalt) des Kulturhauptstadtjahres passt, wird zu Beginn des facettenreichen Kulturspektakels aufgeführt.
Trotz der lähmenden Wirtschaftskrise der letzten Jahre, ist Riga mit viel Elan und einem vielfältigen Programm ins Kulturhauptstadtjahr 2014 gestartet. Mit einer spektakulären Aktion wird gleich zu Beginn die neue Nationalbibliothek eröffnet. Eine Kette aus 25.000 Menschen reicht Buch für Buch von der alten bis hin zur neuen Bibliothek und würdigt damit gleichzeitig das Jubiläum „500 Jahre Buchdruck“. Das ist nur eins von sehr vielen Projekten. Darunter das Lichterfestival Staro, das die Stadt in ein Farbenmeer verwandelt, oder auch „Survival Kit“ mit zeitgenössischer Kunst in Hinterhöfen, Fabriken und Kunstsälen. Ein großes Thema, das in mehreren Museen umgesetzt wurde, sei auch die Bernsteinstraße. Auch das Welt-Chor-Festival im Juli, bei dem 2.000 Sänger aus der ganzen Welt in Riga auftreten, sei erwähnt. Nicht nur, weil Letten traditionell gerne musizieren. Auch die Stimmung ist in den Sommernächten einfach etwas ganz Besonderes.
Informationen
Riga Tourism Developement Bureau
www.liveriga.com, www.riga2014.org
Direktflug von vielen deutschen Flug-häfen mit Air Baltic: www.airbaltic.com
Neben Riga ist die schwedische Stadt
Umea Europäische Kulturhauptstadt 2014.